Text: Patricia Heller Fotos: HO
Balfego, Wagyu-Short Rib & «Der Stein». Tobias Funke ist angekommen: Der junge, ziemlich ehrgeizige Chef führt die «Fernsicht» in Heiden AR. «Fernsicht» steht für Gourmet-Höhenflüge. Aber auch für Fun, Schweizer Küche und «Green Egg»-Kurse. Highlight im Gourmetrestaurant «Incantare»: Funkes Siebengänger, der in fleissigem Rhythmus immer wieder erneuert wird. Höhepunkte im Moment: Das geschmorte Perlhuhn-Schenkelfleisch mit «Cornes des Gattes»-Kartoffeln in drei Zubereitungsarten zur Begrüssung. Das hauchdünn geschnittene Sashimi vom Balfego-Tuna (Toro!) auf Inka-Wurzeln (Yacon Morado). Das 36 Stunden lang geschmorte Short Rib vom australischen Wagyu. Und natürlich die Desserts: Kay Baumgardt gehört zu den besten Patissiers im Land: «Saure Schokolade» mit karamelisierter Brioche, Sesameis und Zitrusfrüchte, «Der Stein» mit geröstetem Roggenmehl-Joghurt, Granny Smith und Alpenkräuter-Kombucha. Kay: «Ich mache meine Desserts ohne weissen Zucker!». Genial & gut. Grosses Bild oben: Die Fernsicht-Brigade von links: Tobias Funke, Kay Baumgardt, Vicky Orosz, Zoltan Krasnqi, Martin Weber.
Die «Ike Jime»-Technik. Tobias Funke investiert viel für den Erfolg. Er hat einen guten Kontakt zu engagierten Gemüsebauern der Region. Und er ist auch mit seinem Fischhändler Bianchi in engem Dialog: «Ich möchte Fische, die nach der schonenden «Ike Jime»-Technik getötet werden. Nach langem Suchen sind wir in der Bretagne fündig geworden.» Funkes Loup de mer ist so ein Fisch (besonderes Merkmal: Ein kleiner Einstich zwischen den Augen), und der Chef schwärmt von der Qualität, vom kräftigen Fleisch. Angerichtet wird mit fermentiertem Spargel, Miso, Butter und neckischen «Würfeli» von Bellota-Schinken. Ein starker Gang.
100 Prozent Schweiz. In der «Fernsicht» gibt es ein zweites Restaurant mit grosser Terrasse, mit klarer Ausrichtung: Swiss Alpine-Küche! Funke: «Wir möchten zu 100 Prozent Schweizer Produkte verwenden. Bei 99 Prozent sind wir jetzt angelangt. Das Menü liest sich gut: Gemüsegarten mit Basilikumsorbet, Zanderfilet vom Lago Maggiore mit Vin Jaune-Schaum, Kalbshuftdeckel und Kalbspraline mit Spargel und Kartoffelterrine, lauwarmes Rhabarberküchlein mit Cheesecake-Glace und Honig vom Star-Pâtissier. Tobias Funke ist auch Grossmeister am Big Green Egg, und im Winter wird’s ganz wild. Dann wird ein Fondue-Chalet eröffnet, drei Tonnen Käse (!) verarbeitet; ein Eisfeld mit Fernsicht auf den Bodensee gibt’s auch.
Das Pop-up-Hotel. Die «Fernsicht» bietet viel: Hotelzimmer, Smoker’s Lounge, toller Weinkeller. Und auch dieses Jahr ein verblüffendes Pop-up-Hotel. Es steht auf einer Wiese gleich neben dem Haus. Wer eines der zwei Zimmer bucht, kriegt viel: Viel Holz. Design. Romantische Ruhe. Blick auf den Bodensee. Sternenhimmel. Aber auch ein modernes Badezimmer. Motto: «Wo sich Stadtfuchs und Landhase gute Nacht sagen.» Die Pop-up-Zukunft ist ungewiss. Leider.