Text: Urs Heller I Foto: Gian Andri Giovanoli
Balfego & Yuzu-Glacé. «Talvo», St. Moritz-Champfer. 18-Punktechef Martin Dalsass empfängt über Mittag auf dem nostalgischen Holzdeck in seinem Garten. Die Stammgäste kommen, denn sie wissen: Die Tische stehen im Schatten. Und der Chef weiss, wie man die Karte auf Hochsommer umrüstet. Typisches Beispiel dafür: Sein Tatar von Balfego-Tuna, mit dem Messer geschnitten und kreisförmig angeordnet. In der Mitte eine kühle Gurkensauce, daneben ein kalter Gruss aus dem Pacojet: Yuzu-Glacé. Auch sein Ceviche ist ein typisches Sommergericht: Bretonischer Hummer kommt auf den Teller, Pfirsich ersetzt als «Süsseträger» den Rohzucker. Kennt man in Peru so nicht, schmeckt aber prima.
Der Brennnessel-Risotto. Im «Talvo» kriegt auch die Pasta ein Sommertuning. Ein tiefgrüner Brennnessel-Risotto ist angesagt, mit einer hervorragenden Burrata und rotem Pfeffer. Martin Dalsass ist jeden Morgen mit seinem Pudel «Gaia» unterwegs, sammelt die Brennesseln selbst. «Man muss sie kurz vor der Blüte schneiden», weiss der Profi. Auch die Pasta in Form von Olivenblättern ist dank Brennnessel-Einsatz grün. Pasticcera ist Martins Frau Barbara, die in ihrer Freizeit mit viel Geduld kiloweise Pasta formt. Fischsuppe geht immer, auch an heissen Tagen. Im «Talvo» ist sie besonders gut, weil ganze Berge von Hummer-Karkassen zu einer unglaublich guten Bisque verarbeitet werden und alle Fische, Krebse und Muscheln eingesetzt werden, die im 18-Punkte-Restaurant zur Verfügung stehen. Hitzedessert? Zitrone aus Sorrento. Sieht aus wie eine Zitrone, ist aber keine. Eine wunderbare Kreation.
Kalte Minestrone, kalte Tomatensauce. Was empfiehlt der Chef den Hobbyköchen im Hochsommer? «Spaghetti mit kalter Tomatensauce», sagt Martin Dalsass, «Datterini aufhacken, Olivenöl und Schalotten dazu, schwenken und mischen. Die Spaghetti können warm sein, bei der Tomatensauce genügt Zimmertemperatur, die muss nicht in den Kühlschrank. Auch eine kalte Minestrone kann ich im Sommer empfehlen: Zubereiten wie gewohnt, aber dann kalt servieren.»
Der Körper braucht Salz! Martin Dalsass empfiehlt, Sahne aus dem Menü zu streichen und die Butter für die nächsten Tage wegzusperren. «Der Körper braucht jetzt Salz, mehr als üblich. Gefragt ist auch Säure. Ich verwende im Moment für fast alle Saucen Zitrone oder Zitronenöl. Auch Wassermelonen sind sehr beliebt.» In einem 18-Pumkterestaurant darf’s auch ziemlich verrückt sein: Ein Stammgast wünscht kalte Spaghetti. Mit 100 Gramm Kaviar. Schmeckt ja auch salzig…
Spaghetti im Himalaya. Die News aus dem «Talvo»: Der Patron, eigentlich im AHV-Alter, ist zurück von einem vierwöchigen Nepal-Trekking: 360 Kilometer zu Fuss! Natürlich kochte Martin auch im Himalaya: Spaghetti Olio, Aglio, Peperoncini auf 5400 Metern. Sohn Andrea hat in Innsbruck erfolgreich die Prüfungen zum Diplom-Sommelier abgelegt. Und so langsam zeichnet sich ab, wie es weitergehen soll im «Talvo»: Kevin Fernandez, Souschef der ersten Stunde, steht in den Startlöchern, übernimmt schon jetzt immer mehr Verantwortung. Seine sympathische Freundin Lisa Carlevero wächst immer mehr in die Rolle der Gastgeberin hinein. «Talvo»-Zukunft gesichert. Freut auch die berühmten Besitzer Peter Spuhler und Michael Pieper.
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