Text: David Schnapp Fotos: Thomas Buchwalder, David Biedert
Feste Grösse. 400 Gäste, elf Starchefs aus der halben Welt und ein exklusives Ambiente: Das grosse sonntägliche Finale des Gourmetfestivals The Epicure hat sich zu einer festen Grösse im kulinarischen Kalender Zürichs entwickelt. Marc Jacob, Managing Director im Swiss-Deluxe-Hotel The Dolder Grand sagt scherzhaft: «Wir können ja mal schauen, was passieren würde, wenn wir The Epicure einmal ausfallen lassen.» Keine gute Idee, denn an keinem anderen Festival gibt es für einen Tag so viele internationale Top-Chefs auf so engem Raum zu sehen.
Amador kommt im BMW. Einer der unbedingt dabei sein wollte: Juan Amador, der deutsch-spanische Avantgardist, der es kürzlich in Wien zum dritten mal geschafft hat, mit seinem Restaurant drei Michelin-Sterne zu bekommen – etwas, was nur ganz wenigen Köchen gelingt. Der 50-jährige trifft erst kurz vor Start mit einer BMW-Limousine im Dolder ein und wird von Gastgeber Heiko Nieder sehnlich erwartet. Später serviert Amador ein erfrischendes Sommergericht: mit Ponzu marinierter Thunfisch, Gurken-Jalapeno-Eis und Entenleberschnee.
Erstmals dabei: Urs Schwarzenbach. Zum ersten Mal überhaupt besucht Urs E. Schwarzenbach das Epicure-Finale. «Meine Frau und ich reisen jedes Jahr zweimal um die Welt, und bisher hat es einfach nie in den Kalender gepasst», sagt der Dolder-Besitzer, der die Aktienmehrheit an den geschichtsträchtigen Haus 2001 übernommen hatte. «Mich interessiert nur das Bauen und Kreieren», sagt der Financier und Kunstsammler. Sein Sohn Guy Schwarzenbach sei jetzt verantwortlich. Er habe immer schon gerne gegessen, erzählt der Unternehmer dann: «Meiner Schwester habe ich als Zwölfjähriger jeweils die Sachen abgekauft, die sie nicht gern gegessen hat – Zunge zum Beispiel. So gab es für mich zwei Portionen.» Und Schwarzenbach ist vor der Neueröffnung seines Hotels 2008 höchstpersönlich nach Bonn gereist, um einen der drei Kandidaten für den Posten des Gourmet-Küchenchefs im Dolder zu testen: Heiko Nieder hat ihn schliesslich überzeugt.
Warten auf den Kaviar. Längere Warteschlangen bilden sich am Stand von Nick Bril; der Koch (2 Sterne) und DJ aus Antwerpen serviert Hummer an einer umwerfenden Beurre blanc mit Schweizer Butter und fermentiertem japanischem Dashi-Essig sowie Kaviari-Kaviar. «Mir gefällt der Geschmack dieses einige Monate gereiften Kaviars ausgezeichnet», sagt Bril. Auch sein Schweizer Kollege Rico Zandonella mag es edel: «Ich habe dreihundert Tauben bestellt und sogar etwas Gold», erzählt er. Das Gold bedeckt ein Randen-Taboulé, die gebratene Taubenbrust liegt neben einer Foie-Gras-Terrine mit Schokolade – ein typischer Rico!
Eine unglaubliche Sauce. Nur zum Essen, nicht zum Kochen, sind einige Top-Chefs angereist: Nenad Mlinarevic, der 2020 in Zürich ein neues, ambitioniertes Restaurant eröffnet: «Mal schauen, ob ich es noch kann», sagt er ironisch. Mit Nenad unterwegs ist sein Nachfolger im Park Hotel Vitznau, Patrick Mahler, zu sehen sind auch Starchefs mit Legendenstatus: Jacky Donatz und Wolfgang Kuchler. Der ehemalige «Schäfli»-Chef freut sich über die Anwesenheit von Jan Hartwig. Der jüngste 3-Sterne-Koch Deutschlands sei «wie mein zweiter Sohn». Hartwig bereitet eine kleine Umami-Bombe zu: Schweinebauch mit einer unglaublichen guten Sauce, die aus drei Ansätzen besteht: Der erste Fond wird mit Gemüse und Shitakepilzen gemacht, der zweite mit Taubenkarkassen und der dritte mit Kalbsschwanz. Abgeschmeckt wird mit einer 30 Jahre alten Sojasauce.
Prominenter Neugzugang. Erstmals für das Dolder im Einsatz ist an diesem Sonntag der neue Chef-Patissier Christian Hümbs, der zuletzt bei Jan Hartwig im Bayrischen Hof war und sich dann eigentlich selbstständig machen wollte. Doch Dolder Manager Markus Granelli konnte den Dessert-Experten und TV-Star schliesslich überzeugen, nach Zürich zu wechseln. «Ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe, Zürich hat als Stadt die ideale Grösse und das Hotel ist natürlich eine Top-Adresse», so Hümbs. Seine erste Arbeit im neuen Haus: Ein hervorragendes Dessert aus Salatsorbet, drei Wochen fermentiertem Salat, Vanilleessig, Kirschen, Quinoa und weisser Schokolade.
Heikos Steinbutt. Im «The Restaurant» von Heiko Nieder wird aber weiterhin der Chef selbst für die gesamte Karte verantwortlich sein. Unverkennbar ist seine Handschrift beim Gericht für den Final-Sonntag: Der aktuelle Koch des Jahres serviert gedämpften Steinbutt mit Pilzcreme, Steinpilzen, Birne und Senf. «Da niemand anders Fisch zubereitet hat, haben wir das einfach übernommen», erklärt er seine Wahl ganz pragmatisch. Für die Epicure-Gäste ist klar: Heiko Nieder reiht sich nahtlos ein in das hochwertige Lineup von Kochgiganten aus aller Welt.