Text: Urs Heller
24 Jahre Küchenchefin und kein bisschen müde! Käthi Fässler ist die heimliche Heldin von Hof Weissbad. Bis zu 190 (!) Menüs schickt sie an «heissen» Wochenenden für zwei «Seatings» über den Pass ins «Flickflauder» und in die «Schotten-Sepp-Stube». Sie führt ihre 30-köpfige Brigade streng und grosszügig zugleich: Junge Chefs wie Jan Schmid und Marco Kölberer, gestählt in internationalen Wettbewerben, können sich in ihrem Windschatten entfalten, kriegen für besonders gute Ideen jederzeit grünes Licht. Beispiele für Kreationen der Youngsters im «Gourmet Menü»? Eine ziemlich aufwändige, etwas süssliche Konstruktion zum Start: Appenzeller Ente (aus dem Kloster Walzenhausen) mit Entenlebercrème, Ananas und Apfel, verpackt in einen Apfelring. Oder noch besser ausbalanciert: Appenzeller Felchentatar mit Gurke und frecher Bschorle Sauce; die Felchen sind ein «Nebenprodukt» der örtlichen, sehr experimentierfreudigen Brauerei Locher.
Crevetten, in und ums Raviolo. Käthi Fässler spürte bei unserem Besuch bereits den Frühling: Bärlauch-Cappuccino. Sie dosiert das kräftige Kraut sehr geschickt, legt eine «Limettenwolke» drüber und schickt auch noch was zum «Beissen» raus: Kalbstatar, in eine knusprige Praline verpackt. Dann Harmonie pur: Crevetten-Tortellini (Tortelloni?) im Safranteig, dazu ein sautierter Prachtskerl von Crevette und eine blitzsaubere Weissweinsauce, ein Klassiker aus dem Repertoire der Chefin.
Küchenpoesie im Hauptgang. «Weidebeef auf grüner Frühlingswiese» ist annonciert. Die Wiese? Ein Erbsli-Püree. Das Beef? Brust geschmort und mit Barbecuesauce serviert, Entrecôte elegant aufgeschnitten, mit ein paar Körnern Fleur de sel drüber. Die muntere Servicemitarbeiterin, eine von 30 (!) Lernenden im Haus, erkundigte sich trotz Rummel im Restaurant vorbildlich nach der gewünschten Garstufe.
Käse, Wein, Erbsen-Cremeschnitte. Dass die Gäste nach dem Dessert plötzlich alle Richtung Ausgang stürmen, hat einen besonderen Grund: Ein tolles Käsebuffet ist dort aufgebaut; das hausgemachte Appenzeller Birnenbrot sollte man nicht übersehen. Auch für Vegis schreibt die Chefin einen liebevollen Sechsgänger. Spektakulärer Start: Erbsen-Cremeschnitte mit Brauerei-Chips und Morcheln. In der Weinkarte blättern wir hier gerne. Besondere Merkmale: Ziemlich viele «chlini Fläschli», ein liebevolles regionales Angebot («Rond om de Hof»). Und Bordeaux-Zweitweine zum Schnäppchenpreis.
>> Fotos: Olivia Pulver, Caroline Micaela Hauger, HO.