Thomas Huber, lohnt es sich, einen Fond daheim selber zu machen?
Auf jeden Fall. Anders als bei der Industrieware weiss man dann sicher, was drin ist. Und man kann ihn dem persönlichen Geschmack anpassen. Allerdings würde ich zu Hause keinen komplizierten Kalbsfond mit Knochen und allem, was dazugehört, zubereiten – sonst riecht man das danach in der ganzen Wohnung. Und es ist viel zu viel Arbeit. Aber einen einfachen Gemüse- oder Geflügelfond, wieso nicht?
Sprechen wir erst von der Variante mit Gemüse: Wie gehen Sie vor?
Ich schneide Wurzelgemüse, wie Sellerie, Rüebli, Pastinaken und ordentlich viel Zwiebeln in Mirepoix, also in ungefähr ein Zentimeter grosse Würfel. Mit etwas geklärter Butter oder mit einem neutralen Öl – Erdnuss- oder Traubenkernöl etwa – gebe ich alles auf ein Backblech. Dieses kommt bei 180 bis 220 Grad ins Rohr.
Kann ich Rüstabfälle wie Rüeblischale verwenden?
Die verfüttern sie lieber an Pferde und Hühner oder geben sie in den Kompost. Wer ein gutes Resultat möchte, muss gute Zutaten verwenden. Was jetzt aber nicht heissen soll, dass man das Gemüse für den Fond schälen muss!
Wie lange bleibt das Gemüse im Ofen?
Eine gute halbe Stunde, es soll gut angeröstet sein. Dann mische ich ein wenig Tomatenpüree dazu – das ist wichtig für die Farbe und den Geschmack des Fonds. Nach einer weiteren Viertelstunde ist das Tomatenpüree auch dunkel geworden. Dann gebe ich alles in einen Topf. Und zwar mit so viel Wasser, dass das Gemüse knapp bedeckt ist. Wichtig ist, dass ich das Backblech kurz mit etwas kaltem Wasser stehen lasse, mit einem Spachtel alles sauber auskratze und in die Pfanne gebe. Sonst bleibt zu viel Geschmack auf dem Blech!
Gilt auch bei Fonds: Thomas Huber hat beim Kochen stets das Aroma im Fokus.
Wann kommt das Salz hinein?
Ich gebe bereits etwas Salz dazu, wenn der Fond das erste Mal aufgekocht ist – es hilft dabei, die Aromen aus dem Gemüse zu ziehen. Köcheln lässt man das Ganze ungefähr eine Stunde bei niedriger Stufe. Es soll nur wenig Dampf über der Pfanne aufsteigen, sonst geht auch da viel Aroma verloren.
Welche Kräuter passen?
Thymian oder Majoran eignet sich. Ich würde sie aber erst zehn Minuten vor Ende des Kochvorgangs zugeben, sonst verpufft auch da der Geschmack. Was auch gut ist: Pilze! Sie geben zusätzlich Umami.
Soll ich Lorbeer und Nelken beigeben?
Da sollte man vorsichtig sein – es reicht, wenn man ganz zu Beginn ein einziges Lorbeerblatt und ein geköpftes Nägeli ins Wasser gibt…
Wieso ohne Kopf?
Weil man Nelken ja nicht halbieren kann. (Lacht.) Und zu viel Nelkengeschmack, also von einem ganzen Nägeli, wäre zu viel.
Was ist mit dem Fett, das sich an der Oberfläche bildet? Soll ich es abschöpfen?
Das ist unnötig, wenn ohne tierische Produkte gearbeitet wird! Denn da steckt ordentlich viel Geschmack drin.
Soll ich die Brühe am Ende durch ein Sieb oder ein Tuch passieren?
Es kommt drauf an, was man zu Hause hat. Mir gefallen die sogenannten Mesh-Siebe, die es in verschiedenen Feinheitsgraden gibt. Sie kosten nicht alle Welt. Ich würde den Fond zweimal sieben: Erst müssen die groben Stücke, dann die feinen Trübstoffe raus.
Mirepoix – also kleine Gemüsewürfeli – sind für einen Fond unerlässlich.
Wenn ich einen Fleischfond möchte – reicht es, einfach ein paar Knochen im Ofen zu rösten und zuzugeben?
Einen Geflügelfond kriegt man daheim wohl hin. Ich würde den Rückenknochen von einem Poulet nehmen. Etwas Fleisch darf ruhig noch dran sein, aber keine Haut, sonst wird der Fond zu fettig. Die Karkasse würde ich separat vor dem Gemüse im Ofen rösten, bis sie dunkel, aber nicht schwarz sind. Danach kommt wiederum das Gemüse ins Rohr, ab da geht man gleich vor, wie zuvor beschrieben. Nur die Kochzeit verlängert sich auf anderthalb Stunden.
Wie bewahrt man Fond auf?
Das hängt immer davon ab, was man damit machen möchte. Wer Risotto kocht, braucht grosse Portionen – dann kann der Fond ruhin in eine Flasche gegeben werden. Im Kühlschrank hält er sicher zwei Wochen lang. Wer für Saucen kleinere Portionen braucht, kann sie in Silikonformen fürs Cakes oder in Eiswürfelformen giessen und diese gefrieren. So hält der selbstgemachte Fond noch länger.
>> Starchef Thomas Huber arbeitete in der Krone Sihlbrugg, ausgezeichnet mit 16 GaultMillau-Punkten. Das Mitglied bei den Jeunes Restaurateurs d'Europe verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung in der gehobenen Gastronomie.
Fotos: Thomas Buchwalder / Shutterstock, Madeleine Steinbach, Natalia Brand