Text: Kathia Baltisberger Fotos: Olivia Pulver/Lukas Lienhard/Pascal Grob/HO

Farbtupfer. Die Rande ist ganz hübsch anzusehen. Aussen knorrig und zuweilen auch leicht runzlig, als hätte sie viel erlebt unter der Erde. Aufgeschnitten ist sie noch hübscher. Betanin heisst der natürliche Farbstoff, der der Rande dieses dunkle, schwere Bordeaux verpasst. Von dieser Schönheit mag manch einer etwas abhaben. Zum Beispiel das Erdbeerjoghurt, das häufig mit etwas natürlicher Farbe aufgepeppt wird. Die Beauty Queen unter den Randen ist allerdings die zweifarbige. Die Chioggia zum Beispiel: weisses Fruchtfleisch mit pinken Ringen. Daneben gibt es auch solche mit gelben Ringen. Genau genommen haben auch die gewöhnlichen roten Randen Ringe, aber Detail. Dass die zu den Fuchsschwanzgewächsen gehörenden Knollen eine gute Falle auf Food-Bildern machen, haben ausgebuffte Instagrammer längst entdeckt und somit ist die Rande ein kleiner Star auf Social Media. 

Randen von Matthias Holenstein, Slow Grow Landwirt, Mönchaltorf - Copyright Olivia Pulver

Die Randen kommen in allen Formen und Farben daher. 

Matthias Holenstein Slow Grow

Zumindest bei Matthias Hollenstein, «Slow Grow»- Gemüseproduzent aus Mönchaltorf.

Rande und Fisch. Nun muss man in der Küche etwas damit anzufangen wissen. Denn so weichgekocht als Element eines Salatbüffets ist die Rande eine eher traurige Sache und so manch einem ein Graus. Als Ofengemüse mit Olivenöl und Thymian oder als Suppe mit etwas frischem Meerrettich kommt sie im privaten Gebrauch ganz gut. Sonderlich originell ist das aber nicht. Was machen also die Chefs damit? Schliesslich steht die Knolle nicht bei wenigen auf der Karte. Carlos Navarro vom «Rechberg» in Zürich serviert die Rande zu einem gebeizten Saibling und Sauerrahm. Auch Fabian Fuchs («EquiTable», Zürich) wählt Fisch zur Rande. Er legt die Brachsme sauer ein und kombiniert sie mit Rande, Lauch und Flusskrebsschaum.

 

Vielfalt der alten Sorten. Einer, der die Chefs mit den Rüben versorgt, ist Matthias Hollenstein aus Mönchaltorf ZH. Mit seinem Label Slow Grow hat er sich einen Namen gemacht. Zu seinen Abnehmern gehören neben Carlos Navarro auch Markus Burkhalter («Jakob», Rapperswil), Marius Frehner («Gamper», Zürich) oder Beni Landolt («Kin», Zürich). Hollenstein hat sich der Vielfalt verschrieben, auch bei den Randen. «Es gibt unzählige Sorten, doch die meisten sind für den Erwerbsanbau nicht interessant», sagt der Gemüsebauer. Für ihn selbst sieht es etwas anders aus, er mag die Variation. «An das Saatgut zu kommen ist gar nicht so einfach, oft muss man es aus der ganzen Welt zusammensuchen.» 

Tino Staub Widder Rande mit Frischkäse

Rande in der «Widder Bar & Kitchen»? Mit Ziegenfrischkäse!

Randen von Matthias Holenstein, Slow Grow Landwirt, Mönchaltorf - Copyright Olivia Pulver

Perfekt für Starchefs: Ein Suppe aus heller Rande schmeckt erdig, sieht aber nicht aus wie typische Rande.

Root to Leaf. Die Chefs bestellen bei ihm jeweils «farbige Randen», geliefert wird dann ein bunter Mix aus verschiedenen Sorten. Auch die ganz kleinen sind sehr beliebt. «Andere Produzenten sortieren die aus und verfüttern sie an die Schweine. Aber wir nicht», sagt Hollenstein. Denn die Köche reissen sie ihm quasi aus der Hand. Und auch das Grün liefert Hollenstein mit. Dabei handelt es sich nämlich um Blätter wie Mangold, die problemlos verarbeitet werden können. «Da musste ich die Köche manchmal ein bisschen erziehen! Heute wird das Grün oft sogar ausdrücklich gewünscht.»

 

Eingelegt & geräuchert. Im «Casa Caminada» in Fürstenau steht aktuell ein Randen-Salat auf der Karte. Küchenchef Mathias Kotzbeck verwendet gleich mehrere Sorten. Die einen werden im Ofen etwa zwei Stunden geschmort. Die zweifarbigen werden dünn gehobelt und mit Puderzucker, Salz, Essig und Öl mariniert. Das Ganze wird dann auf einen Spiegel von einer Randen-Vinaigrette gesetzt. Auch Tino Staub weiss etwas mit der Knolle anzufangen. Er lässt die Randen von Patrick Marxer räuchern, verarbeitet sie dann zu einem Tatar. Dazu gibt’s einen lauwarmen Espuma aus Ziegenfrischkäse, Joghurt und Honig. Und als Toping etwas Granola.
 

Randen-Dessert. Die Rande geht aber nicht nur für Vor- oder Hauptspeisen. Auch im Dessert-Bereich werden sie schon seit geraumer Zeit gerne eingesetzt. Stefan Wiesner alias «der Hexer vom Entlebuch» mach zum Beispiel ein Sorbet aus der Rande. Dafür schmort er sie im Feuer und presst sie anschliessend wie eine Zitrone aus. Zusammen mit Orangenessig karamellisiert er die Masse, bevor sie dann gefroren wird. Bei Markus Burkhalter bildet die Rande den krönenden Abschluss. Er macht Pralinen aus kandierten Randen und serviert sie als Friandises.  

 

www.slowgrow.ch