Interview: Kathia Baltisberger | Fotos: Olivia Pulver

Heinz Rufibach, die Sommerferien sind in vollem Gange. Was mögen Sie lieber, die Sommer- oder die Wintersaison?
Coole Frage. Wenn ich im Sommer den Berg hochwandere, freue ich mich darauf, im Winter mit den Skiern wieder runterzufahren. Und im Winter denke ich bereits daran, wie ich im Sommer hochlaufe. Ich liebe beide Jahreszeiten wirklich sehr.

Die Bahnhofstrasse ist proppenvoll. Sind die ausländischen Gäste endgültig zurück in Zermatt?
Ich mag es, wenn etwas los ist. In den letzten beiden Jahren hatten wir viele Schweizer Gäste. Die sind in diesem Jahr nicht mehr ganz so zahlreich. Dafür sind die Gäste aus Asien zurück. Mir fällt das ja gar nicht so auf. Aber meine Frau, die bei Hublot arbeitet, erzählt mir immer, welche Gäste gerade in Zermatt sind.

Zermatterhof Zermatt - Heinz Rufibach - 07/2023 - Copyright Olivia Pulver

Heinz Rufibach managt im Zermatterhof drei Restaurants plus Room Service.

Aemme ShrimpsBlumenkohl / Edelweiss / Rettich / Swiss Caviar Oona 103 - Zermatterhof Zermatt - Heinz Rufibach - 07/2023 - Copyright Olivia Pulver

Vorspeise aus Rufibachs «Heimat»-Menü: Aemme Shrimps mit Blumenkohl, Rettich und Oona-Kaviar.

Sie sind im Zermatterhof Chef von drei Restaurants. Das mit 16 Punkten bewertete Prato Borni, die 13-Punkte-Brasserie Lusi und das Käse-Lokal «Saycheese». Wie gut läuft das «Saycheese» im Hochsommer?
Fondue kann man das ganze Jahr essen. Ich liebe Fondue im Sommer. Weil die Nachfrage so gross ist, haben wir jetzt sogar zwei Köche angestellt. Und es kommen längst nicht nur Touristen. Wichtig ist die Qualität des Käses. Fürs Fondue haben wir eine mildere und eine rezentere Mischung. Und wir verwenden nicht einfach einen Kochwein, sondern Walliser Fendant. Und obwohl man sagt, dass man altes Brot fürs Fondue nehmen sollte, backen wir unser Brot à la minute auf. 

Und wie halten Sie es mit dem Käse fürs Raclette?
Wir haben drei verschiedene Sorten. Der Zermatter Käse ist der mildeste und hat einen schönen Schmelz. Dann haben wir einen Käse aus dem Goms und einen aus dem Val de Bagnes. Letzterer ist das Nonplusultra, richtig rezent und im Unterwallis Kult.

Im Prato Borni geniessen die Gäste ein Menü «Heimat» oder «Fernweh». Was sind Ihre liebsten Produkte aus der Heimat?
Im Moment bin ich Fan von den Aemme Shrimps. Ich bin durch Stefan Beer vom Victoria Jungfrau in Interlaken darauf gekommen. Der Witz daran: Die Zucht befindet sich in Burgdorf BE. Ein Teil der Anlage steht aber auf Boden von Kirchberg – der Gemeinde, in der ich aufgewachsen bin. Das ist also wirklich Heimat. Manchmal ist es mit der Beschaffung solcher Produkte nicht ganz einfach. Zum Beispiel beim Safran aus Mund VS. Aber Gaston Zeiter («Zum Zähringer», Bern) ist mein Safran-Dealer. Er beschafft mir ab und zu ein paar Gramm. 

Und wann greifen Sie auf Produkte aus der Welt zurück?
Ich bin Mitglied vom Irish Beef Club. Ende Mai war ich in Irland und war begeistert. Die Tiere leben auf riesigen grünen Matten und die Kälber dürfen bei der Mutter bleiben. Ich mag auch lieber Austern aus Irland als aus Frankreich. Scampi aus Südafrika sind einfach ein gutes Produkt. Foie Gras ist heute eher verpönt, aber die Gäste wollen es einfach. Die Qualität muss stimmen, da gehe ich keine Kompromisse ein. In der Schweiz haben wir auch sehr gute Produkte, wie zum Beispiel das Alpstein-Geflügel oder die Apfelschweine von Bianchi, die durchaus konkurrenzfähig sind. 

Am 25. August organisiert Taste of Zermatt die berühmt-berüchtigte Kitchen Party. Alles, was in Zermatt Rang, Namen und Punkte hat, kocht bei diesem Event. 
Für die Gäste ist das ein absolutes Highlight. Sie können an einem Abend alle GaultMillau-Köche von Zermatt erleben. Das ist einmalig. Dass immer alle Köche zusagen, ist auch unglaublich. Denn die Organisation ist eine Herausforderung. Gewisse Köche haben Mittagsservice auf dem Berg, bereiten das Mise en Place vor, kommen ins Dorf und schicken nochmals 240 Portionen. Und auch die anderen Betriebe müssen sich organisieren, schliesslich haben die Restaurants trotz Kitchen Party offen. Ich habe es gut, weil die Party unter anderem im Zermatterhof stattfindet.
 

Rouget BarbetAubergine / Tomaten / weisser Tomatenschaum / Basilikumöl - Prato Borni - Zermatterhof Zermatt - Heinz Rufibach - 07/2023 - Copyright Olivia Pulver

Die Rotbarbe serviert Rufibach mit Aubergine und Tomaten.

Man hat das Gefühl, dass es die Chefs in Zermatt richtig gut untereinander haben. Gibt es kein Konkurrenzdenken?
Wir sind Mitstreiter, nicht Konkurrenten. Als ich vor 27 Jahren nach Zermatt kam, war das noch anders. Damals hat man noch nicht zusammengearbeitet. Mittlerweile sind junge Hoteliers am Drücker, die sich noch aus der Schule kennen. Sie sind in die Welt hinausgezogen und kamen mit einem Rucksack voller Erfahrung zurück. Darunter ist ganz viel Wertvolles. Man hat gemerkt, dass man miteinander viel weiterkommt. 

Sie sind der Star im Zermatterhof, führen drei Restaurants. Wie schätzen Sie den Stellenwert der Köche in den Hotels ein?
Koch sein wurde zum Lifestyle. Wenn ich beim Zahnarzt ein Heftli durchblättere, ist garantiert ein Koch drin. Schalte ich den TV ein, wird irgendwo gekocht. Wir Köche sind nicht mehr einfach im Keller unten. Ich habe im Prato Borni eine Showküche. Wir interagieren mit den Gästen. Wir bringen mal ein Amuse-bouche und kommen ins Gespräch. Ein Koch darf sich heute präsentieren. Dadurch ist die Hemmschwelle zwischen Koch und Gast nicht mehr so hoch. Die Medien tragen auch ihren Teil dazu bei. Und das haben auch die Hotels gemerkt. Womit macht man denn Werbung? Mit den Restaurants. 
 

Zermatterhof Zermatt - Heinz Rufibach - 07/2023 - Copyright Olivia Pulver

Heinz Rufibach lebt seit 27 Jahren in Zermatt. 

Zermatterhof Zermatt - Heinz Rufibach - 07/2023 - Copyright Olivia Pulver

Er verlässt das Bergdorf, um bei Kollegen zu essen und...

Zermatterhof Zermatt - Heinz Rufibach - 07/2023 - Copyright Olivia Pulver

... um die sieben modernen Weltwunder zu bestaunen.

Peter Zimmermann wurde zum «Sommelier des Jahres 2023» gekürt. Ein weiterer Star im Swiss Deluxe Hotel Zermatterhof.
Peter ist eine Koriphäe. Was der den Gästen über die Weine erzählt, da kann ich nur staunen. Er hat auf jede Frage eine Antwort. Und dann treibt er wieder Weine auf, wo ich mich frage, wo er die her hat. Auch Kollegen von mir haben so etwas noch nie erlebt. 

Welche Aufgaben sind bei Ihnen Chefsache? 
Ich bin verantwortlich für die Beschaffung der Lebensmittel und ich schreibe die Karte. Ich bin aber auch Psychologe und HR. Ich koche wenig. Aber wenn die Karte neu ist, dann mache ich definitiv mehr, um meinem Team zu zeigen, wie ich es möchte. Und wenn wir mal im Seich sind, dann schneide ich auch Canapés für eine Hochzeit. 

Nachwuchsförderung ist ein grosses Thema. Sie haben mit ihrer Souschefin Mirjam Schwarz ein Talent an Ihrer Seite. Was tun Sie, um junge Köche und Köchinnen zu fördern?
Eigentlich muss die Förderung schon viel früher beginnen. Das fängt bei den Lehrlingen an. Ich will meinen Mitarbeitenden grundsätzlich ein positives Umfeld schaffen. Sie sollen es cool finden, hier zu arbeiten. Die Mitarbeiter halten mir den Rücken frei und ich ihnen. Meine Souschefin Mimi ist bereits in der 12. Saison bei mir. Und auch viele andere sind schon seit mehreren Jahren im Team. So schlimm kann es also nicht sein, hier zu arbeiten. 

Können Sie auch Verantwortung abgeben?
Ich beziehe meine Köchinnen und Köche bei der Gestaltung der Karte ein. Das Kalbssteak und das Rindsfilet sind immer auf der «Lusi»-Karte. Trotzdem sind die Gerichte jede Saison anders. Ich sage Mimi, was ich mir vorstelle, und sie kreiert dann das Gericht. Oder meiner Pâtissière Celina kann ich sagen, ich möchte ein Dessert mit Aprikosen. Und am nächsten Tag kommt sie mit einer Idee und einer Skizze, wie sie das Dessert umsetzen möchte. 

Zermatterhof Zermatt - Heinz Rufibach - 07/2023 - Copyright Olivia Pulver

Der Chef im «Aquarium». Hier erledigt Rufibach sämtliche administrativen Aufgaben.

Auberginen Tatar, Lusi - Zermatterhof Zermatt - Heinz Rufibach - 07/2023 - Copyright Olivia Pulver

Vegetarisches Auberginen-Tatar aus der Brasserie Lusi.

Prato Borni - Zermatterhof Zermatt - Heinz Rufibach - 07/2023 - Copyright Olivia Pulver

Das Restaurant «Prato Borni» wird im GaultMillau mit 16 Punkten geführt.

Und was ist Ihr Gehemnis, damit die Jungen nicht bei der erstbesten Gelegenheit abspringen?
Das ist das Verdienst von Mimi. Sie überzeugt viele, noch eine Saison zu bleiben. Wir führen auch ständig Gespräche mit unseren Mitarbeitenden, fragen, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen und schauen, wie sich die Personen noch besser einfügen können. Klar, bei uns starten die Mitarbeiter mit dem Minimallohn, aber immerhin werden die Überstunden bezahlt. Früher hat man den Angestellten allerlei Dinge versprochen und dann nicht gehalten. Das geht heute nicht mehr.

Was müsste sich denn ändern?
Wenn ich das wüsste! Wir müssten die Preise der Gerichte extrem erhöhen, um die Leute anständig zu bezahlen. Aber der Gast will diese Preise nicht zahlen. Ich weiss nicht, wo das hinführt. 

Mirjam Schwarz, Sous Chef - Zermatterhof Zermatt - Heinz Rufibach - 07/2023 - Copyright Olivia Pulver

«Es kann nicht so schlimm sein, hier zu arbeiten», findet Rufibach, der für ein gutes Arbeitsklima bei den Mitarbeitenden sorgt.

SteinbuttSweet Corn / Popcorn / Mais - Prato Borni - Zermatterhof Zermatt - Heinz Rufibach - 07/2023 - Copyright Olivia Pulver

Steinbutt mit Mais, Popcorn und einer Hummerbisque, in die man sich reinlegen könnte. 

Kommen Sie auch mal aus Zermatt raus? 
Wenn ich in die Ferien gehe, dann will ich ins Warme. Zuletzt war ich in Mexiko. Nach fünf Monaten Winter in Zermatt brauchst du in erster Linie einen Liegestuhl. Und dann lese ich all die Heftli, die ich zu Hause nicht angeschaut habe. Ich reise grundsätzlich viel und gerne. Ich will unbedingt alle sieben modernen Weltwunder sehen. Fünf habe ich schon. Mir fehlen noch der Machu Picchu in Peru und die Christusstatue in Rio de Janeiro. Oft plane ich meine Ferien auch rund um einen Restaurantbesuch auf. So war ich schon in Thailand, weil ich zu Gaggan Anand wollte.

Und wo essen Sie in Zermatt?
An meinen freien Abenden geniesse ich die Ruhe zusammen mit meiner Frau Katharina – zu Hause bei einem Glas Champagner. Nach dem Wandern oder Skifahren gehen wir gerne zu einem Late-Lunch in den «Findlerhof» zu Francis Schwery oder zu Vrony Cotting-Julen ins «Chez Vrony». In der Zwischensaison machen wir gerne Gourmettrips. Letzten Frühling waren wir richtig viel unterwegs, unter anderem im «Igniv» in Zürich, bei Marco Campanella im Eden Roc und in Crissier bei Franck Giovannini.

 

>> Die Zermatt Kitchen Party findet am 25. August im Mont Cervin und im Zermatterhof statt. Tickets gibt es hier.