Interview: Knut Schwander

Eine Brasserie an bester Lage! Kaum hat Genfer Starchef Dominique Gauthier im «Chat Botté» den letzten Gang geschickt, lässt er die Katze aus dem Sack: Der scheidende, 56jährige Culinary Director und 18-Punktechef des Swiss Deluxe Hotels Beau-Rivage will schon im November in der City von Genf ein neues Restaurant eröffnen. Dem GaultMillau-Channel hat er verraten, was er künftig im «F.P. Journe – Le Restaurant» auftischen will, nur zehn Minuten von seinem früheren Arbeitsort entfernt. Den erfahrenen Gastgeber und Freund Pascal Brault nimmt er gleich mit. 

 

Für Ihren letzten Service im «Chat Botté» haben Sie nochmals ordentlich Gas gegeben. 

Ja, ich hatte fürs Finale ein Menü mit Gerichten zusammengestellt, die unsere Gäste seit Jahren immer wieder bestellen. Langustinen im Engelshaar, Hummer mit Steinpilzen, Poularde mit Trüffeln. Diese Kreationen konnte ich nie von der Karte nehmen. Das hat mich gerührt. Die Direktion des «Beau-Rivage» mich bis zuletzt hat machen lassen. 

Warum verlassen Sie das Hotel jetzt trotzdem? 

Im «Beau-Rivage» war der Rhythmus sehr hoch, auch wenn ich natürlich nicht sieben Tage die Woche vor Ort war. Meine Familie hat mich dazu angehalten, auf meine Gesundheit zu achten. Ich bin bald 57 Jahre alt. Ein Jahr lang habe ich über meinen Entscheid nachgedacht. Jetzt freue ich mich darauf, meiner Karriere eine neue Richtung zu geben. 

Viele Topköche werden nach ihrem Rücktritt Berater. 

Ich habe diese Möglichkeit tatsächlich in Betracht gezogen. Aber es reizt mich zu wenig. Und ich möchte das Kochen nicht aufgeben. Auch als Culinary Director des Hauses war es mir immer wichtig, einen Teil meiner Zeit am Herd zu verbringen. Das ist mein Leben, meine Leidenschaft! Da ich Dinge immer äusserst gründlich mache, wurde dies zuletzt aber zu viel. Vor sechs Monaten bin ich ausserdem noch Opa des kleinen Nolan geworden. 

Sehnsucht nach dem Ruhestand? 

Sicher nicht! Natürlich will ich wieder mehr Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbringen, aber für den Ruhestand ist es wirklich zu früh! Nein, ich werde mich einem neuen Restaurant widmen. 

 

Dominique Gauthier Langustine mit Engelshaar

Klassiker von Gauthier: Langustine im Engelshaar.

Dominique Gauthier Geflügel

Poularde aus Nantes mit Butternut-Kürbis.

Dominque Gauthier

Klassiker von Gauthier: Langustinensouffle mit Kaviar.

Verraten Sie uns, wo Sie hinziehen! 

Ich übernehme ein Restaurant ist in der Stadt Genf, an der 49 Rue du Rhône. Es handelt sich um ein historisches Lokal aus dem Jahr 1912 mit denkmalgeschützter Einrichtung, das jedoch seit der Pandemie geschlossen war. Es trug schon mehrere Namen: Bavaria, Relais de l'Entrecôte, zuletzt «Marjolaine» unter der Leitung von Philippe Chevrier. Die Eröffnung ist nach Abschluss der Umbauarbeiten für den November geplant. 

Steht der Name des Restaurants schon fest? 

Ja, es wird «F-P Journe - Le Restaurant» heissen. Weil François-Paul Journe, Uhrmacher und Künstler, hinter dem Projekt steht. Er ist ein Geniesser, liebt gutes Essen ebenso wie edle Weine. Von ihm stammt die Idee, an diesem Ort ein Restaurant eröffnen, das Uhrmacherei und Gastronomie miteinander verbindet. Eine Bühne für die Leidenschaften von uns beiden: meine Gerichte auf den Tellern, seine Uhren-Skizzen an den Wänden. 

Und was wird man dort essen? 

Ich werde meinen Küchenstil nicht ändern! Meine Handschrift möchte ich im Rahmen einer gepflegten Brasserie weiterhin pflegen. Es wird eine kleine Speisekarte geben, auf welcher einige meiner bekanntesten Gerichte stehen. Dazu ein wechselndes Mittagsmenü. Nicht zuletzt ein festlicheres Degustationsmenü am Abend. Beste Produkte sollen im Zentrum stehen, aber das Angebot soll nicht abgehoben sein. 

 

Denkmalgeschütze Einrichung im ehemaligen «Marjolaine».

Denkmalgeschütze Einrichung im ehemaligen «Marjolaine», wo zuvor schon Philippe Chevrier Gäste empfangen hat.

Glauben Sie wirklich, dass Sie es schaffen werden, kürzer zu treten? 

Es wird ein urbanes Restaurant sein, das den Puls der Stadt aufnimmt, das schon. Was für mich aber wegfallen wird, sind Bankette und Zimmerservice. Deshalb werden meine Mitarbeiter und ich schon zu unseren freien Tagen kommen. Was mich zudem zuversichtlich stimmt: Pascal Brault, ein alter Wegbegleiter, wird im neuen Restaurant der Gastgeber sein. Wir haben im «Beau Rivage» 30 Jahre lang zusammengearbeitet!

Im «Le Chat Botté» ist Ihre Nachfolge geregelt. 

Mathieu Croze übernimmt. Er hat bei Anne-Sophie Pic und Cyril Lignac gelernt und jetzt vier Jahre an meiner Seite gekocht, was für mich ein Glücksfall war. Er wird die Karte des «Chat Botté» nicht auf den Kopf stellen, dem Restaurant aber frischen Wind einhauchen. Mathieu wird Erfolg haben. 

www.beau-rivage.ch 

 

Fotos: Adrian Ehrbar / HO Beau-Rivage