Text: Monique Ryser

ANGRIFF AUF DIE HELFER. «Sie sind nicht namenlos. Sie sind kein Kollateralschaden.» Chef José Andrés (grosses Bild oben), 55, trauert um sieben Freunde, die am 2. April bei der Essensverteilung von einem Bombenangriff der israelischen Armee getötet wurden. Die Helfer waren in einem markierten Fahrzeug von «World Central Kitchen» (WCK) unterwegs und hatten die Route mit der israelischen Armee abgesprochen. In einem berührenden Meinungsbeitrag in der «New York Times» nennt Chef Andrés die Namen der Helfer: Saifeddin Issam Ayad Abutaha, John Chapman, Jacob Flickinger, Zomi Frankcom, James Henderson, James Kirby und Damian Sobol. Mit ihnen zusammen sei er bereits in der Ukraine gewesen, in Mexiko, in Indonesien, überall dort, wo Menschen Essen nötig hatten. «Sie waren mehr als Helden. Sie riskierten alles, für die humanste aller Tätigkeiten: Anderen Menschen Essen zu bringen.» Die israelische Armee hat die Verantwortung für den Angriff übernommen und will den Angriff untersuchen.

 

EIN KOCH MIT MISSION. Mit nur 50 Dollar in der Tasche war José Andrés 1990 aus Spanien in die USA eingewandert. Ganz spontan. Der weltbekannte Molekularkoch Ferran Adrià hatte ihn nach drei Jahren Arbeit im «El Bulli» fristlos entlassen (Jahre später sollten die beiden dann in Minne Kurse an der Harvard University geben). Zusammen mit seinem Partner Robert Wilder eröffnete er erfolgreiche Restaurants in Miami, Los Angeles, Las Vegas und Puerto Rico. Der umtriebige Andrés plante auch im Trump International Tower in New York ein Fine-Dining-Restaurant zu eröffnen – er kündigte aber den Vertrag auf, nachdem sich Donald Trump despektierlich über mexikanische Einwanderer geäussert hatte.

World Central Kitchen

Ihre Namen sind bekannt: Sieben Mitarbeiter von «World Central Kitchen» verloren bei dem Angriff ihr Leben.

«Wenn Menschen hungern, schicke ich Köche.» Chef Andrés ist ein Mann mit Prinzipien: Essen kommt vor hoher Gastronomiekunst und Menschenliebe und Mitgefühl stehen bei ihm an erster Stelle. Das schreckliche Erdbeben in Haiti 2010 war für ihn dann der Anlass, die Organisation WCK zu gründen: «Die simple Idee entstand zu Hause zusammen mit meiner Frau Patricia: Wenn Menschen hungern, schicke ihnen Köche», erklärt er die Idee dahinter.

 

LOKAL VERANKERT, GLOBAL TÄTIG. Die humanitäre Organisation WCK ist überall dort, wo Menschen hungern. Andrés kann durch seine Kontakte lokale Köche für Hilfe motivieren. Seien es Naturkatastrophen, die Covid-Pandemie oder Kriege – WCK ist schnell und effizient vor Ort. Hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versorgen so täglich Zehntausende mit Nahrung und dem, was eben auch in einer warmen Mahlzeit steckt: Du bist nicht allein, wir sorgen uns um Dich.

 

43 Millionen Mahlzeiten verteilt. Im aktuellen Konflikt im Gazastreifen wurden bis jetzt bereits 43 Millionen Mahlzeiten verteilt, in 68 Gemeinschaftsküchen wird gekocht. «Wir haben von der Hisbollah vertriebene Familien im Norden ernährt. Wir haben trauernde Familien im Süden verpflegt. Wir haben Mahlzeiten in Spitäler geliefert, wo Geiseln mit ihren Familien vereint wurden. Wir haben permanent gefordert, dass alle von der Hamas entführten Geiseln freigelassen werden», schreibt Andrés in der «New York Times». Das schreckliche Bombardement des WCK-Hilfskonvois erfolgte, als die Helfer daran waren, die zweite Schiffsladung an Nahrung zu verteilen. «400 Tonnen Lebensmittel, bezahlt von den Arabischen Emiraten, unterstützt von Zypern, abgewickelt von Israel», wie der «Feed Officer» Andrés erläutert. Nichts rechtfertige, die Zivilbevölkerung in einen Krieg, in eine Hungersnot, zu stürzen. «Lasst uns ihnen Essen geben», so sein verzweifelter Aufruf.

 

>> www.wck.org

 

>> Fotos: Evan Agostini / Keystone, World Central Kitchen