Text: Urs Heller Fotos: Alex Affolter
«Ein gutes Gespür auf der Zunge». Kleiner kann ein KMU nicht sein: Zwei Personen. Kuno Blättler in der Produktion, Esther an der Theke. Geschäftseinrichtung und Lage sind unspektakulär. Und trotzdem pilgern Luzerns Geniesser immer wieder hin. Weil eine Familie, die seit 1895 (!) metzget, ewige Treue verdient. Und weil auch Kuno, der Metzger in vierter Generation, hat, was ein Metzger braucht: Ein gutes Gespür auf der Zunge. Sein Angebot: Fleisch, wenn immer möglich von eigenen Tieren. Und Würste von unglaublicher Vielfalt und Qualität. Der Aufwand ist riesig: Arbeitsbeginn um 06.00 Uhr, «damit die frische Ware rechtzeitig beim Kunden und in den Restaurants ist.» Die «Rathaus Brauerei» direkt an der Reuss ist sein bester Kunde.
Frühe Tagwacht, feine Würste: Kuno Blättlers Spezialität.
Das Rezept für die Blättler-Würste stammt aus Grossvaters Heftli.
Die Rezeptheftli des Grossvaters. Heutzutage tippt man Konzepte und Rezepte in den PC. Grossvater notierte sie in seine Heftli. «Das Flair fürs Metzgen und Wursten habe ich von ihm geerbt», sagt Kuno Blättler, «seine Heftli schaue ich immer wieder durch. Die steinalten Rezepte inspirieren mich bei meiner Arbeit.» In der Metzgerei Blättler wird vor allem gewurstet: Die Münchner Weisswürste sind der Renner, die Nürnbergerli («Die Originalen») ebenfalls, Spezialitäten kommen dazu: Butcher Brown Ale Sausage, Salsiccia wie in Italien, und rechtzeitig zur Grillsaison «neue» Würste mit exotischen oder kreolischen Komponenten. Kuno Blättler: «Ich kenne meine 1000 Kunden sehr genau. Also kann ich etwas extremer würzen als jene, die fürs ganze Land produzieren.» Stadtbekannt und heiss begehrt ist auch Blättlers Fleischkäse. Die Stammkunden kaufen ihn in der 500-Gramm-Aluform, schieben ihn bei 160 Grad für 50 Minuten in den Backofen und schwelgen in Kindheitserinnerungen.
Schweizer Fleisch aus Schwyz. Natürlich gibt es bei den Blättlers an der Stadthofstrasse 12 nicht nur Würste. Der Chef garantiert auch beim Fleisch gute Qualität. Er setzt auf Schweizer Fleisch aus dem Kanton Schwyz. «Seit wir in Luzern keinen Schlachthof mehr haben, bringe ich meine Tiere zur Familie Paul Reichmuth an den Herrengasse nach Schwyz.» Blättler kauft bei lokalen Bauern ein. Was fehlt, beschafft ihm Partner Reichmuth. Angebot und Schnitt sind traditionell, und die Blättlers konzentrieren sich ganz auf Fleisch und Wurst. «Brot und Gemüse gibt es bei uns im Laden nicht.»
Kuno Blättlers Fleischkäse ist stadtbekannt und auch in Corona-Zeiten heiss begehrt.
Grill? Schweinehals! Die Grill-Saison beginnt dieses Jahr wohl etwas später, aber sie kommt bestimmt. Was kommt beim Meister selber auf den Grill? «Schweinehals, gut durchzogen. Oder ein Rindshohrücken mit genügend Fett drin. Eine Bombe!», sagt Blättler, der für seine Kundschaft natürlich auch die Edelstücke bereitstellt: Entrecôte, Filet, Kalbskoteletten. Der Chef liefert auf Wunsch die «Gebrauchsanweisung» gleich mit: «Je grösser das Stück, desto unsicherer der Kunde», weiss der Metzger, «bei Stammkunden weiss ich mittlerweile, was für ein Grill im Garten steht und kann so noch besser helfen.» Die Würste für den Grill: «Cervelats und Nürnbergerli sind sehr gefragt. Aber wir bieten ja auch halbe Würste an, zu 80 Gramm, damit man auch mal was Neues ausprobieren kann.
«Im Eigensaft pressen.» Kuno Blättler stellt fest: «Neues erfinden muss ein Metzger nicht. Aber Bewährtes kommt immer wieder.» Die «Dry aged»-Welle («eine gute Sache») erinnert ihn an seinen Grosseltern: «Schon damals hat man Fleisch lange abgehangen. In einem Jutesack.» Blättler: «Mein Grossvater hat so gearbeitet wie Gallagher in New York. Den extremen Gewichtsverlust hat er der Qualität zuliebe in Kauf genommen. Der erfahrene Metzger ahnt, was nach «Dry age» Mode wird: «Pressen, im Eigensaft! Das Fleisch wird so wunderbar.»
