Interview: Siméon Calame I Fotos: Sedrik Nemeth
Auf zu neuen Ufern! Freitag, 21. April 2023, 22.06 Uhr. Didier de Courten betritt den Saal seines Restaurants im Hôtel Terminus in Sierre. 62 Gäste applaudieren. Sehr lange. Es ist ein emotionaler Moment: Der 17-Punkte-Koch - und Spitzensportler, der die Strecke Sierre-Zinal in weniger als drei Stunden rennt - hat im «Terminus» sein letztes Dinner serviert. Hier hat er sein Metier erlernt, zusammen mit seiner Frau Carmélina den Koch-Olymp betreten und dann nach 15 Jahren mit 19 Punkten den Rücktritt in Raten angekündigt. Der beste Koch im Wallis übernimmt eine neue Aufgabe: Berater der Bergbahnen von Grimentz-Zinal. Ehrgeizige kulinarische Projekte stehen an. Grosses Bild oben: Didier de Courten mit Frau Carmélina.
Didier de Courten, gerade haben Sie im «Terminus» Ihr letztes Dinner zubereitet.
Es waren viele Emotionen dabei. In der Küche lief alles wie gewohnt. Wir wollten unseren Standard bis zum letzten Abend halten. Aber dann rauszugehen in den Saal, das war schon schwieriger. Der grosse Applaus der 62 Gäste hat mich sehr berührt. Die Begegnungen danach gingen mir teilweise sehr nahe. Ein Mann beispielsweise fiel mir weinend in die Arme! Er war seit 18 Jahren unser Gast.
Fällt Ihnen der Abschied schwer?
Ich begann am 2. Juli 1984 hier im «Terminus» meine Lehre, bildete mich weiter und kam 2005 zurück, um 18 Jahre zu bleiben! Ich bin mit diesem Haus sehr verbunden. Meine Frau Carmélina und ich haben hier unsere Geschichte geschrieben. Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass ich die Lichter hier ohne Frösteln lösche.
Waren Sie vor dem letzten Service ausgeglichen?
Ja, denn seit neun Monaten leben wir mit dem Gedanken, dass am 21. April 2023 der Schlussstrich gezogen wird. Das war keine Überraschung mehr. Trotzdem: Da war dieses kleine Zittern, dieser leichte Stress, der mich vor jedem Service daran erinnert, dass nichts sicher ist und dass man sich immer gleich gut schlagen muss wie beim ersten Mal, egal wie weit man es gebracht hat.
19 Punkte, zwei Sterne, «Koch des Jahres 2005», Aufnahme in die Liste der «1000 besten Restaurants der Welt»: Sie sind berühmt geworden, über die Landesgrenzen hinaus.
Sicher, aber ich bin vor allem glücklich, dass ich im Wallis Zeichen gesetzt und etwas erreicht habe. Ich fühlte mich nie als Starchef, sondern als einer, der die Fahne unserer Region hochhält. Mein Beruf ist es, die Produkte zu veredeln, die hier täglich mit grosser Passion hergestellt werden. Diese Walliser Produzenten und ich marschierten quasi Hand in Hand.
Was wird aus Ihren Mitarbeitern?
Sie haben alle eine Stelle gefunden oder wissen, was sie später tun werden. Ein Patissier geht ins «Maison Wenger» nach Le Noirmont, ein Koch ins «Valrose» Rougemont, einige bleiben im Wallis, andere gehen ins Ausland. Einige nehmen eine Auszeit und kehren der Gastronomie den Rücken. Ich habe allen bei der Stellensuche geholfen. Ich würde keinen von ihnen am Strassenrand stehen lassen.