Text: Urs Heller | Fotos: Thomas Buchwalder

Gitzi-Koch trifft «Gitzi-Buur». Gitzi im «Kaiserstock» Riemenstalden SZ, Dutzende von engen Kurven über dem Vierwaldstättersee, das ist keine kulinarische Modeerscheinung. Das hat Tradition. Das wird mit Leidenschaft betrieben. Und selbstverständlich gibt es vom zarten Tierchen alles. Es scheint, als seien davon alle begeistert: Der Koch genauso wie der Gast. Im kleinen Dorf (83 Einwohner!) haben sich zwei gefunden: «Kaiserstock»-Wirt Röbi Gisler und sein Nachbar Markus Inderbitzin. «E rechtige Geisse-Buur», lobt Gisler seinen Lieferanten, «er schaut gut zu seiner Herde und freut sich, dass wir seine Gitzi so sorgfältig zubereiten.» Ist der Loosberg-Bauer in der Gitzi-Saison (Ostern bis Pfingsten, keinen Tag früher und keinen Tag länger) häufig zu Gast? Gisler: «Markus hat Cordon bleu lieber.» Kriegt er natürlich auch im «Kaiserstock».

Koch Röbi Gisler Gitzi Menü Restaurant Kaiserstock Riemenstalden SZ

Feuer frei: Röbi Gisler bereitet mit sicherer und hitzeunempfindlicher Hand Gitzi-Leberli und Nierli zu.

Leberli vom Vater, Rösti vom Sohn. Der «Kaiserstock» ist eine fantastische Familienstory: Vater Röbi und Sohn Joël draussen in der Küche, Mutter Veronika (selbst gelernte Köchin) und demnächst auch die älteste Tochter Angelina im Service. Sind bei so viel familiärer Nähe «Lämpe» programmiert? «Eigentlich nicht», murmelt Joël, gemäss seinem Vater der «ultimative Beilagenkönig». Das Teamwork am Herd? Röbi lässt die Flammen züngeln, bereitet Nierli und Leberli vom Gitzi zu. Joël wirbelt die Rösti durch die Luft und lässt sie so richtig knusprig werden. Und der Gast geniesst.

Geheimtipp: Gitzi-Ragout. Die Gislers sind berühmt für ihre unglaublich tiefen Saucen. Gilt auch für die Gitzi-Gänge. Das Ragout oder Voressen ist sehr beliebt bei den Stammgästen und auch der Favorit der Wirte. Geschmort wird nur Hals und Schulter und keinesfalls die Brust. «Aus der machen wir die Gitzi-Würstli.» Gebraten wird im «Kaiserstock» zweimal täglich à la minute, weil Gisler die «sous vide»-Technik nicht so mag und die Challenge am Ofen bevorzugt («mehr Biss»): Der Gitzi-Schlegel ist nach zwei bis drei Stunden bei 120 Grad gar, wird in feine Tranchen geschnitten und zusammen mit dem Gitzi-Rücken angerichtet. Und was hat Joël, der Beilagenkönig zu bieten? Rösti zu den Innereien. Kartoffelstock zum Voressen. Bramata nach Urner Art aus dem grossen Topf, glücklicherweise mit Nachschlag-Option. 

Morcheln & Sbrinz in den Ravioli. Alternativen zum Gitzi? Ein pochiertes Wachtelei, Spargelmousse und Löwenzahnvinaigrette zur Begrüssung. Wunderbare Morchel-Ravioli! Der Teig geduldig gewalzt, hübsch geformt, dazu wird angebräunte Butter serviert. Das Geheimnis der Füllung? «Morcheln, Zwiebeln, Knoblauch und Jahrgangs-Sbrinz Selection Wiget.» 18-Punktechef Franz Wiget, ein Freund des Hauses, hat ihm ein mächtiges Stück Sbrinz, Jahrgang 2016, überlassen. Eine zarte Seezunge auf einem Artischocken-Boden ist die Gitzi-Alternative im Hauptgang. Selbst ein einfacher Nüsslisalat schmeckt hier besser als anderswo. Spiegeleier gibt es dazu, «von meinen eigenen Hühnern», sagt Veronika Gisler. Ihre «Herde»: Sieben Hennen. Ein Hahn. Zwei «Bibeli».

Neu 16 GaultMillau-Punkte. Der «Kaiserstock» ist für alle da: Für Wanderer und Tourenfahrer. Aber so langsam haben die Feinschmecker die Mehrheit in den Säli. Eine Tendenz, die wir mit dem hochverdienten 16. Punkt gerne unterstützen. Hausordnung im abgelegenen Dorf: Wer das ganz grosse Gourmet-Menü will, muss das zwei Tage im Voraus anmelden. Geöffnet ist der Gasthof vier Tage, von Donnerstag bis Sonntag; am Wochenende wird durchgehend gekocht, das volle Programm! Verwunderlich sind die Preise: Atemberaubend tief!

 

www.kaiserstock.ch