Text: GaultMillau Schweiz I Fotos: Digitale Massarbeit
Modernisierte Beiz. Kluge Köche erkennt man unter anderem daran, dass sie vorausschauend planen. Der Berner Dave Wälti (früher «Eisblume» und «Casino») ist zweifellos ein kluger Koch. Das frühere «Zollhaus» beim Bahnhof Olten hat er mit seinem jungen Team geschickt modernisiert. Das jetzige Restaurant Verena hat zwar immer noch den Charme der früheren Beiz, die Gerichte aber wirken modern, saisonal und leicht. Vegetarische Gänge werden nahtlos ins Menü eingebaut, und jedes Gericht ist auch à la Carte erhältlich. (Grosses Bild oben: Dave Wälti (l.) mit seinem Küchenchef Felix Anneler.)
Wälti in Schwarz. Wältis Geschick besteht unter anderem darin, dass er eine Karte geschrieben hat, die in der kleinen Küche von nur zwei Chefs problemlos umgesetzt werden können, ohne dass die Gäste stundenlang auf den nächsten Teller warten müssen. Bei unserem Besuch trägt Wälti allerdings Schwarz statt Weiss. Den Abendservice hat er am Mittag in der Küche vorbereitet, jetzt steht er im dunklen Veston an der Front, begrüsst Gäste, trägt auf und räumt ab.
Lattich, Lachs und Erbsen. Schon die ersten kleinen Snacks sind präzise Aromenkonzentrate: Ein Randen-Tartelette, etwas knackiger Chicorée mit Kürbis-Chutney und eine warme Pilzessenz bilden die ganze Geschmackspalette ab. Fein und frühlingshaft ist das «Päckchen» aus grilliertem Lattich, gefüllt mit Kräuterricotta und kombiniert mit Radieschen, Meerrettich und Erbsen-Gazpacho. Tiradito – eine Art Sashimi mit Sauce – gibt es mit dünn geschnittenem Schweizer Lachs, süss-saurer Süsskartoffel-Sanddorn-Sauce und Kerbelöl, und das ist eine gut gelungene Variante von Fusionsküche, mit der Dave Wälti, seine beiden Heimaten Bolivien und die Schweiz auf dem Teller zusammenbringt.
Der geheimnisvolle Kochtopf. Gemüse-Wohlfühlküche bietet der glasierte Blumenkohl mit vegetarischer Beurre blanc, leicht scharfer Brunnenkresse und einem fermentierten Blumenkohlpüree. Auf der Treppe ins Untergeschoss steht ein geheimnisvoller koreanischer Druckkochtopf, in dem fast 24 Stunden fermentiert wird – mal schwarzer Knoblauch, mal andere Zutaten, die den «Verena»-Gerichten zusätzliche Komplexität und Würze geben. In diesem Fall entstammt der Blumenkohl dem Gerät, das durch gleichbleibende Temperatur über längere Zeit die geschmackvollen Gärungsprozesse in Gang setzt.
Dessert-Entdeckungsreise. Der Teig danach für die Ravioli mit Zander-Farce-Füllung ist zwar etwas dick geraten, dafür schmeckt die Zander-Hummer-Bisque dazu hervorragend. Das Flanksteak, begleitet von geschmorter Rinderhaxe, Serviettenknödel und Rüebli ist ein unspektakulärer, aber handwerklich gut gemachter Hauptgang. Beim Dessert geht man als Gast auf Entdeckungsreise – unter einer fluffigen Haube von Joghurt-Espuma findet sich nach und nach Schichten von Rhabarber-Erdbeer-Sorbet, Milchreis und Rhabarberkompott. Und auch das ist schliesslich ein klug komponierter Gang, der ins überzeugende Gesamtbild passt, was zum Start 15 Punkte verdient hat.