Text: David Schnapp Fotos: Valeriano Di Domenico
Illustre Runde. Schon der Rahmen hätte kaum besser gewählt sein können: «Das Terrasse ist als Lokal einmalig, dieser hohe Raum mit den Säulen und der Kunst gehört für mich zu den schönsten Restaurants in ganz Zürich», stellte Antonio Colaianni ganz zu Beginn des Abends fest. Der Italo-Berner aus dem «Ornellaia» an der Bahnhofstrasse hatte zur Tartufata geladen, zusammen mit einer illustren Runde von Kollegen: Wolfgang Kuchler («Schäfli», Wigoltingen), Andy Zaugg (früher «zum Alten Stephan», Solothurn) und Patrick Mahler («Focus Atelier», Vitznau).
Qualitätszeichen. Der wichtigste Gast aber war natürlich Coalaiannis Trüffellieferant Massimiliano Biaggetti (grosses Bild oben), der in den Regionen Piemont, Tokskana, Umbrien und Emilia Romagna rund 200 bis 300 Trüffelsucher beschäftigt, die für ihn nach den wertvollen Knollen graben. «Es ist kein besonders gutes Jahr für weisse Trüffel, es war lange trocken und warm», erzählt der Experte aus Italien. Antonio Colaianni ist mit der Qualität der zwei Kilogramm Alba-Trüffel, die er für den Abend im «Terrasse» bestellt hat, trotzdem sehr zufrieden: «Wichtig ist, dass die Knollen sehr fest sind. Wenn sie weich wie alte Kartoffeln werden, ist das kein gutes Zeichen», erklärt der Küchenchef.
Keine störenden Aromen. Auch beim Umgang mit dem geheimnisvollen aromatischen Pilz hat Antonio Colaianni klare Vorstellungen: «2003 habe ich meinen ersten Trüffel-Anlass veranstaltet, seither versuche ich beim Kochen möglichst viel wegzulassen. Zu einem Gericht mit weissem Trüffel passt nichts, was dessen Aroma stören oder dominieren könnte – keine Kräuter und nicht mal ein konzentrierter Jus.» Saucen, findet Colaianni, passten am besten leicht verdünnt und mit Butter aufmontiert zu Albatrüffel. Für diesen Abend hält der «Ornellaia»-Chef einen Klassiker bereit: Raviolone mit Eigelb, Spinat und Ricotta sowie eine Kastanien-Velouté – beides natürlich aromatisiert mit dem weissen Gold aus Alba. «Der weisse Trüffel ist eine Diva, aber wenn man sie versteht, ist viel aus ihr herauszuholen», beschreibt Colaianni sein Verhältnis zum Luxusprodukt.
Langoustine, Kabeljau, Taube. Die 80 Gäste im «Terrasse» essen ausserdem Gerichte wie Wolfgang Kuchlers pochierte Gillardeau-Auster mit grünem Apfel und Calvisius-Kaviar. Der Altmeister bereitet auch noch eine Kombination aus Langoustine, Kartoffelstampf, Räucherstörfumet und weissem Trüffel zu. Sein um eine Generation jüngerer Kollege Patrick Mahler serviert zuerst Schneekrabbe in einer Tartellette und dann Kabeljau mit Walnuss, gerösteter Zwiebel-Beurre-blanc und weissem Trüffel, während der frühere 17-Punkte-Chef Andy Zaugg norwegische Jakobsmuschel mit Blumenkohl sowie Taube und Mascarpone-Risotto mit Tartufo Bianco veredelt. Dazu gibt es den Ornellaia 2005 aus der Sechs-Liter-Flasche – ein weiterer Beleg dafür, wieviel Gutes aus den italienischen Böden kommt.
Diskussion ums Dessert. Das letzte Gericht des Abends, gab zu reden: «Ornellaia»-Patisseurin Felicia Ludwig hat um einen Kern aus Apfelmousse eine Hülle aus Haselnusscreme geformt, so dass es aussieht wie eine der Trüffel-Knollen in Massimiliano Biaggettis Kiste. Zusammen mit Pistazienkuchen, etwas Schokolade, Milcheis und Nüssen wird daraus ein Beispiel dafür, dass Trüffel eigentlich zu allem passt, wenn die Aromen gut balanciert sind, findet Antonio Colaianni. «Es kommt auf die Balance an. Hier ist es zum Beispiel wichtig, dass das Dessert nicht zu süss ist, dann harmoniert es ausgezeichnet», erklärt Antonio Colaianni. Auch nach fast zwanzig Jahren Trüffel-Feste, findet Zürichs bester italienischer Koch immer noch einen Weg, dem Thema neue spannende Aspekte abzugewinnen.