Text: David Schnapp

Viel «Essvergnügen». «So tiefenentspannt wie in den letzten Wochen war ich noch nie», eröffnet Rolf Fliegauf das kurze Gespräch. Der 39-Jährige ist für die Ecco-Restaurants im «Giardino Mountain» in St. Moritz und im Hotel Giardino Ascona verantwortlich und hat seine Handschrift in einer Küche gefunden, die mit erstaunlicher Lockerheit regionale Produkte mit klassischen kulinarischen Luxusgütern und immer wieder mal japanischen Aromen harmonisiert. «Natürlich habe ich mir während der fast drei Monate Pause Gedanken über meine Küche gemacht und vieles hinterfragt, aber meine Richtung behalte ich bei», sagt der Küchenchef über allfällige Änderungen seines Stils. Auch wenn die Umstände aussergewöhnlich sind, will 18-Punkte-Chef Fliegauf möglichst viel «Essvergnügen» bieten, wie er sagt. Man arbeite zwar mit Masken, zusätzlichen Hygienemassnahmen und Abständen im Restaurant, aber das solle alles so selbstverständlich wie möglich ablaufen.

Tuna, Stör, Kalb, Walderdbeeren. Für die erste Karte nach dem Lockdown geben Fliegauf und sein Team «Vollgas», wie der Chef verspricht. Zwar sei es nicht ganz einfach, gewisse Produkte zu importieren: «Schon eine Seezunge aus Holland kann schwierig werden», so der Küchenchef. Er hoffe aber, dass der Balfego-Thunfisch für sein neues Menü rechtzeitig aus Spanien eingeflogen werden könne. «Mit einer anderen Sorte Tuna will ich das Gericht mit japanischen Aromen nicht zubereiten», sagt Fliegauf. Stör und Kaviar aus dem Tropenhaus Frutigen sind hingegen sicher erhältlich, und auch Rücken und Bries vom Kalb können geliefert werden. Das Fleisch kommt von Holzen aus Ennetbürgen und wird mit Morcheln und Salzzitronen kombiniert. Auf dem Menü steht auch Foie Gras mit Rhabarber und Sauerampfer, Kaninchen mit Polenta als Hommage ans Tessin oder eine Amuse-Bouche-Trilogie zum Thema Bouillabaisse. Noch etwas Arbeit muss Fliegauf allerdings in eines der Desserts investieren. «Ich stelle mir eine Art Garten vor mit allem, was bei uns ums Hotel wächst: Oliven, Zitronen und Walderdbeeren. Aber mit dem letzten Stand bin ich noch nicht zufrieden», sagt Fliegauf. Ein Unsicherheitsfaktor seien die Walderdbeeren, «ein unfassbar tolles Produkt», aber eben auch schwer in perfekter Qualität zu finden.

Das meint der GaultMillau. Rolf Fliegauf, der zuvor in der «Traube Tonbach» und bei Juan Amador gearbeitet hat, ist seit 2007 in Ascona tätig und zieht im Winter jeweils mit dem ganzen Team ins Engadin. «Fliegaufs Küche ist nach einigen Umwegen klarer, gradliniger, besser geworden. Wir honorieren es mit dem 18. Punkt und mit der begehrten Auszeichnung «Aufsteiger des Jahres im Tessin», heisst es in der aktuellen Ausgabe des GaultMillau. Für Fliegauf sind die geschriebenen Lorbeeren vor allem Motivation: «Ich freue mich extrem darauf, dass es hier wieder los geht», sagt der Koch, bevor in die Küche zurückeilt, wo er auf die Bestätigung wartet, dass die Thunfischlieferung endlich gelandet sei.

 

Ecco

18 Punkte

Giardino Ascona

Via del Segnale 10

6612 Ascona

www.giardinohotels.ch

 

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