Text: Stephan Thomas I Fotos: Nik Hunger
Forellen vom Berg. Wir tauchen aus dem Nebelmeer auf, das Luzern und Kriens verschluckt hat. In Schwarzenberg LU scheint strahlend die Sonne auf die Bäume in Herbstfarben. Von hier führt ein ordentliches, aber schmales Strässchen zum Bauernhof Langerlen. Kreuzen? Keine Chance. Wenn jemand entgegenkommt, heisst es zurückfahren. Unser Chauffeur ist Robert Steuri, Chef im Luzerner «Maihöfli». Den Weg zum abgelegenen Hof nimmt er auf sich, weil hier die Forellen aufwachsen, die auf seinen Tellern landen. Noch tummeln sie sich aber vergnügt in ihrem Betonbecken, das mit Wasser aus der hauseigenen Quelle gespiesen wird. Die Temperatur beträgt übers Jahr konstant 5 bis 7 Grad. Was für uns deutlich zu kalt wäre, ist für die Tiere ideal. Die Bassins sind mit einem Gitter bedeckt, damit Reiher und Milan sie nicht mit einem Take-away verwechseln. Grosses Bild oben: Robert Steuri und Sven Bühler beim «Forellenfischen».
«Ochs am Berg & Fisch is Huus». Auf dem Hof empfängt uns Sven Bühler. Er ist das Familienmitglied, das für die Forellenzucht zuständig ist. Sein Grossvater hat mit der Zucht begonnen, ist ohne Werbung mit einem kleinen Verkauf gestartet. Dann ist die Sache kontinuierlich gewachsen. Die Langerler verkaufen heute ausschliesslich direkt, an Private und an Restaurants wie das «Maihöfli». «Das ist die Zukunft der Landwirtschaft - der Kontakt mit den Leuten», sagt Sven dazu. Da sind Bühlers kreativ: Mit einem Forellen-Abo «Fisch is Huus», oder einem Gourmet-Abend «Ochs am Berg», denn man hält auf Langerlen auch Rinder. Auf dem Herd des Eventlokals simmern in riesigen Töpfen verschiedene Fonds, gehätschelt von Svens Onkel Werner Bühler. Bald ist hier wieder die Brönni-Metzgete. Eine schnell ausgebuchte Sache, auch wenn das Fleisch in diesem Fall nicht vom Hof kommt. Brönni, der Namen des Gastraums, kommt von einem alten Brennhafen, der hier steht. Bühlers haben eine Konzession und brennen noch ab und zu Branntwein oder Schnaps. Allerdings nicht aus wirtschaftlichen Überlegungen. Es geht ihnen einfach darum, das Know-how zu erhalten.
Eintöpfchen. Kreativ ist auch Robert Steuri (31). Sonst hätte er es im «Maihöfli» nicht gleich auf 16 GaultMillau-Punkte und einen Michelin-Stern gebracht. Er spricht hochdeutsch, denn seine Wurzeln sind in Frankfurt. Den schweizerisch klingenden Namen hat er von seiner Frau Liz angenommen. Die vom Hof mitgebrachten Forellen inspirieren ihn zu zwei aussergewöhnlichen Tellern. Voraus ein Forellentatar mit Miesmuscheln, Estragon-Crème, geräucherter Fisch-Mayonnaise, Rettichscheibchen, einem Miniatur-Salat aus Tapioka und Miesmuscheln. Obenauf sitzt etwas Fischmousse, dazu kommt eine Spur Salzzitrone für die Säure. Das Ganze fügt sich zu einem aparten Akkord, der vom klassischen Miesmuschel-Eintopf inspiriert ist.
«Spass muss sein.» Einen ähnlichen Schulterschluss gegensätzlicher Welten sucht und findet Steuri beim Forellen-Gulasch. Zwei Stücke vom Forellenfilet werden mit Gulaschsauce nappiert - hier drückt sich die Frische und Qualität des Fischs besonders gut aus. Dazu gibt es in dekomponierter Form die Beilagen, die zum Gulasch gehören: Die Essiggurken werden mit Sülze zu einer Praline geformt, die Nocke von Sauerrahm ist in Peperoni-Essig-Gel gehüllt, dazu kommt ein kleines Timbale von Sauerkraut. Zum Akzentuieren dient etwas Kräuteröl. Natürlich fehlen auch die Kartoffeln nicht (fermentierte Würfelchen und Stock). «Alle unsere Gerichte haben eine klassische, ja sogar gutbürgerliche Basis», sagt Steuri dazu. «Sie sollen bekannten und unbekannten Geschmack vereinen. Und vor allem: Die Sache soll Spass machen.»