Fotos: Olivia Pulver
Aller Anfang ist schwer. Ein Sprichwort, das an der GaultMillau Garden Party seine Gültigkeit verliert. Denn wenn die Gäste das Gelände des Grand Resort Bad Ragaz betreten, werden sie von fünf Chefs erwartet, die unglaublich viel Lockerheit ausstrahlen. Bernadette Lisibach (Neue Blumenau, Lömmenschwil SG, 17 Punkte), Dominik Hartmann (Magdalena, Rickenbach, 17 Punkte), Federico Palladino (Osteria Enoteca Cuntitt, Castel San Pietro TI, 16 Punkte), Kurt Mösching (Sonne, Scheunenberg, 17 Punkte) und Nicolas Darnauguilhem (La Pinte des Mossettes, Cerniat FR, 16 Punkte). Sie alle sind Mitglieder bei Grandes Tables de Suisse und dürfen das Amuse-bouche-Feuerwerk zünden. Eine Aufgabe, die viel Präzision und Fingerfertigkeit abverlangt.
Grosses Bild oben: Bernadette Lisibach, Federico Palladino, Kurt Mösching, Nicolas Darnauguilhem und Dominik Hartmann (v.l.).
«Träume nachts davon». Die Chefs bereiten die 3000 Häppchen im Kursaal des Grand Resorts vor. Jeder Handgriff sitzt, Konzentration ist dennoch gefragt. «Mit den Jahren hat man zwar mehr Erfahrung, trotzdem könnte ich das nicht im Schlaf», sagt Bernadette «Lisi» Lisibach. «Aber natürlich weiss man mit der Zeit, bei welchen Handgriffen man Gas geben kann und wo mehr Handfertigkeit gefragt ist.» Im Schlaf kann auch die Crew vom «Magdalena» keine Amuse-bouches vorbereiten. Doch wenn man 250 Kohlrabirollen gerollt hat, hinterlässt das Spuren. «Manchmal träume ich nachts noch von den Röllchen», sagt Gianluca Leonardi, der neu im Team von Dominik Hartmann kocht. Ein Phänomen, das der Chef hinter sich gelassen hat. Dafür denkt der schon ans nächste Menü. «Dann serviere ich endlich Tomaten. Die spare ich mir immer für den Spätsommer auf. Das wird ein warmer Gang mit einer fermentierten Tomaten-Beurre-blanc», sagt Hartmann. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Jetzt gilt es erst, die 3000 Amuse-bouches an den Garden-Party-Gast zu bringen.
Der Koch und der Gärtner. Kurz bevors losgeht, kommt die Brigade von Nicolas Darnauguilhem doch noch ins Schwitzen. «Ich habe Gerichte ausgesucht, die zu viele Handgriffe benötigen», sagt der Romand, der mit allem kocht, was die Natur hergibt. Ausserdem ist Brigade ein sehr grosses Wort für das Team, das er mitgebracht hat. «Mein Restaurant ist am Sonntag geöffnet, ich habe keinen Koch mitgebracht, sondern den Gärtner!» Der heisst Thomas Philippe und hegt und pflegt den Garten der «Pintes des Mossettes». «Ich baue Kräuter, essbare Blüten und Gemüse an. Ich spezialisiere mich auf alte Sorten und möchte diese wieder aufwerten», sagt Thomas. Und nebenbei bemerkt: Der Gärtner beweist auch viel Talent beim Anrichten. Die Amuse-bouches aus der «Pinte des Mossettes» sind definitiv die farbenfrohsten.
Käsekuchen von «Lisi» gutgeheissen. Kollege Mösching gehört ebenfalls zu den erfahrenen Köchen im Line-up. Wenn es um die Anzahl Handgriffe geht, weiss er, dass weniger mehr ist. «Ich mache Käsekuchen für die Gäste, den muss man nicht 100 Mal in die Finger nehmen. Ein einfaches, aber sehr feines Gericht und eine Spezialität bei uns», so der 17-Punktechef. Bernadette Lisibach probiert schon vorab. «Wow, sehr fein. Den kannst du schicken!», sagt sie. Beim Tessiner Federico Palladino sind weniger die Handgriffe ein Thema, sondern allenfalls die Müdigkeit. «Wir haben gestern um 1 Uhr Feierabend gemacht und mussten um 4 Uhr bereits wieder aufstehen», so der talentierte Chef. Doch das ist kein Problem für Palladino. «Ich freue mich einfach nur, dass ich dabei sein darf.»
Faire Auswahl. Wer an der Garden Party seine Amuse-bouches präsentieren darf, das entscheidet letztendlich der Präsident von «Les Grandes Tables de Suisse». Und Guy Ravet hat in diesem Jahr den Modus operandi etwas verändert. «Normalerweise galt: first come, first serve – also wer zuerst auf mein Mail antwortet, ist dabei. Doch weil nicht alle Köche ständig aufs Handy schauen, fand ich das unfair», so Ravet, der im Grand Hôtel du Lac auf 17-Punkte-Niveau kocht. «Also habe ich dieses Jahr auf eine gute Mischung der Regionen und auf einen Mix zwischen jungen und nicht mehr so jungen Köchen geachtet», sagt er und lacht verschmitzt.
3000 sind nicht genug. Dass Ravet einmal mehr den richtigen Riecher bei der Auswahl hatte, das beweist der Run auf die Häppchen. Schon nach geraumer Zeit sind die Köche ausgeschossen, die Amuse-bouches verschlungen. Ein Beweis dafür, dass die Gäste bei jedem Koch und bei jeder Köchin gleich mehrmals zugegriffen haben.