Interview: David Schnapp, Fotos: Thomas Buchwalder
Marco Zanolari, nach fast einem Jahr Corona-Ausnahmezustand: Wie präsentiert sich die Lage im Grand Resort Bad Ragaz?
Im Verhältnis zu andern – insbesondere den Cityhotels – geht es uns relativ gut. Wir sind nicht in der Stadt, aber auch nicht weit davon entfernt, wir haben eine grosse Fläche mit entsprechenden Abständen, unser Angebot ist ganzjährig, und die strategische Ausrichtung auf ein Medizinangebot hilft uns jetzt.
Was genau meinen Sie mit Medizinangebot?
Es geht letztlich um eine Art von Präventionsmedizin, um gesunde Ernährung, erholsamen Schlaf, frische Luft sowie ausreichende und richtige Bewegung. Unser Programm mit dem Namen NEWYOU bietet genau das an – evidenz- und erfahrungsbasierte Prävention mit medizinischer Begleitung. Das zahlt sich jetzt aus. Wir haben zwar natürlich auch Einbussen, aber die ganz grosse Krise haben wir nicht. Da hilft natürlich auch die Auszeichnung «Hotel des Jahres» vom GaultMillau. Hier kommt die Kulinarik, unser zweites wichtiges Standbein, voll zum Zug.
Worin liegt zurzeit die grösste Herausforderung für Sie als General Manager des Hauses?
In der Kurzfristigkeit der Buchungen; es gibt im Tagesrhythmus Anfragen, aber auch Stornierungen. Wir können nur noch von Woche zu Woche planen, die Organisation der Mitarbeiter, das Öffnen der Restaurants ist aufwendig. Aber wir sehen auch, dass die Leute raus wollen, und wir können mit unserem Angebot bei höchster Sicherheit viel bieten.
Wie gehen Sie persönlich mit der Situation um?
Ich sehe es als Chance: Wir können unsere Prozesse einem Härtetest unterziehen und da Events oder Seminare wegfallen, können wir uns auf unser Kerngeschäft konzentrieren. Und wir müssen um unsere Gäste kämpfen. Das sehe ich als hervorragende Möglichkeit, unser Haus zu positionieren und gerade den Schweizer Kunden zu zeigen, wer wir sind. Es ist eine sehr herausfordernde, aber auch äusserst interessante Zeit…
In Ihrem Swiss Deluxe Hotel sind trotz Corona bis zu sechs Restaurants geöffnet. Was bedeutet es für die 18-Punkte-Lokale «Igniv» und «Memories», wenn keine externen Besucher empfangen werden dürfen?
Wir müssen beweglich sein. Im Moment bauen viele unserer Leute Ferien ab. Aber wir setzen die Mitarbeiter auch flexibler ein. Dann arbeitet halt der Entremetier vom «Olives d’Or» für ein paar Tage im «Namun». Der Bedarf an variablen Lösungen macht die Kaderleute zu besseren Businessmanagern und für die Angestellten ist der Austausch ebenfalls wertvoll. Das Verständnis füreinander ist enorm gewachsen.
Wie schätzen Sie als Manager eigentlich das Krisenmanagement des Bundesrates ein?
Dazu kann ich nur sagen, wir stehen und standen immer hinter den Entscheidungen unserer Landesregierung. Aber ansonsten war Politik noch nie das Metier von uns Hoteliers (lacht).
Hat ihre Branche politisch zu wenig Gewicht, wie manche Ihrer Kollegen meinen?
Ich bin nicht sicher, ob das stimmt. In der Gastronomie sieht es natürlich düster aus, keine Frage. Aber für die Hotellerie ist die Lage – den Umständen entsprechend – nicht so schlimm. Natürlich könnte es besser sein, aber es könnte auch schlechter sein.
Welche Szenarien spielen Sie für das Jahr 2021 zurzeit durch, worauf stellen Sie sich ein?
Es hängt etwas vom Vertrauen der Gäste ab, und das Vertrauen muss ständig neu gepflegt und angeregt werden. Vermutlich wird die Impfung dieses Vertrauen stärken. Sobald die Leute wieder anfangen zu reisen, wird es für uns interessant. Dann rechnen wir mit einem vergleichbarem Jahr wie 2019, vielleicht wird es sogar noch etwas besser. Wir haben in 2020 eine ganze Reihe neue Gäste begrüsst, viele kamen aus der Romandie, und hier hoffen wir auf Wiederkehrer. Aber dass man nicht planen kann, macht das Geschäft weiterhin schwierig.
Wie stellen Sie Ihre Mitarbeiter auf die unsichere Situation ein?
Wir kommunizieren oft und ehrlich mit unseren Leuten. Ein nachhaltiger Umgang mit der Ressource Mensch ist uns sehr wichtig. Wir haben keine Leute entlassen und allen wurde Ende 2020 ein Bonus ausbezahlt. Ich stehe auch dazu, wenn ich etwas nicht weiss – ob es Kurzarbeit gibt zum Beispiel. Wir sind ein Team mit einem guten Spirit und viel Flexibilität. Alle wissen, in welcher Lage wir sind, aber keiner weiss, wie es herauskommt. Man muss als Führungsperson den Glauben daran, dass es gut kommt, täglich vorleben.
Was bedeutet gute Führung in so einer Lage?
Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation! Man muss als Chef wissen, in welche Richtung es geht und den Leuten die Sorgen nehmen und Hoffnung geben. Als Chef muss ich hinstehen und ehrlich Antworten haben.
>> Marco Zanolari, 44, ist seit 2016 General Manager Grand Hotels im Swiss Deluxe Hotel Grand Resort Bad Ragaz. Unter seiner Führung setzt das Haus auf hochstehende Kulinarik und Gesundheit. Zum Angebot gehören gleich fünf Restaurants mit Punkten: «Memories» mit Sven Wassmer (18 Punkte, 2 Sterne), «Igniv by Andreas Caminada» mit Silvio Germann (18 Punkte, 2 Sterne), «Verve by Sven» mit Sebastian Titz (14 Punkte), «Namun» mit Renato Wüst (13 Punkte) sowie das Golfrestaurant Gladys mit Michael Pilman (13 Punkte).