Text: David Schnapp Fotos: Thomas Buchwalder
Essen im Porsche-Tempo. Zum Start des Abends balanciert Tim Raue ein grosses Tablett mit Amuse-bouches durch den Raum und sorgt für Heiterkeit, als er die Gäste anhält, bitte im Porsche-Tempo zu essen, schliesslich gehe es gleich weiter. Wir sind an der Gourmetsafari, einem vermutlich weltweit einmaligen Event. Und so funktionierts: Die Gäste versammeln sich in der Küche des Swiss Deluxe Hotels «Kulm», bekommen dort erste Kleinigkeiten zu essen, steigen dann in bereitstehende Autos von Festival-Sponsor Porsche und fahren zum nächsten 5-Sterne-Haus in und um St. Moritz. Durch insgesamt fünf Hotelküchen führt die kulinarische Abenteuerreise.
Zander, Ceviche, Tatar, Trüffel. Raue serviert derweil einen hervorragenden Zander. «Die Zanderqualität in der Schweiz ist überragend», sagt er. Dazu gibt es eine Beurre blanc auf Geflügelfond-Basis, die mit reduziertem Riesling und Sake veredelt wird. Claudia Canessa, der Ceviche-Star im «Kulm», lässt Wolfsbarsch mit Jalapeño-Tiger-Milch auftragen und Daniel Müller («Kulm Country Club») ein klassisches Rindertatar mit schwarzem Trüffel.
Unvergessliche Erlebnisse. Ein paar Minuten später sitzen wir mit Michael Glinski in einem brandneuen, batteriebetriebenen Porsche Taycan 4S (Farbe: Frozen Blue Metallic) und fahren Richtung St. Moritz Bad ins «Kempinski Les Bains». Der Taycan ist die automobile Attraktion des Abends, die Safari-Gäste stehen praktisch Schlange, um im viertürigen Elektro-Porsche mitfahren zu können. Seit 2001 arbeitet Michael Glinski beim Stuttgarter Automobilhersteller, seit 2018 steuert er die Geschicke der Porsche Schweiz AG. Einer seiner frühen Amtshandlungen war es, die Automarke mit gutem Essen in Verbindung zu bringen. Als Sponsor der GaultMillau Garden Party oder als Partner des St. Moritz Gourmetfestivals. «Es gibt viele schöne Autos, aber ein Porsche soll ein Erlebnis sein», sagt Glinski. Und ein Abend wie dieser ist zweifellos ein Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst.
«Superlecker!» Dafür sorgt die Mischung aus gutem Essen an ungewöhnlichen Orten: In der Küche des «Giardino Mountain» in Champfèr serviert etwa die Thailänderin Renu Homsombat «Kiew Waan Pla Yang», gebratenen Königsfisch an einer anregend scharfen grünen Curry-Sauce und ruft gut gelaunt «Superlecker!» in die Runde.
Ochsenschwanz auf Brasilianisch. Im historischen Weinkeller des «Kronenhofs» in Pontresina sind neben mannshohen uralten Eichenfässern Tische aufgebaut, an denen jetzt erfolgreiche Unternehmer oder Porsche-Kunden sitzen und bei bester Laune ein schlichtes, hervorragendes Gericht der brasilianischen Star-Chefin Bel Coelho essen: Fregola Sarda mit geschmortem Ochsenschwanz und Rosenkohl. «Das ist bestimmt der beste Rosenkohl meines Lebens», sagt dazu Porsche-Schweiz-Chef Michael Glinski. Und die Köchin aus São Paolo, die 2007 «Best New Chef» Brasiliens war, erklärt, dass sie dieses traditionelle Gericht normalerweise mit Reis zubereite. «Aber die richtige Sorte war hier nicht zu bekommen, deshalb haben wir es mit Fregola gekocht.»
Spätzle und Glück. Dass gutes Essen und schöne Autos gut zusammenpassen, ist für den 45-Jährigen Glinski nicht nur eine einleuchtende Marketingstrategie, sondern auch eine Herzensangelegenheit: Die Eltern führten ein kleines Hotel mit gutbürgerlichem Restaurant. «Mein erster Berufswunsch war eigentlich Koch, aber meine Eltern bestanden erst auf Abitur und Studium», erzählt Glinski. Als Junge habe er seiner Mutter in der Küche zum Beispiel dabei geholfen, frische Spätzle zu schaben. Essen ist für den Manager deshalb bis heute eine Quelle des Glücks.
Koreanisches Tiramisu. Vom Keller des einen Hotels geht es zum Schluss in die Patisserie-Küche des nächsten: Im «Badrutt’s Palace» hat Chefpatissier Stefan Gerber ein magisches Dessertbuffet inszeniert – samt Trockeneisnebel, Tanzmusik und Club-Beleuchtung: Darauf findet sich das Tiramisù der koreanisch-amerikanischen Köchin Judy Joo. Sie ist eine von zehn Lady-Starchefs aus aller Welt, die 2020 am 27. St. Moritz Gourmetfestival kochen. Den italienischen Dessertklassiker hat Joo mit einem «Korean Twist» versehen: mit Kokosmilch, süssen roten Bohnen und «Misugaru»: Verschiedene Sorten pulverisierter Bohnen, die sie an Stelle von Kakao verwendet. Die Gourmetsafari bleibt bis zum Schluss ein kulinarisches Abenteuer mit Stationen in Peru, Thailand, Brasilien oder Korea – an nur einem Abend.