Text: David Schnapp | Fotos: Olivia Pulver
Dominik Hartmann, Sie sind erst 30 Jahre jung, glücklich verheiratet, haben zwei Kinder, ein erfolgreiches Restaurant und eine kleine Bäckerei – was soll jetzt überhaupt noch kommen?
Gute Frage, ich versuche im Moment bei allem den richtigen Fokus zu setzen, es geht erst um die Perfektionierung des bestehenden, bevor es weitergehen kann. Aber Ideen habe ich schon noch: Zum Beispiel ein neuer Standort für die Bäckerei und auch einem zweiten Lokal wäre ich irgendwann nicht abgeneigt.
Ging es bei Ihnen immer schon so schnell?
Bisher hat alles immer so geklappt, wie es sollte. Meine Erstausbildung war ja Koch, dann habe ich noch Bäcker/Konditor gelernt, und als ich mich danach bei Andreas Caminada beworben habe, wurde ich auch genommen.
Sie wirken immer gut gelaunt und ziemlich entspannt. Täuscht der erste Eindruck, gibt es da noch eine verstecke Seite, die Sie gerne verbergen?
Es gibt natürlich Momente der Unzufriedenheit bei mir, aber dann werde ich noch ruhiger als sonst. So wissen die Leute, die mich gut kennen, dass etwas nicht so läuft, wie es sollte. Aber ich versuche grundsätzlich, das Positive zu sehen und gehe mit dieser Einstellung durch die Welt. Das macht mehr Spass, als sich mit negativen Dingen aufzuhalten.
Waren Sie schon als Kind ein Sonnenschein?
Ja, ich war auch früher meistens gut gelaunt, was mich von meiner etwas launischeren Schwester unterschieden hat (lacht).
Seit kurzem kochen Sie ausschliesslich vegetarisch – welches Gemüse fasziniert Sie gerade besonders?
Unser neuer Hauptgang ist Aubergine, das war zuerst gar nicht mein Favorit und gleichzeitig macht mich der Hauptgang immer nervös. Dann haben wir viele Tests gemacht, und es war spannend zu sehen, wie es uns gelungen ist, möglichst viel Geschmack herauszuholen, ohne den Fokus auf dem Charakter des Produktes an sich zu verlieren.
Und wie ist es Ihnen gelungen?
Zuerst haben wir versucht, die Aubergine in Öl zu konfieren, dadurch wurde sie aber sehr ölig. Dann haben wir sie eingestochen, gesalzen, sous-vide gegart und anschliessend bei tiefer Temperatur im Holdomat leicht angetrocknet. Ganz am Schluss grillieren wir das Gemüse, so wirkt es geschmacklich interessant und bleibt dabei aber immer noch eine Aubergine.
Welches Gemüse macht es Ihnen schwer?
Zucchetti finde ich schwierig, damit habe ich mich noch nicht anfreunden können. Roh hat sie zu wenig Geschmack; wenn sie gegart ist, schmeckt sie wässrig. Aber wir versuchen es sicher wieder…
Welche Zutat ist in der vegetarischen Küche unterschätzt?
Hülsenfrüchte haben wir zuvor kaum verwendet, damit bin ich jetzt mehr in Kontakt gekommen. In Fonds lässt sich so eine schöne Viskosität erreichen, aber auch Gerichte können damit zubereitet werden.
Könnten Sie auch ohne Butter und Eier kochen?
Butter finde ich mit verschiedenen Ölen nicht so schwer zu ersetzen. Ohne Eier zu arbeiten, fände ich hingegen schwer. Wir verwenden sie für Flans oder auch für Biskuits oder Glace in der Patisserie beispielsweise. Aber natürlich kann man ohne diese Produkte auskommen, es braucht halt etwas Forschungsaufwand.
Sie gehören zu einer Generation erfolgreicher Köche, die auf Kooperation statt Konkurrenz setzen. Ist das einfach Ihr Charakter, oder findet da ein Mentalitätswechsel statt?
Ich glaube, das liegt an meiner Generation. Während meiner Zeit im Schloss Schauenstein habe ich viele Kollegen kennengelernt, die mir jetzt wieder begegnen. Es macht mir Freude zu verfolgen, was andere machen, und auch hier möchte ich das Positive beim anderen sehen. Es ist doch toll, wenn ein Kollege mit dem, was er macht, Erfolg hat. Damit nimmt er mir ja nichts weg, Neid wäre da völlig fehl am Platz.
Welche Kollegen beeindrucken Sie besonders?
Daniel Zeindlhofer und Ines Triebenbacher vom «Igniv» in Zürich beispielsweise schätze ich enorm für ihre offenherzige Art und ihre Gastgeberqualitäten. Oder Markus Stöckle vom «Rosi» für seine gute Form der Verrücktheit – bei solche Leute spürt man ja auch die Freude an der Sache.
Sein einiger Zeit gibt es einen inoffiziellen Wettbewerb um die schönste Glace-Nocke. Wie kam es dazu?
Das entstand bei uns im «Magdalena», als jeder dachte, er macht die schönsten Nocken. Da haben eine freundschaftliche Konkurrenz daraus gemacht und sobald wir in einer anderen Küche waren, haben wir dort den Kampf weitergeführt, es wurde ein Social-Media-Event daraus und mittlerweile ist es ein Thema. Wir gehen aber auch vor dem Service mit dem Team auf den Basketball- oder Fussballplatz. Bei diesen Challenges entsteht auch ein starker Zusammenhalt.
Sie machen fast alles anders als die Küchenchefs der letzten dreissig Jahre, aber bei einer Nocke Eis setzen Sie auf traditionelle Perfektion?
Da sind wir klassisch unterwegs. Vielleicht ist das auch unsere Art der Respektbezeugung: Wir schätzen ja die Vorbilder der französischen Klassik und wollen zeigen, dass die wichtig waren und bleiben.
Was ist für Sie das Faszinierende am Kochen?
Die Entwicklung von etwas Neuem ist für mich das Schönste. Oft fehlt mir dafür die Zeit, was wirklich schade ist. Weil es ein besonderer Moment ist, wenn ich abschalten kann, um im Kopf etwas zu konstruieren. Danach probiere ich es aus und sehe schliesslich die Freude der Gäste, wenn es gelungen ist.
Gibt es etwas, was Sie in der Küche nicht gerne tun, und als Chef deshalb gerne delegieren?
Eigentlich bin ich nicht so gerne Chef. Mein Sous-Chef Noah Bachofen übernimmt dann die Anweisungen, er kann das hervorragend, und dafür schätze ich ihn sehr. Mit der Disharmonie kann ich nicht so gut umgehen. Sie entsteht zum Beispiel, wenn man jemandem sagen muss, dass etwas gerade nicht so gut war und sorgt für eine komische Stimmung.
Sind Sie eher der leicht introvertierte Kreative?
Das trifft es ganz gut, in dieser Rolle fühle ich mich wohl. Aber gewisse Dinge kann man auch trainieren. Mittlerweile macht es mir beispielsweise Freude, mit den Gästen ins Gespräch zu kommen. Das war am Anfang auch schwer.
>> Dominik Hartmann, 30, führt seit Anfang 2020 mit seiner Frau Adriana und Geschäftspartner Marco Appert das «Magdalena» in Rickenbach SZ. Seit 2022 wird ausschliesslich vegetarisch gekocht, das Restaurant ist mit 16 Punkten und zwei Sternen bewertet.