Fotos: Rémy Steiner
Mann der Brücken. Seit 18 Jahren ist der Unternehmer Dany Stauffacher für die Ausrichtung des Gourmet-Festivals San Pellegrino Sapori Ticino verantwortlich. Und er hat noch viel vor: «Wir haben eben eine Vereinbarung auf unbestimmte Zeit mit der Vereinigung Grandes Tables sowie mit der Hotelfachschule EHL abgeschlossen und haben noch weitere Pläne», sagt er anlässlich einem der letzten Abende der Ausgabe 2024 des Festivals. Er findet nicht im Süden des Landes statt, sondern im grossen Saal des Widder Hotels am Rennweg in Zürich. Denn Brücken zu schlagen zwischen dem Tessin, der deutschen und der französischen Schweiz und zwischen Geniessern aller Art ist eines der Ziele des Festivals. Stauffacher versteht sich als Botschafter der guten Küche – und der guten Laune! (Grosses Bild oben: Christian Moreschi, Tino Staub, Jacopo Rosvetini, Egidio Iadonisi und Luca Bellanca, v.l.n.r.)
Gute Beziehungen. Die Wahl des Austragungsortes ist selbstverständlich nicht zufällig gewählt, auch mit den Swiss Deluxe Hotels pflegen die Verantwortlichen von Sapori Ticino gute Beziehungen, und das Widder Hotel ist ausserdem Teil von The Living Circle, welcher wiederum mit dem Castello del Sole und dem Landwirtschaftsbetrieb Terreni alla Maggia mit dem Tessin fest verbunden ist. Unter den rund 110 Gästen des Abends in Zürich ist Lisa Bader, GaultMillaus Sommelière des Jahres 2021 und heute selbstständige Weinberaterin. Sie ist eingeladen von Antonio Tortorelli, Verkaufsleiter des Champagnerhauses Laurent-Perrier, und dafür verantwortlich, dass den Gästen gleich zu Beginn grosszügig «La Cuvée» ausgeschenkt wird. Der frühere 19-Punkte-Koch André Jaeger ist trotz eines Muskelfaserrisses am Fuss mit seiner Partnerin Jana Zwesper gekommen und freut sich auf neue Auftritte mit seinem Buena Vista Kitchen Club. Zwei starke Frauen in Führungspositionen begegnen sich bei Sapori Ticino zum ersten Mal: Madleine Löhner, mit 34 Jahren eine der jüngsten Hoteldirektorinnen der Schweiz und verantwortlich für das «Alex» in Thalwil, sowie Silvia Binggeli, die erste Chefredaktorin der «Schweizer Illustrierten».
Zugführer Tino Staub. Während im Foyer sowie im Saal noch Champagner getrunken wird, sind in der Hauptküche des «Widder», vier Tessiner Starchefs und ein erstaunlich entspannter Gastgeber daran, letzte Vorbereitungen zu treffen. Tino Staub, Executive Chef des Hauses, bleibt trotz vollem Haus, Gala-Abend, Fondue-Gondeln im Innenhof und Room-Service gelassen: «Ich bin nur der Zugführer und muss schauen, dass der Fahrplan eingehalten wird», sagt er über seine Aufgabe. Die «Widder»-Patisserie unter der Leitung der jungen Italienerin Irene Mason ist fürs Dessert verantwortlich (karamellisierte weisse Schokolade, Mandarine, Haselnuss). Davor gibt es vier variantenreiche Gänge, «fatto in Ticino».
«Geschmack meiner Heimat.» Den Start macht eine kühle Kombination aus rohen Scampi, Kürbis, Granatapfel und Kaffee von Jacopo Rovetini aus der Osteria dell'Enoteca in Losone (16 GaultMillau-Punkte), gefolgt von einem frischen Pastagang mit der ätherischen Note von Zitrusschalen, cremiger Burrata und kleinen Stücken von roten Gamberi. «Dieser Teller fasst den Geschmack meiner Heimat zusammen», sagt der dafür verantwortliche Egidio Iadonisi. Der gebürtige Italiener ist Executive Chef im Swiss Diamond Hotel in Lugano (14 Punkte) und gibt seinen Gerichten gern eine philosophische Grundierung.
Tessiner Vielfalt. Für Tessiner Vielfalt und Weltoffenheit, wenn man so will, steht die zunächst ungewöhnlich erscheinende Kombination aus Seeteufel, Pak Choi und Curry von Luca Bellanca, der im Restaurant Meta in Lugano auf dem Niveau von 16 Punkten kocht. «Ich liebe die asiatische Küche und die Kombination mit einem mediterranen Stil. Die Gäste mögen diesen Bruch mit Traditionen», versichert er. Bellancas Freude an der Fusion lässt selbst Familientraditionen nicht aus: «Ich habe auch schon Gerichte meiner Mutter mit einem asiatischen Touch zubereitet, was meinen Bruder tatsächlich zu Tränen der Freude gerührt hat», erzählt der Koch mit einem sympathischen Lachen.
Sapori = Aromen. Auch der Hauptgang des besonderen Abends ist kein Gericht, was man in jedem Tessiner Grotto finden würde. Aber dessen Urheber, Christian Moreschi von der Villa Principe Leopoldo in Lugano (16 Punkte) mag den besonderen Geschmack von Taube: «Der Vogel ist bei mir oft auf dem Menü, Taube lässt sich gut mit verschiedenen anderen Zutaten kombinieren», erklärt er seine Wahl. Für den Abend im «Widder» wählt Moreschi Gänseleber und Sellerie als Interpretation eines klassischen Wildgerichts. Das passt durchaus zum Anlass, «Sapori» heisst schliesslich nichts anderes als «Aromen», und davon gibt es an diesem Abend viel und in immer wieder überraschenden Varianten.