Text: Kathia Baltisberger Fotos: Olivia Pulver

Faszination. Rolf Fedier gibt einen Schrei von sich: Es klingt wie ein Mix aus dem Ruf eines amerikanischen Ureinwohners und sehr lautem Jodeln. Kurz darauf springen etliche Lamas den Berg hinunter. Die Tiere wissen: Wenn Rolf so ruft, gibt’s ein «Zückerli». Familie Fedier züchtet seit fünf Jahren Lamas im Maderanertal im Kanton Uri. Mit vier Tieren haben sie angefangen, heute sind es 34. Die Alpen sind kein ungeeigneter Ort. «Ganz oben auf der Alp fühlen sie sich richtig wohl», sagt Rolf Fedier. Als der Urner zusammen mit seiner Frau Gerda den Hof seines Vaters übernommen hatte, standen noch Schafe am Hang. Eine Weile behielten sie die Schafzucht bei, doch eigentlich liebäugelte Rolf stets mit einer Lamazucht. «Seit ich weiss, dass es Lamas gibt, spreche ich davon. Das sind meine Tiere, sie entsprechen einfach meinem Wesen», erklärt der 37-Jährige seine Faszination. 

Bristen Lama und Gasthaus im Feld Gurtnellen

Hallo? Die Bristen-Lamas sind neugierig und zahm. Gespuckt wird nicht.

Bristen Lama und Gasthaus im Feld Gurtnellen

Rolf Fedier hat seit fünf Jahren Lamas. Soleil ist das erste, das in der Fedier-Zucht geboren wurde.

Fleischlieferant. Die Lamas der Fediers dienen vor allem einem Zweck: Sie sind Fleischlieferant. «Für mich war von Anfang an klar: Wenn man ein Tier züchtet, muss man es auch nutzen.» Als sich Rolf bei einem Lama-Züchter im Entlebuch informiert, fragt er direkt, ob er das Fleisch probieren könne. Er kann – und ist begeistert. «Lamafleisch ist nahe beim Wild, aber geruchsärmer. Es ist zart und hat wenig Fett.» Aus dem Fleisch gibt’s Trockenfleisch und Lama-Wurst, beides kann man im «Alpenkiosk» an der Talstation Golzeren kaufen. 

Bristen Lama und Gasthaus im Feld Gurtnellen

Die Lamas sind Fleischlieferant und können für Trecking genutzt werden.

Bristen Lama und Gasthaus im Feld Gurtnellen

Das Maderanertal: ein Paradies in den Urner Alpen.

Bristen Lama und Gasthaus im Feld Gurtnellen

Auch Elias Fedier packt manchmal mit an - mehr oder weniger freiwillig.

Hacktätschli & Haxen. Wer es noch etwas exklusiver will, kehrt im Gasthaus im Feld in Gurtnellen ein. 16-Punkte-Chef Beat Walker und sein Partner Marco Helbling haben Lama-Schmorbraten auf die Karte geschrieben. Daneben gibt’s auch mal Lama-Hacktätschli oder Lama-Haxe. «Ich kaufe und verwerte jeweils ein ganzes Tier», sagt Walker. Einzelne Stücke wie Entrecôte, Filet oder auch Leberli gibt es natürlich nicht endlos. Wer das als Tagesempfehlung vorgeschlagen bekommt, sollte dringend zuschlagen.

Handzahm. Rolf Fedier hat Soleil ans Halfter genommen. Sie ist das erste Lama, das in Bristen bei Familie Fedier zur Welt kam. Mittlerweile überragt es Rolf um mehrere Haaresbreiten. «Klapp die Ohren hoch, so bist du keine Liebe!», schimpft er liebevoll mit dem Tier. Auch wenn meist von spuckenden Lamas die Rede ist, aggressiv sind sie nicht. Wenn sie spucken, dann gegen andere Tiere – Futterneid oder Machtkämpfe können der Auslöser sein. «Meine Tiere sind sonst aber handzahm.» 

 

Baby-Lamas sind tabu! Die beiden Fedier-Kids, Elias, 10, und Laura, 8, beweisen, was der Papi sagt. Sie rennen durch die Herde, lassen die Lamas aus ihren Händen fressen, streicheln sie sanft. Aber nur am Hals! An den anderen Stellen mögen sie das nicht. «Baby-Lamas streicheln ist auch tabu. Den kleinen schenkt man eigentlich keine Beachtung, sonst gibt es eine Fehlprägung: Das Lama fängt an, den Menschen als Kollegen zu sehen. Und wenn ein ausgewachsenes 160-Kilo-Lama ein bisschen spielen will, wird es gefährlich.» 

Bristen Lama und Gasthaus im Feld Gurtnellen

Photomomb: Beim Shooting drängen sich die Lamas gerne in den Vordergrund.

Bristen Lama und Gasthaus im Feld Gurtnellen

Laura hat die Lamas fest im Griff und ist gleichzeitig sehr liebevoll zu den Tieren.

Viel Auslauf. Von Juni bis September sind die Tiere auf der Alp, zusammen mit 150 Kühen von verschiedenen Bauern im Maderanertal. Ein Hirte schaut jeden Tag nach den Tieren. Im Winter sind sie auf dem Hof der Fediers im Stall. Wichtig ist, dass sie eine riesige Auslauffläche haben. Und dann müssen auch die Kids ran: Heu geben, ausmisten und alles, was dazu gehört. Auf die Frage, ob sie das gerne mache, antwortet Laura mit einem langen «Ääähhhm...» – «Selbstverständlich!», wirft der Papi ein. Die Bristen-Lamas sind definitiv ein Familienprojekt.

 

Nischenprodukt. Bis die Tiere geschlachtet werden können, dauert es etwa zwei Jahre. «Es ist eine sehr extensive Zucht», sagt Fedier. Der Preis ist etwas höher als Rindfleisch. «Ich möchte aber nicht, dass wir uns im Luxussegment bewegen.» Lama ist auch kein Massenprodukt. Momentan schlachtet Rolf Fedier zehn Tiere pro Jahr. «Meistens bin ich etwas knapp mit Fleisch. Es gibt einen Markt, aber es bleibt ein Nischenprodukt.»

Bristen Lama und Gasthaus im Feld Gurtnellen

Der frühe Vogel fängt das Lama: Rolf Fedier ist oft schon bei Tagesanbruch auf der Alp.

Bristen Lama und Gasthaus im Feld Gurtnellen

Tabu! Die kleinsten Lamas darf man nicht streicheln. Es führt zu einer Fehlprägung.

Die Gäste mögen es. Als Beat Walker erstmals von Rolf Fedier gelesen hatte, war er bereits fasziniert. «Ich kam von der Idee wieder ab. Sonst denken wieder alle, wir spinnen», erinnert sich Beat Walker. Doch dann kam Rolf Fedier selbst auf die Gastronomen zu. «Beat war sofort euphorisch. Ich war skeptisch – wie immer», sagt Marco Helbling und lacht. Doch der Gastgeber wird eines Besseren belehrt. «Lama als Delikatesse ist zwar noch nicht etabliert, aber es kommt sehr gut an bei den Gästen.»

 

>> Gasthaus im Feld
Dorfstrasse 56 (Feld)
6482 Gurtnellen

 

www.feld.ch

www.bristenlama.ch