Text: David Schnapp, Fotos: Thomas Buchwalder
Stefan Heilemann, woher kommt überhaupt Ihre Liebe zur Thaiküche?
Die ist beim Reisen entstanden. Aber ausgelöst wurde sie in der «Traube Tonbach», wo ich die entscheidenden Jahre meiner Ausbildung verbracht habe. Der frühere Küchenchef der «Köhlerstube» hat damals oft für seine Mitarbeiter thailändisch gekocht, und es gab einen regelmässigen Austausch mit dem Hotel Banyan Tree in Bangkok. 2007 durfte ich erstmals dahin mitreisen und habe bei dieser Gelegenheit die ganze Stadt und ihren Streetfood in allen möglichen Varianten kennengelernt.
Wie ging das weiter?
Ich wollte mehr wissen und lernen und habe deshalb im «Banyan Tree» bei Renu Homsombat eine Stage absolviert und sämtliche Stationen der Thaiküche durchlaufen: die Zubereitung von Currys, die Arbeit am Wok, und ich durfte sogar Pad Thai für die Gäste machen. Das faszinierende Spektrum und die Gegensätze der Aromen haben mich seither nicht mehr losgelassen.
Welche Zutaten sollte man sich im Asia-Shop unbedingt besorgen, wenn man mit Thaiküche anfängt?
Fisch-, Soja- und Oystersaucen kann man nicht selbst machen, die muss man kaufen. Es braucht frische Kaffirlime, Galgant, Zitronengras und Thai-Chilis. Die lassen sich aber problemlos einfrieren, so hat man sie immer zur Hand, wenn man etwas davon braucht. Wenn es um Saucen geht, empfehle ich die Produkte von Megachef, die werden ohne künstliches Glutamat und zugefügte Aromen hergestellt.
Gibt es Schlüsselaromen, mit denen man sofort einen Thai-Geschmack in ein Gericht bringen kann?
Kräuter wie Koriander und Minze schmecken sofort nach Thailand, und die Kombination aus Limettensaft und Fischsauce wird für fast alles gebraucht – und natürlich die Schärfe von Chili.
Die Schärfe ist für europäische Gaumen oft ein Thema. Wie scharf darf oder muss es sein?
Meine Gäste haben sich an eine gewisse Schärfe gewöhnt. Und das gehört auch dazu, es tut ja einem in der Regel nicht weh. Oft ist Schärfe eher ein Problem im Kopf, aber in der Realität neutralisiert sie sich in der Regel innerhalb von wenigen Minuten wieder. Zu viel sollte es aber auch nicht sein, wenn die Schärfe alles andere überdeckt, war es in der Regel zuviel davon.
Die Thaiküche ist technisch eher rustikal. Welches sind die wichtigsten Zubereitungsarten?
Neben den Currys gibt es sehr viele Salate, die meistens mit einer Vinaigrette auf der Basis von Fischsauce, Palmzucker und Limettensaft angemacht werden. Es wird ohnehin viel roh – vergleichbar mit Ceviche – zubereitet: Lachs oder Krustentiere etwa werden mit einer Salsa mariniert, die ebenfalls auf Fischsauce, Palmzucker und Limettensaft basiert. Durch die Säure wird der Fisch dann angegart. Und eine dritte beliebte Grundzubereitungsart ist Frittieren: Indem man Gemüse oder Fisch mit einem Tempurateig aus Wasser und Reismehl überzieht und dann im heissen Öl bäckt zum Beispiel. Ein schönes Würzelement sind auch fritterte Schalotten oder Knoblauch.
Gibt es trotz der Einfachheit Geräte, die man zwingend braucht?
Ein guter Mixer oder eine Moulinette, um die Zutaten für ein Curry zu einer Paste zu verarbeiten finde ich essentiell. Bei Renu musste ich Berge von Zutaten von Hand hacken. Das dauert Stunden und ist nicht unbedingt notwendig.
Braucht man einen Wok?
Ohne Gas ist das Kochen im Wok nicht sehr reizvoll, finde ich. Wenn das Feuer den halben Topf zum Glühen bringt, kann man richtig schnell und heiss anbraten. Aber in den hiesigen Woks für Induktionsherde gelingt das kaum. Deshalb reicht eine normale Pfanne. In der Thaiküche ist Frittieren wie gesagt wichtiger als Braten, dafür reicht ein Topf oder eine Fritteuse.
Welche anderen Küchengeräte braucht der Hobby-Thai-Koch zwingend?
Ein scharfes Messer, aber das braucht es sowieso für jede Art von Küche.
Sie machen die Currypaste natürlich selber, aber ist eine gekaufte Gewürzmischung auch brauchbar, und worauf sollte man beim Kauf achten?
Die gekauften Currypasten sind nicht schlecht, aber für meinen Geschmack oft zu scharf. Ich achte darauf, dass keine Zusatzstoffe enthalten sind. Aber die Auswahl in der Schweiz ist ohnehin nicht so gross.
In Ihre gelbe Currysuppe kommt Weisswein und Geflügelfond. Ist das schon eine europäische Adaption oder noch authentische Thaiküche?
Natürlich ist das eine Fusion mit klassischer französischer Küche. Für die Suppe wird der Wein komplett verkocht und gibt der Suppe eine schöne Grundsäure und mehr Körper. In Thailand würde auch niemand eine Suppe mit einem Gemüseansatz machen und Fond dazuzugeben. Aber ich koche ja auch keinen Thai-Streetfood, sondern eine doch raffinierte Küche, die ich mit Thai-Aromen ergänze.
Was ist ein gutes Thai-Anfängergericht?
Ein Curry ist ein guter Start. Wenn man sich ans Rezept hält, kann nichts schief gehen. Man braucht ja nicht mal eine Einlage dazuzugeben, eine Suppe aus Kokosmilch und Currypaste schmeckt an sich schon sehr gut.
Welche Einstellung braucht es für die Thai-Küche?
Für uns Europäer? Es braucht etwas Mut beim Kochen. Mit einer Messerspitze Currypaste kommt man nicht weit. Es braucht von allem viel: viele Limettenblätter, viel Koriander, viel Limettensaft…