Text: David Schnapp

Guy Ravet, viele Chefs schwören auf französisches Lamm, Sie aber bevorzugen Schweizer Fleisch – warum eigentlich?
Ich finde es schade, wenn man nicht auf Produkte von hier setzt. Das gilt für die Schokolade, wo ich Felchlin aus Schwyz der Valrhona aus Frankreich vorziehe, aber auch für Lammfleisch: Wir haben in der «Ermitage des Ravets» jahrelang Lamm aus dem Entlebuch verwendet, welches wir über Alfred von Escher bezogen haben. 


Warum gerade dieses Lammfleisch?
Die Tiere essen viele Kräuter und Gras, dadurch wird das Fleisch schön rot und die Qualität ist meiner Meinung nach auf dem Niveau des bekannten französischen Sisteron-Lamms. Denn, was man auch wissen muss: Oft ist es für Köche in der Schweiz schwierig, dieselbe Sisteron-Qualität zu bekommen wie die Kollegen in Frankreich selbst. 


Ist es einfach für Sie, Lammfleisch aus der Schweiz zu bekommen?
Ganz so einfach ist es nicht. Wenn man als Koch in einem Restaurant Spitzenqualität will, muss man das zusammen mit dem Züchter planen und ihm möglichst ganze Tiere abnehmen. Die Produzenten können ja nicht nur Racks und Gigots verkaufen, das wird wirtschaftlich nicht funktionieren. Natürlich ist es einfacher, Lamm aus Neuseeland oder Irland zu bestellen. Aber ich finde, dass wir Schweizer Köche auch Schweizer Lamm verwenden sollten. Das kommt aus der Nähe, es ist frisch und ich weiss, was ich bekomme.
 

Geschmorte Lammhaxe mit jungem Gemüse, Guy Ravet, Simplement Guy, Mercedes-Benz

«Lammhaxe mit jungem Gemüse» Guy Ravet kocht zu Hause für den GaultMillau-Channel.

Ganze Tiere überfordern die Möglichkeiten vieler Restaurants…
Dabei lässt sich fast alles vom Lamm nutzen: Filets und Racks zum Kurzbraten, den Gigot bereitet man schön rosa zu, die Schulter und Haxen lassen sich schmoren, aus dem Nacken macht man ein Ragout, aber auch Innereien wie Leber, Milken und Nieren schmecken fantastisch. Fredy Girardet hat immer «Rognons» (Nieren) nach dem Rezept seines Vaters zubereitet…


Nicht alle Gäste mögen Lamm, wie überzeugen Sie die vom Gegenteil?
Es stimmt, Lamm ist heikles Fleisch. Vor allem, wenn das Tier zu alt war, wird der Geschmack unangenehm. Die meisten Leute haben das nicht gern. Und gerade bei ausländischem, tiefgekühltem Fleisch hat man immer eine gewisse Unsicherheit. Bei Schweizer Fleisch hingegen passiert das nicht. Und mittlerweile gibt es vielerorts gute Schweizer Lammqualität – im Entlebuch, im Appenzell oder bei Rougemont.


Wenn ich zu Hause Lamm servieren möchte, an wen wende ich mich?
Am besten an einen guten Metzger, der Schweizer Lamm im Angebot hat. Herbst und Frühling ist die beste Saison dafür, weil die Tiere zweimal Junge haben. Die Zusammensetzung des Grases ist je nach Saison anders, deswegen bevorzugen viele Leute das Frühlingslamm zu Ostern. Aber ich finde die Unterschiede sind nicht so gross. 

>> Guy Ravet ist Küchenchef im Grand Hotel du Lac in Vevey, sein Restaurant «Emotions par Guy Ravet» wird mit 17 Punkten bewertet. Und Präsident der Vereinigung «Grandes Tables Suisse». 

Fotos: Adrian Ehrbar, Digitale Massarbeit