Interview: Urs Heller Fotos: Nicolas Righetti, Marcus Gyger

Guy Ravet, Sie führen mit Ihrem Vater ein 19-Punkte-Restaurant in Vufflens-le-Château, mit Filiale in Gstaad, laufen Ultra-Marathon und sind jetzt auch noch Chef der «Grandes Tables». Etwas viel auf einmal. Ihre Motivation?

«Les Grandes Tables de Suisse» ist eine sehr schöne Vereinigung. Allerdings hat sie in den letzten Jahren an Schwung verloren. Ich nehme die Challenge an, will die «Grandes Tables» vorwärtsbringen. Fürs Lauftraining reicht die Zeit trotzdem. Ich stelle zweimal pro Woche den Wecker auf fünf Uhr, gehe trainieren und nachher zurück in die Küche.»

 

«Schwung verloren» ist aber sehr höflich ausgedrückt. Die «Grandes Tables de Suisse» haben auch Mitglieder und an Bedeutung verloren.

«Es ist der richtige Moment, um neu durchzustarten und neue Mitglieder für die Vereinigung zu begeistern. Natürlich wollen wir den Bekanntheitsgrad unserer Mitglieder steigern; wir suchen deshalb auch eine enge Zusammenarbeit mit dem GaultMillau-Channel. Aber genauso wichtig ist der Austausch, das Networking: Wir jungen Chefs wollen uns treffen, miteinander diskutieren, unsere Erfahrungen teilen. Die Gespräche an der Generalversammlung haben gezeigt, dass es den meisten Spitzenköchen trotz Covid-19 sehr gut läuft. Das macht uns allen Mut.»

 

Sie wollen bei der Suche nach neuen Mitgliedern den Röstigraben überspringen.

«In der Romandie sind die «Grandes Tables» nach wie vor sehr bekannt. In der Deutschschweiz haben wir an Bedeutung verloren. Das müssen wir korrigieren. Es gehört zum Job des Präsidenten, hervorragende Köche persönlich zu besuchen und sie für eine Mitgliedschaft zu begeistern. Erste Gespräche haben wir bereits geführt. Für mich ist klar: Unsere Vereinigung braucht noch ein paar Leuchttürme in der Deutschschweiz und soll auch im Tessin wahrgenommen werden.»

Nicht jeder, der am Wochenende neu aufgenommen wurde, ist ein Leuchtturm. Viele sind (noch) «no-names».

«Das muss so sein. Die «Grandes Tables» sind kein exklusiver Klub von Spitzenköchen mit möglichst vielen Punkten und Sternen. Mitmachen kann auch, wer erst am Anfang seiner Karriere steht, aber bereits auf gutem Niveau kocht und seinem Restaurant eine Seele gibt. Einfach so kam natürlich keiner rein: Jeder musste erst zwei «Götti» von seinem Talent überzeugen. Einige haben vorher bei bekannten Chefs wie wie Philippe Chevrier oder Didier de Courten gearbeitet.»

 

An der Generalversammlung tauchte plötzlich ein Weltstar auf: Guy Savoy aus Paris, gemäss «La Liste» und Präsident Emmanuel Macron Chef des besten Restaurants der Welt.

«Guy ist in Fribourg aufgewachsen, mit der Schweiz eng verbunden. Sein Besuch war als Überraschung und Abschiedsgeschenk für meinen Vorgänger Pierrot Ayer gedacht. Es hat funktioniert; Tränen sind geflossen.»

Ermitage des Ravets

Hier kocht der Präsident: «Ermitage des Ravet» in Vufflens-le-Château VD. 

Kann man bei den «Grandes Tables» von einem Generationenwechsel sprechen?

«Man kann. Die Vereinigung ist jünger, zugänglicher geworden. Der Mitgliederbeitrag wurde gesenkt und kann für junge Chefs kein Hindernis sein. Da und dort treten Väter zurück und rücken die Söhne nach: Andrea Dalsass löst Martin ab, Julien Ayer ist dabei, und ich unternehme alles, dass auch Roger Kalberer mitmacht; sein Vater Seppi hat ja über Jahrzehnte hinweg sehr viel für die «Grandes Tables» geleistet. Top-Chefs wie Franck Giovannini unterstützen uns weiterhin. Dafür sind wir dankbar.»

 

>> Guy Ravet, 37, ist neuer Präsident der «Grandes Tables de Suisse». Er führt zusammen mit seinem Vater Bernard die «Ermitage des Ravet» in Vufflens-le-Château VD (19 Punkte) und das «Esprit Ravet» im «Bernerhof» Gstaad.

www.lesgrandestablesdesuisse.ch