Text & Fotos: Pascal Grob
16 Starchefs. 283 GaultMillau-Punkte! Das kulinarische Niveau an der GaultMillau Garden Party 2019 war extrem hoch, was sich auch in den diesjährigen Gerichten widerspiegelte. «Silvio Germann & Friends» (Roger Kalberer, Sebastian Rösch, Marco Campanella) begrüssten mit 2000 verführerischen Amuse-bouches die hungrigen Gäste, während zwölf Starchefs und ein Pâtissier rund um den Hotelpool für das Hauptspektakel sorgten. Das waren ihre Gerichte:
Seine leuchtend grüne Jalapeño-Sauce wird weltweit kopiert. In Bad Ragaz präsentierte sie der Saucenkönig aus Basel als luftig-leichte Espuma mit dem frischen, fruchtigen Aroma der Paprikasorte ohne deren Schärfe. Darunter versteckt: Carabinero-Tomaten-Ragout und Gurken-Mayonnaise. Ein cleveres Gericht mit glasklaren, überwältigenden Aromen, die sich gleich in die Hirnsynapsen des Langzeitgedächtnisses einbrannten.
Der Walliser ist trotz Topküche für viele Deutschschweizer Mister Unbekannt, sein Restaurant in Sierre verlässt er fast nie. Für die Party in Bad Ragaz machte er eine Ausnahme und brachte für seinen Auftritt gleich die eigenen Teller mit. Was er darauf anrichtete, hatte grosse Klasse: Ein Zylinder aus Walliser Tomaten strotzte vor Umami. Dazu setzten Kaviar-Perlen, Artischocke und ein Velouté mit Basilikum weitere Ausrufezeichen.
Letztes Jahr beehrte uns der Kultchef aus Fürstenau mit einem viralen Video-Star (geeiste Rotkohl-Kugel), dieses Jahr demonstrierte Caminada wie Barbecue auf 19-Punkte-Niveau funktioniert. Ein auf der Zunge zergehender Schweinenacken mit Dörrbirne an einer überwältigenden Barbecuesauce, abgschmeckt mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks. Kaum zu glauben, wie viel Geschmack in ein solches Schälchen passt.
Atemberaubend wie bombastisch und doch unerhört leicht die Foie gras de canard aus der Küche des legendären Restaurants in Crissier schmecken kann. Dank einer grandiosen Sauce aus Petite Arvine. Aber auch dank einem Früchte-Chutney aus Äpfeln. Raffiniert: Zur Herstellung der filigranen Schicht aus Petite Arvine um die Foie gras verwendete Giovannini eine Conchiermaschine. Ganz grosses französisches Kino!
Er ist GaultMillaus «Koch des Jahres» und in die 19-Punkte-Liga aufgestiegen. Für die Gäste an der Garden Party holte er seinen besten Fleischgang aus dem Repertoire: Butterzarte Ochsenbacken vom piemontesischen Fassona-Rind mit grünem Spargel und einer rauchigen BBQ-Sauce. Perlen aus Rinderfett und Kräuter wie Pimpernelle, Petersilie und Bärlauch verpassten dem beeindruckenden Gericht den letzten Schliff.
Die beste Köchin der Schweiz entführte die Gäste in Bad Ragaz in ihren Kräutergarten. Mauerpfeffer, Portulak, Sauerklee, Petersilie und Basilikum sind nur eine kleine Auswahl der Kräuter, die Grandits für ihr «Garden Party»-Gericht verwendete. Darunter: zartes Kalbstatar, Meerrettich und Wildkräuter-Tempura. Molke, die vom selbstgemachten Geisskäse stammt, verlieh dem Gericht eine feine Säure. Zum Auslöffeln gut!
Die Pastagerichte des fröhlichen Tessiners Rico Zandonella sind Kult und lassen sich mühelos in ein 18-Punkte-Menü einbauen. Auch für die GaultMillau Garden Party 2019 brillierte die «Trattoria Rico». Was sich zwischen dem dünnen Teig des offenen Raviolos versteckte? Zarter Kaisergranat und Zuchettibrunoise umgarnt vom Aroma dreierlei Zitronen, die eine delikate Säure beisteuerten. Einzelne Granatapfelkerne sorgten für punktuelle Süsse.
Im Castello del Sole schlüpft Roock auch mal in die Rolle des Gärtners, lässt im Garten anpflanzen, was er für seine Küche braucht. «Sapori del nostro orto» heisst sein Menü und war auch Programm an der Garden Party. Zum Zander aus dem Lago Maggiore als Tatar mit Dillöl und Reis-Chips gesellten sich Pepquiño – eine Mikro-Gurke, die auch in Mexiko wächst – und Yuzu aus dem eigenen Garten. So schmeckt der Sommer!
Er war 2012 GaultMillaus «Koch des Jahres». Ein Gericht ist bei ihm Kult: «Gummelistunggis». So heisst der Kartoffelstock im Kanton Schwyz, den Wiget auch im Garten des Grand Resort Bad Ragaz auftischte. Der süsse Duft des Butters vermählte sich mit einem Blanquette vom Muotathaler Milchkalb zu einem herzerwärmenden Gericht.
Die Garden Party war ein Heimspiel für Sven Wassmer, der dieses Jahr gleich zwei neue Restaurants im umgebauten «Quellenhof» eröffnet hat. Für die Gäste gab es eine erste Kostprobe aus Wassmers Menü in seinem ambitionierten «Memories»: Val-Lumnezia-Saibling mit gebranntem Sennenrahm und Tannenöl. Ein Gericht, das die betörenden Aromen des Alpenraums auf minimalistische aber eindrucksvolle Weise vereinte.
Der GaultMillau zeichnete Marie Robert letztes Jahr als «Köchin des Jahres» aus, dieses Jahr zeigt sie in Bad Ragaz das erste Mal in der Deutschschweiz, was sie kann. Ihren eigenen Küchenstil umschreibt sie lässig mit «Cuisine fun», weshalb sie treu nach ihrem Motto Gäste mit einer Kugel aus Perlhuhn-Rillette überraschte. Grünes Curry, Pastis und Ananas lieferten weitere Akzente.
Der junge Koch aus Holland ist ein spektakulärer «Rookie» und GaultMillaus «Entdeckung des Jahres in der Deutschschweiz 2019». Im «Vitznauerhof» raspelte er mal getrocknete Rinderherzen über den Teller, an der Garden Party gab es eine verblüffende Mole mit Schweineblut. Sie diente zusammen mit Kaffirlimettenöl als ausbalancierendes Bindeglied für Kaisergranat (als Ceviche mit Kombucha mariniert!), Mango-Papaya-Salat und Nashi-Birne.
Der Pâtissier aus der Brigade von Tobias Funke gehört zu den besten im Land. An der GaultMillau Garden Party war er unser Mann fürs Süsse. Seine Kreation? Verspielt, komplex, grandios! Fermentierte Aprikosen als Sorbet sowie eingelegt und abgeflämmt sorgten mit gestocktem Sauerrahm und Brotchips für ein fulminantes Finale. Majoran aromatisierte dabei auf dezente Weise das Dessert, ohne es zu dominieren.