Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Olivia Pulver
Schafe überall. Wenn Gäste ihren Concierge nach einer Adresse für einen verrückten Abend in Zermatt fragen, dann antworten sie unisono: «Chez Heini». So war es früher und so ist es auch heute noch. Wer einen Fuss über die Schwelle des Restaurants setzt, betritt eine andere Welt. Und zwar die von Dan Daniell, 60. Der Zermatter wird gerne als Paradiesvogel bezeichnet. Das stört ihn nicht. Allerdings sagt ihm das Schaf mehr zu als der Vogel. Auch das wird hier schnell deutlich. Der Türsteher ist ein Schaf, überall hats kleine und grosse Figuren und auf der Karte dominieren Lamm-Spezialitäten: Zunge, Leber, Tatar, Gigot, Racks oder Filet. Der Bruder hält die Schafe auf der Riffelalp. Zubereitet wird das Fleisch auf dem Feuer. «Die Leute kommen wegen des Lamms hierher», sagt Dan. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Die Gäste kommen vor allem wegen des Gastgebers.
Dan statt Urs. Dan Daniell heisst eigentlich Urs Biner. Den Künstlernamen hat man ihm anno dazumal in München verpasst, als er seine musikalische Karriere in Angriff nahm. «Urs funktioniert in Deutschland nicht», hat man dem Walliser nahegelegt. Weil sein dritter Vorname Daniel ist, hat er sich für Dan Daniell entschieden. «Mit zwei L! Aber eins hätte eigentlich auch gereicht», resümiert er Jahrzehnte später.
Ziemlich beste Freunde. Der Künstlername hat sich durchgesetzt, steht auf auf den Kreditkarten und im Pass! Nur die Familie nenne ihn noch Urs. Dan Daniell hat in den vergangenen 30 Jahren zahlreiche CDs herausgebracht, sang sogar im Duett mit Anni-Frid Synni Lyngstad - besser bekannt als Frida von ABBA. «Sie ist meine beste Freundin», sagt Dan Daniell. Die Pop-Legende war bis vor etwa zwei Jahren seine Nachbarin in Zermatt. «Ich habe sie kennengelernt und es hat sofort Klick gemacht. Wir sind Seelenverwandte.»
Promi-Jäger. Frida ist nicht die einzige Prominente, die in Dan Daniells Leben trat. Im «Chez Heini» gibts eine ganze Promi-Wand. Weltstars wie Phil Collins oder Robbie Williams sind schon im 14-Punkte-Restaurant eingekehrt. Die Bandbreite reicht von Sina bis Catherine Deneuve und von Heinz Margot bis Stanley Tucci. «Es ist schön, all diese Menschen als Gäste begrüssen zu dürfen. Aber ich verfalle nicht in Hysterie. Ich frage jeweils, ob ich ein Foto machen kann - und es hat noch keiner nein gesagt.»
Jeden Abend Show. Wer ins «Chez Heini» kommt, will nicht einfach essen gehen. «Wir bieten nur ein Seating an. Hier verbringt man einen ganzen Abend.» Selbst in der Küche steht er nicht mehr. Dan unterhält sich mit den Gästen, tranchiert die Lammracks. Oder mit seinen eigenen Worten: «Ich bin hier Dekoration!» Um 22.30 Uhr gehen die Lichter aus. Nicht weil das Restaurant schliesst, sondern weil dann Dan Daniells Gesangseinlage beginnt - unterlegt mit imposanten Matterhorn-Bildern.
Gossip Girl Klothilde. In London, Paris oder Las Vegas wäre Dan Daniell einer von vielen. In Zermatt ist er ein Unikat. «Am Anfang war es nicht einfach für meine Familie. Ich habe mit meiner Art angeeckt. Aber heute haben mich die meisten gern.» Doch Zermatt ist und bleibt ein Dorf. Hier wird getratscht. «Damit muss man einfach umgehen können.» Doch was die anderen können, kann Dan schon lange. Beziehungsweise sein Alter Ego Klothilde, eine Kunstfigur auf Instagram. «Am Anfang dachten die Leute, ich sei nicht ganz hundert. Aber ich beobachte den ganzen Tag so viele Menschen, höre Sachen. Als Klothilde gebe ich diesen Gossip weiter.» Manchmal haben sich die Geschichten tatsächlich so zugetragen, manchmal sind sie frei erfunden.