Text: Kathia Baltisberger Fotos: Brunner Fotografie Heiden
Blick unter die Kulisse. Tobias Funke geht auf Tauchstation. Der 16-Punkte-Chef aus der Fernsicht hat auf Sri Lanka vor einem Jahr das Tauchen für sich entdeckt. «Eigentlich hatte ich extrem viel Respekt vor dem grossen, dunklen Unbekannten», erzählt Funke ehrfürchtig. Doch die Angst legt sich und der Chef findet Gefallen. Nicht ganz ohne Hintergedanken: «Ich schaue mir meine Produzenten genau an. In der Schweiz kenne ich jeden, ich gehe auch mal nach Irland auf eine Rinderfarm. Aber unter Wasser war ich noch nie, obwohl wir so viele Nahrungsmittel aus dem Meer haben.»
Zufall. Tobias Funke kontaktiert einen Jakobsmuschel-Taucher in Norwegen, den er aus einer TV-Dokumentation kennt. «Ich habe einfach mal angefragt, ob es eine Möglichkeit gebe, mit ihm zu tauchen. Denn wenn mich etwas interessiert, will ich mir das vertieft ansehen.» Frank Ballack, ein deutscher Auswanderer, ist angetan von der Idee. Per Zufall stellt sich dann heraus: Tobias Funke serviert in seinem Gourmetrestaurant Incantare schon seit Jahren Ballacks Jakobsmuscheln. Er bezieht sie via Bianchi, dem Spezialisten für Fisch, Muscheln und Krustentiere. Genaueres wusste er über den Produzenten allerdings nicht.
Handarbeit. Funke reist also über Oslo und Trondheim auf die Insel Frøya. Auf einem Fischkutter fährt er mit Ballack und seiner Crew zu den besten Stellen für Jakobsmuscheln. Doch erst kommt der Härtetest: Das Europäische Nordmeer ist gerade mal 8 Grad kalt. «Ich musste für diese Temperaturen noch eine zusätzliche Prüfung ablegen», sagt Funke. Geübt hat er schon mal im Februar im Bodensee bei gerade mal 4 Grad. Der Spezialanzug und die Vorfreude lenken den Küchenchef von der Kälte ab. Die Jakobsmuscheln liegen auf dem Meeresgrund. «Am Anzug hat man ein Netz, dann sammelt man die Muscheln von Hand ein. Eine erste Selektion passiert schon unter Wasser. Man nimmt nur die alten, 13- bis 15-jährigen Jakobsmuscheln», erklärt Funke. Kleinere Muscheln, Seesterne oder Krebse flüchten von selbst, der Beifang ist gleich null. «Wenn das Netz voll ist, zieht das Boot es hoch. An einer Stelle haben wir so bis zu 200 Kilogramm Jakobsmuscheln gesammelt.»
«Frischer gehts nicht.» Das Meer vor Norwegen ist kein Taucherparadies wie das Rote Meer oder die Südsee. Trotzdem: «Das klingt jetzt vielleicht etwas kitschig, aber nach dem ersten Tauchgang war ich einfach nur glücklich. Das hat mich extrem beeindruckt», schwärmt Funke. Zurück an Land werden die Jakobsmuscheln nochmals aussortiert – zu kleine gehen zurück ins Meer. Danach werden sie verpackt und verschickt. «Frischer gehts in der Schweiz nicht. Die werden am Morgen getaucht und 24 Stunden später sind sie bei uns in der Küche.» Und zwar lebend. Jakobsmuscheln aus Japan oder den USA kommen entweder schockgefroren oder begast. «Der Qualitätsunterschied ist enorm!», so Funke. So schnell hängt der Chef die Taucherflossen den auch nicht an den Nagel: «Als nächstes schaue ich mir an, wie man nach dem Balfegó-Tuna in Spanien taucht.»