Text: David Schnapp Fotos: HO

Guillaume, warum sind Sie überhaupt Koch geworden?

Als Zwölfjähriger habe ich zuhause angefangen zu kochen. Der Grund war das Essen in der Kantine des Gymnasiums. Es war wirklich nicht gut, und ich habe meine Mutter gefragt, ob wir nicht zu Hause kochen könnten. Sie hat mir einfache Dinge wie Pasta beigebracht und mit 16 habe ich meine Lehre in einem kleinen Restaurant in Tours begonnen.

 

Sie haben als Chef die halbe Welt bereist, Sie haben in New York, Peking oder Macau gearbeitet und sind jetzt in Hongkong. Sie haben es weit gebracht…!

Nach meinem Lehrabschluss mit 18 Jahren verliess ich meine Heimat Richtung Südfrankreich. Dort arbeitete ich in einem 3-Sterne-Restaurant, und durfte schon bald für Gastauftritte auf Reisen gehen. Ich war unter anderem in Kanada und 2001 für zwei Wochen in Singapur. Die Atmosphäre und die Kultur da haben mich sofort fasziniert.

 

Was fasziniert sie an Asien?

Mir gefällt der Mix der Kulturen. Singapur war aus kulinarischer Sicht für mich voller neuer Gewürze, Einflüsse und Geschichten. Diese Reichhaltigkeit hat mich angezogen, und als ich 2005 mit 25 Jahren meine erste Chef-Position in Peking angetreten habe, haben mich meine Kollegen gefragt, was ich denn da wolle. Zu dieser Zeit hatte China noch nicht dieselbe Strahlkraft wie heute, mein Karriereschritt war eher ungewöhnlich. Aber das Wagnis hat sich gelohnt.

 

Welche asiatische Küche bevorzugen Sie persönlich?

Ich mag Thaifood sehr oder die malaysische Küche. Unter den chinesischen Küchen bevorzuge ich die Leichtigkeit und Raffinesse der kantonesischen Küche gegenüber der Küche des Nordens.

Sie kombinieren die Ideen der französischen Küche mit den Aromen der Welt. Oder wie würden Sie es beschreiben?

Meine Basis ist in Frankreich, aber seit 16 Jahren bin ich auf der Welt unterwegs. Ich mache eine Reiseküche mit französischer Basis, wenn Sie so wollen. Es gibt in meinem Kochstil eine natürliche Entwicklung. Eine Consommé setze ich zum Beispiel nach der klassischen französischen Technik an, aber sie bekommt dann vielleicht mit etwas Ingwer einen Hauch Exotik. 

 

Im Januar kommen Sie ans St. Moritz Gourmetfestival. Welche Pläne haben Sie für die Schweizer Berge?

Ich habe mir das Programm angesehen, und es sieht nicht nach viel Freizeit aus, um zum Beispiel Ski zu fahren (lacht). Aber ich bin sowieso eher der Eishockeyspieler. Wir werden sicher meine Signature Dishes wie den Krabbensalat, die Racan-Taube in der Kakao-Schale oder den Hummer mit Trüffel und Comté-Sauce zubereiten.

 

Wie ist eigentlich die berühmte Racan-Taube entstanden?

Als ich 2012 in Macau war, habe ich angefangen daran zu arbeiten. Ich wollte die Taube anders präsentieren. Und im Restaurant hatten wir eine Theke aus Kakao-Schalen. Als ich eines Tages daran vorbeigegangen bin, dachte ich, «das ist es.» Ich habe eine trockene Kakao-Schale genommen und die Taube darin gegart. Wir haben lange daran herumprobiert, weil die Bohnen dürfen im Innern nicht zu trocken sein, sonst werden sie bitter, und das will ich nicht. Auch die Suche nach den richtigen Beilagen hat lange gedauert. Die richtige Lösung sind Feigen: nicht wegen der Süsse sondern wegen den Fruchtnoten. So kam es zur Kombination aus Taube, Kakao und Feigen.

 

>> Guillaume Galliot, 37, hat kürzlich für sein Restaurant «Caprice» im «Four Seasons» in Hongkong den dritten Michelin-Stern erhalten. Zuvor hatte er bereits im «The Tasting Room» in Macau zwei Sterne und war unter anderem in New York, Peking und Singapur tätig. Vom 12. bis 14. Januar 2019 ist Galliot Gast von Küchenchef Fabrizio Zanetti im «Suvretta House» für das St. Moritz Gourmetfestival.