Text: Daniel Böniger I Fotos: Nik Hunger
Benoît und Birlo Schulter an Schulter. Ein unglaubliches Gewusel in der Küche: Die vielen Köche an diesem Nachmittag arbeiten Schulter an Schulter, gehen sich gegenseitig zur Hand. Mittendrin steht Koch des Jahres Benoît Carcenat und nippt an einem Glas Champagner – gute Vorbereitung scheint sich auszuzahlen. Währenddessen drapiert Mitja Birlo saftige, dünne Kobe-Tranchen mit der Pinzette auf gedämpften Reiskugeln, die er mit geschmortem Rind gefüllt hat. Paul Ivic lässt filigrane Rosen aus Kohlrabi und Salat hinaustragen – ein knackig-frischer Einstieg. Gefühlt 50 Snacks pro Minute verlassen zwischen 13 und 14 Uhr die Küche. Oder sie verschwinden, auch dies kommt vor, im Mund eines Kochs.
Drei Köche des Jahres. «Der Event soll keine Challenge sein, sondern allen Spass machen», kommentiert Stefan Heilemann. Er ist der Gastgeber bei «Heilemann & Friends», und jetzt schon zuckt bisweilen seine Hüfte, was vor allem am Duo «Daddy Cool Project» liegt, das den Anlass musikalisch begleitet. Anwesend sind an diesem Sonntagnachmittag im Alex in Thalwil insgesamt sieben Küchenchefs, die eine dreistellige Zahl Gault-Millau-Punkte vorweisen können, dabei sind vor allem auch die letzten drei Köche des Jahres! Die Uhrzeit fürs Essen scheint perfekt gewählt, konnten die Gäste doch ausschlafen – und sind trotzdem auf den «Tatort» wieder daheim in der guten Stube.
Grosses Bild oben: Stefan Heilemann und Mitja Birlo in der Küche des Alex.
Wagemutig bitterer Sud vom Italiener. Ein steifer Wind bläst über den Zürichsee. Und so werden die Gäste beim Blick durch die hohe Fensterfront daran erinnert, dass der Winter halt doch noch ein paar Tage anhält. Auf dem Teller des Chefs Jorg Giubbiani (Restaurant Orto, Moneglia, I) zeugt davon eine bezaubernde Kreation aus Butternusskürbis, Orangenfilets und Buttermilch. Dazu werden in einem separaten Geschirr einige Ravioli serviert, die in einem fast schon wagemutig bitteren Sud aus Zitrusfrüchten schwimmen. Der Hauptgang kommt von Heilemann selber: Gekonnt würzt er ein Stück australisches Wagyu-Short-Rib (schöne Röstnoten!) mit einem Hauch Bärlauch und frittierten Kapern. Für den Säurekick sorgen Salzzitronen und eine Vinaigrette, für die auch das Kapernwasser mitverwendet worden ist.
Süssspeise mit Nelken-Kick. Noch ein Höhepunkt gegen Schluss des Nachmittags: das Dessert von Hauspatissière Larissa Wehrli, bei welchem Topinambur und Pistazien mit Nelken und Olivenöl vermählt werden. Einige Gäste sind da aber schon aufgestanden und haben zu tanzen begonnen – schliesslich wummern jetzt Italo-Hits wie «Mamma Maria» aus den Lautsprechern.
Schmorbraten vom Vegi-Chef Ivic. Durch den Nachmittag führt charmant und bis zuletzt Feinsprecher und Feinschmecker Sven Epiney, der den anwesenden Starchefs das eine oder andere Geheimnis zu entlocken vermag: So plaudert Benoît Carcenat darüber, was sich bei ihm nach der Nomination zum Koch des Jahres vor allem anderen geändert habe: «Ich schlafe jetzt deutlich weniger!» Und Vegi-Chef Paul Ivic (Tian, AUT), der aus Wien angereist ist, verrät, dass seine engen Freunde bei ihm zu Hause am liebsten Schmorbraten essen: «Das kann ich nämlich ziemlich gut.»
Birlo ist «just married». In ebenso guter Laune ist Mitja Birlo, der sich während des Anlasses schon mal nach einer Wohngelegenheit in der Region Zürich umhört. Sein Gemüse-Ceviche mit Kaffirlimette und Prunier-Kaviar wurde als allererstes serviert - längst hat er seine Pflicht getan. Und geniesst den weiteren Verlauf des Nachmittags, nicht zuletzt mit Silver-Sommelière Florentina Shenari, die er im Februar fast schon spontan geheiratet hat. Birlo: «Ich glaube, ich mach künftig bei solchen Events immer die Vorspeise, dann hat man nachher mehr Zeit für ein Glas Champagner!»
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