Text: Elsbeth Hobmeier | Fotos: Monika Flückiger
Donna in pink. Die kleine, zierliche Frau mit auffallenden pinken Haaren rührt unentwegt in einem grossen Topf und spricht dazu in ihr Headset. Weit über hundert Personen sind ganz Aug und Ohr, die Herren in gediegenem Anzug, die Damen im eleganten Kleid. Ort der Handlung: die italienische Botschaft in Bern. Anlass: Eine Woche der italienischen Küche, weltweit zelebriert. Gefeiert wird die Geselligkeit, Nachhaltigkeit und Innovation unserer südlichen Nachbarn, eingeladen dazu sind Freunde und zugewandte Orte, darunter die Botschafter und Ambassadoren anderer Länder, die in Bern stationiert sind. Zwischendurch spricht Silvio Mignano zu den Gästen, der Ambassadoren und Gastgeber des Abends. Er stellt die Frau am grossen Topf vor: Christina Bowerman. Er erzählt von ihrem Werdegang, ihrem Engagement für die Umwelt, ihrem Können, ihrer Verdienste um die italienische Küche, die als einzige Frau in Rom mit einem Michelin-Stern geadelt wurde.
Die Weltreisende. Bevor Cristina Bowerman zum Showkochen vor den Gästen antritt, nutzen wir die Gelegenheit, uns mit ihr über ihre Ziele, ihre Pläne, ihr Engagement zu unterhalten. Nein, sie sei alles andere als eine typische italienische Köchin, denn sie arbeite in ihrem Restaurant Glass Hostaria im Römer Stadtteil Trastevere sehr kreativ und verleihe den klassischen Zutaten eine neue Form. Aber eben, auch das sei Italien: hervorragende Produkte und grosses Wissen um deren beste Zubereitung. Momentan ist sie eine Weltreisende in Sachen italienische Küche. Vor zwei Tagen noch in Montevideo in Uruguay, heute in Bern, morgen in Lissabon in Portugal, dann zu Thanksgiving geht es nach Trani in Apulien. Und dann, ja dann geniesse sie ein paar Tage Auszeit mit ihrem Sohn in Milano. In Zürich findet zurzeit der Event «The5» statt, wo sie ein sous-vide zubereitetes Lamm mit Sumach und pulverisiertem Blauschimmelkäse beisteuert. Die anderen Chefs: Silvia Manser, Stefan Wiesner, Patrick Mahler und René Frank. Am Eröffnungstag war sie anwesend und staunte: «Die Gerichte meiner Kollegin und meiner Kollegen waren super!»
Think big, dream big! In Italien, aber auch weltweit gibt es nur wenige Spitzenköchinnen. Warum ist das so? «Die Mammas prägen bei uns zwar den heimischen Herd, aber die Spitzenpositionen der Top-Küchen sind nicht unbedingt familienfreundlich und dazu auch sehr fordernd.» Sie bedauert diese Zurückhaltung und tut alles, um für Mädchen und junge Frauen ein Vorbild zu sein. «Das ist eines meiner grossen Ziele. Ich beschwöre jedes Mädchen, an sich zu glauben. Think big, dream big!», sagt die Süditalienerin, die viele Jahre in ihrer Wahlheimat Texas gelebt hat, bevor sie in Rom ihr Restaurant eröffnete, inzwischen mit Filialen in der Türkei und in China.
Eleganter Orzotto. Und was kochte sie für die Gäste in der italienischen Botschaft? «Ein einziges Gericht, einen Eintopf, einen Orzotto», sagt sie und zeigt auf die Schälchen, die sie für das Showkochen vorbereitet hat: Orzo (Gerste) ist eine Art Pasta, die wie Reiskörner geformt sind. In den grossen Topf kommen Cacio e Pepe, also Peccorinokäse und Pfeffer, beides sehr römische Zutaten.» Sie kocht (in einer Gemüsebouillon), würzt (mit geriebenen Salzzitronen), rührt und rührt. Es schmeckt hervorragend, und man hätte gerne mehr davon gegessen.