Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Olivia Pulver
Frischer Wind für den «Franz». «Wie findest du das Wollschwein?» - «Sehr gut. Den Jus würde ich etwas weniger kräftig machen, damit die Kamille der Kamille-Molke-Sauce noch besser herauskommt.» - «Und vom Anrichten?» - «Da bin ich mir noch unsicher. Aber das kann sich ja noch entwickeln.» Ungefähr so klingt es, wenn sich Sebastian Funck und Gino Miodragovic über die Finessen eines neuen Gerichts unterhalten. Die zwei teilen sich die Position des Küchenchefs in der «Wirtschaft im Franz» in Zürich. Sebastian ist Mitinhaber des Restaurants in Wiedikon und steht seit acht Jahren am Herd. Gino ist im letzten August zum Team gestossen. «Ich wollte neue Inspiration, um unsere Küche weiterzubringen. Und ich wollte einen Koch auf Augenhöhe. Jemand, der neue Inputs und frischen Wind bringt», erklärt Funck die Personalie.
Yoga statt Küche. Mit Gino Miodragovic hat er genau das gefunden. Der 31-jährige Aargauer arbeitete nach seiner Lehre im «Meridiano» in Bern bei Markus Arnold. Danach heuerte er in der Talentschmiede von Andreas Caminada an und ging aufs Schloss. Zusammen mit Marcel Skibba eröffnete er das «Igniv» in St. Moritz. Von dort gings nach Holland zu Sergio Herman und anschliessend wieder in die Schweiz, wo er in der «Bauernschänke» arbeitete. Bis im Frühling 2021 war er Küchenchef in Nenad Mlinarevics «Neue Taverne». Im Sommer nutzte er die Zeit für seine Familie und machte eine Ausbildung zum Yoga-Lehrer.
Rosenkohl und Rettich. Jetzt sind statt «Ohms» wieder «Mmhs» angesagt. Gino gibt dem «Franz» den gewünschten neuen Drive. Die Karte ist klein - und sehr fleischarm. «Mir macht es einfach mehr Spass mit Gemüse zu kochen. Es ist auch die grössere Herausforderung.» Der Rettich-Gang ist sogar vegan. Weisser und schwarzer Rettich kommt mit Knoblauch-Mayo und einem Salzzitronen-Pesto auf den Teller. Der Rosenkohl ist einmal geröstet und einmal roh. Dazu gibts eine Ajoblanco auf Cashew-Basis. Diese Einstellung passt zu der von Sebastian Funck und dem Manifest des Lokals. Schon vor acht Jahren setzte man auf saisonale und lokale Lebensmittel aus nachhaltiger Produktion.
Die Fleisch-Debatte. Funcks Lieferantennetz hat sich über die Jahre stets weiterentwickelt. Genauso wie seine persönliche Einstellung zu Fleisch. «Ich wurde immer skeptischer gegenüber der Massenindustrie und dem Massenkonsum. Und ich glaube, das ist kein Trend, sondern einfach eine natürliche Entwicklung.» Gino bestätigt. «Die Zeiten, in denen man so Fleischmassen konsumiert, sind ja irgendwie auch vorbei.» Trotzdem: Komplett vegi ist die Karte nicht. Aber wenn Fleisch, dann aus guter Produktion. Das Wollschwein, das neu mit Wirsing und Kamille-Molke-Sauce auf die Karte kommt, stammt aus der Metzgerei Holzen in Ennetbürgen.
Geselligkeit und Spass. Für Gino kommt noch eine weitere Herausforderungen hinzu: Im «Franz» darf er keine asiatischen Produkte verwenden. «Das ist manchmal eine Challenge. Denn mit asiatischen Produkten kann man sehr schnell ein tasty Gericht machen.» Statt Katsuobushi – Flocken von geräuchertem Bonito – macht man im «Franz» halt etwas mit geräucherter Forelle. Gerade beim Ausprobieren neuer Sachen hilft die Konstellation mit zwei Küchenchefs. «Gino ist der mutigere Koch. Der macht einfach», sagt Sebastian. Aber auch bei Gino klappt nicht alles auf Anhieb. «Manchmal funktioniert ein Gericht im Kopf, aber nicht auf dem Teller.» Da helfe dann eben der Austausch mit dem anderen. Eine Hierarchie gibt es im «Franz» nicht. «Ich glaube, es ist wichtig, dass man sich von so alten Dogmen löst. Schliesslich geht es beim Kochen auch um Geselligkeit und Spass.»