Text: Kathia Baltisberger Fotos: Digitale Massarbeit
Neustart. In der «Tenne» in Gluringen VS ist alles neu. Chef Fernando Michlig und seine Frau Luzia waren während des Lockdowns alles andere als untätig. Sie haben das Restaurant und das Hotel renoviert. Die Küche ist neu, das Restaurant grösser, der Keller erstrahlt in neuem Glanz – und dabei haben sie sogar noch Zeit zum Heiraten gefunden. «Corona war für uns nicht so schlimm. Wir hätten das Restaurant sowieso für den Umbau geschlossen. Wir mussten nur zwei Tage früher schliessen als geplant», erzählt Michlig. Der Walliser hat die «Tenne» vor einem Jahr von seinem Vater Ewald Michlig übernommen, der sie 43 Jahre lang führte.
Die strengste Zeit. Doch der neue Chef wirft nicht alles über den Haufen, was Jahrzehnte lang gut war. «Nando» ist ein leidenschaftlicher Jäger genau wie sein Vater. Die Wildsaison ist ein Highlight für ihn – als Koch und Jäger. «Das ist eigentlich die strengste Zeit des Jahres», sagt er. Der Grund? «Wild ist für viele Gäste etwas, das man auswärts isst und sich weniger zu Hause macht.» 2020 war aber nicht das Jahr, um gross «auf die Pirsch» zu gehen. Denn die zweiwöchige Hochwildjagd im Wallis ist zum einen eine Ansitzjagd – es wird gar nicht gepirscht, die Jäger sitzen während mehreren Stunden ganz ruhig und versuchen die Hirsche im Dickicht auszumachen. Das kann auch mal bis zu 13 Stunden dauern.
Mehr als schiessen. Zum anderen war einfach der Terminkalender der Michligs zu voll. «Jagen ist ein Hobby, der Betrieb geht ganz klar vor.» Neben dem eigenen Betrieb kocht Michlig seit vier Jahren auch noch für den Mittagstisch der örtlichen Schule. Auf Wildgerichte verzichten müssen die Gäste aber nicht. Fernandos Jagdfreunde versorgen den Jeune Restaurateur mit Hirsch, Vater Ewald geht auch noch im Schwarzwald jagen. Im Wallis jagt man Hirsche, Rehe, Gämsen. Es gibt auch Wildhasen, Alpenschneehühner und Birkhähne, doch die lässt Fernando Michlig in Ruhe. Für den 13-Punkte-Chef geht es beim Jagen um weit mehr als das Schiessen. «Ich geniesse die Natur, ich habe Bewegung. Es geht um die Kameradschaft und das Hüttenleben. Wir gehen auch nicht einfach zwei Wochen auf die Jagd und während dem Rest des Jahres machen wir nichts. Wir hegen und pflegen das Jagdgebiet.»
Dreierlei vom Hirsch. Zurück in der Küche gibt es viel zu tun. Zum Beispiel Rotkraut zubereiten. «Die Beilage ist auf jedem Teller. Ich brauche etwa 50 Kilo pro Woche.» Auch das Wursten hats dem 39-Jährigen angetan. «Das mache ich wirklich sehr gerne.» Hirsch, Reh, Schwein und eine Gewürzmischung machen die grobe Wildwurst zu einer sehr schmackhaften Herbst-Delikatesse. Die Gäste mögen aber auch Entrecôte und Rehrücken. In der Schweiz gebe es aber zu wenig Wild, um nur diese Edelstücke zu servieren. Der «Kompromiss» ist ein Dreierlei vom Hirsch: Pfeffer, Wurst und Entrecôte. Dazu gibt’s Selleriepüree und Rosenkohlblätter. Keine Kompromisse gibt es beim Wein: Hier werden ausschliesslich Walliser Weine ausgeschenkt.
Versteckte Suppe. Auch eine Wildterrine hat er auf der Karte. Und natürlich die Kürbissuppe. Der Suppenteller hat einen Deckel, darauf befindet sich Lachs aus Schottland, den Michlig selbst räuchert. «Wir hatten auch schon Gäste, die gar nicht gemerkt haben, dass sich da noch Suppe unter dem Deckel befindet. Beim Abräumen war der Teller etwas schwerer als sonst», erzählt Luzia Michlig und schmunzelt. Die Aargauerin ist seit über sechs Jahren im Wallis und schmeisst neben Hotel und Service auch noch das Sekretariat der Jeunes Restaurateurs.
Gourmet- und Skibeiz. «Wir machen immer ein bisschen den Spagat», erzählt Luzia. Im Winter sei das Lokal voll mit Skifahrern und Langläufern, die Schnitzel und Pommes oder Hamburger wünschen. Am Abend bereitet Michlig auch gerne ein Menu Surprise im Gourmetbereich zu. Doch der Umbau verleiht der «Tenne» nicht nur einen frischen Look, die neue Raumfaufteilung dürfte auch dafür sorgen, dass die Michligs den Spagat locker schaffen.
>> Tenne
13 Punkte
Furkastrasse 2
3998 Gluringen