Text: Urs Heller Fotos: Sedrik Nemeth

In drei Minuten waren 30 Tische verkauft! Jay Gauer, smarter General Manager im wunderschönen Hotel «Les Trois Couronnes» in Vevey (Baujahr 1842!), hatte die Idee: «Ich hole Chefs ins Haus, die im Shutdown in ihren Restaurants nicht kochen dürfen.» Das Line-up war beeindruckend: Stéphane Decotterd aus Brent VD, Jérémy Desbraux aus Le Noirmont JU, Marc Haeberlin aus dem Elsass, zuletzt Franck Giovannini aus Crissier VD. Und die Nachfrage war enorm. Jay Gauer: «Alle Abende waren innert zwei Stunden ausverkauft. Bei Franck dauerte es auf dem Internet genau drei Minuten, dann waren alle 30 Tische weg.» Nicht ganz selbstverständlich: Das Ticket für Dinner und Doppelzimmer kostete immerhin 1199 Franken.

Giovannini

Maskenpflicht! Franck Giovannini kochte bei Cécile Fontannaz in Vevey. Sie war beim «Bocuse d’Or»-Erfolg sein Commis.

Wiedersehen mit Cécile. Franck Giovannini traf bei seinen zwei Gastspielen in Vevey auf eine alte Bekannte: Die junge Köchin Cécile Fontannaz war sein Commis bei seinem Grosserfolg 2010 am «Bocuse d’Or»-Kochwettbewerb (grosses Bild oben). Heute ist Cécile, 29 Jahre jung, der Boss in der «Trois Couronne»-Küche: «Eine tolle Chance für sie», sagt Franck. In der Küche herrschte Dichtestress: Perfektionist Giovannini rückte mit 20 Köchen und 20 Servicemitarbeitern an, sagte ganz cool: «Ich brauche mein eigenes Team um mich. Dann weiss ich: Jeder Handgriff sitzt.»

 

Das Gelbe vom Ei. Die Crissier-Jungs enttäuschten die erwartungsfrohen Gäste nicht, begeisterten bereits mit den ersten Gerichten: «Coques et Couteaux» zum Start, das Meergetier erfrischend kühl angerichtet («Marinière glacée») mit Imperial-Kaviar und Waadtländer Lauch. Und mit einer fantastischen Gemüsekreation: «Vitellus» heisst die Kreation. Gemeint ist ein Eigelb, das sich im tiefen Teller wunderbar mit Frühlingsgemüse vermischt, vor allem mit den ersten Erbsli der Saison, jedes einzelne akkurat gepullt und halbiert. Giovannini: «Ich mag nur das Eigelb. Das Weisse vom Eigelb beeinträchtigt den Geschmack.» Man lernt nie aus.

Sie sorgten im «Trois Couronnes» für kulinarische Sternstunden: Franck Giovannini, General Manager Jay Gauer.

Sie sorgten im «Trois Couronnes» für kulinarische Sternstunden: Franck Giovannini, General Manager Jay Gauer.

Schwertmuscheln & Completer. Franck Giovannini packt wenn immer möglich regionale Komponenten mit in jeden Gang. So überraschten beim Turbot nicht nur die raffinierten Zitrusfrüchte-Aromen, sondern auch der Safran in der Sauce; der Chef hat einem Bauern im Jura ein Gläschen vom roten Gold abgerungen. Bei den Langustinen der Extraklasse kam ein Wein aus dem Lavaux zum Einsatz. Das Kalbsfilet stammte von Tieren, die in der Drei-Seen-Region weiden; wunderbar die Morcheln dazu. Auch bei der Weinbegleitung sind Schweizer Winzer erste Wahl. Die beste Kombination an der Gala: Schwertmuscheln von Giovannini, Completer von Martin Donatsch!

 

«Eine groteske Situation». Gemeinsamer Nenner im Restaurant mit Traumsicht über den Lac Léman: Sehnsucht nach Normalität! Jay Gauer: «Köche, die nicht kochen dürfen, sind wie Musiker ohne Instrument.» Franck Giovannini: «Wir dürfen seit fünf Monaten nicht mehr arbeiten. Die Situation ist eigentlich grotesk: Zuhause in Crissier darf ich niemanden bewirten. Ein paar Kilometer weiter in Vevey koche ich für 70 Gäste, weil für Hotels andere Spielregeln gelten. Wie auch immer: Mir hat es Spass gemacht. Meinem Team auch. Und die Gäste scheinen auch zufrieden zu sein.» Zufrieden? Das ist pures Understatement.

 

>> www.hoteltroiscouronnes.ch