Raul Garcia, herzliche Gratulation! Haben Sie mit einem Sieg beim S.Pellegrino Young Chef gerechnet?
Damit gerechnet wäre der falsche Ausdruck. Aber ich bin sehr selbstsicher an die Sache herangegangen. Mein Gericht war auf hohem Niveau. Ich wusste, wenn ich alles so machen kann wie geplant, passt das. Und die anderen haben teilweise sehr komplizierte Sachen gemacht. Ich habe einfach so gekocht, wie ich jeden Tag im «Focus» im Park Hotel Vitznau koche. Ich habe auf den Geschmack gesetzt und nicht auf die Präsentation.
Stefan Heilemann war in Brüssel in der Jury, im Finale in Mailand wird er Raùls Mentor.
Raùl Garcia am Halbfinale in Brüssel: Der 20-Jährige ging erstaunlich ruhig an die Sache heran.
Ist während des Wettbewerbs alles nach Plan gelaufen?
Am Morgen vor dem Wettbewerb wurde zu wenig Zander geliefert. Aber ich bin ruhig geblieben und habe das Beste daraus gemacht. Später habe ich noch mehr Zander bekommen. Danach habe ich für die Fischfarce Kräuter, Zitronenzeste und Kapern klein gehackt, habe sie aber fälschlicherweise zu den Muscheln gegeben. Dann musste ich alles nochmal neu machen.
Das Siegergericht: Nose to tail vom Zander mit Filet, Fischfarce, Muscheln und ein Ceviche.
Sie arbeiten im «Focus» bei Patrick Mahler. Was haben Sie von ihm gelernt?
Sicherlich die Perfektion, die er überall an den Tag legt. In der Küche, im Service, das Konzept. Er hat eine Linie und die verfolgt er konsequent. Ich schätze an ihm auch, dass er offen ist für Neues. Er hört auf Inputs aus dem Team. Wenn jemand eine bessere Idee hat, dann nimmt er das an. Er will das Restaurant vorwärts bringen. Und ich finde es auch schön, dass er mir schon so früh in meiner Karriere soviel Vertrauen entgegenbringt. Wenn er mal nicht da ist, weiss er, dass ich alles daransetze, dass es auch ohne ihn perfekt läuft.
Raùl mit seinem Chef Patrick Mahler an der GaultMillau Garden Party 2022.
Und wo wollen Sie noch hin?
Als nächstes muss ich in die RS. Leider. Danach gehe ich sicher wieder ins «Focus» zurück. Mich faszinieren aber die nordischen Länder und Japan. Wegen der Perfektion, der Arbeitsmoral und der Kreativität. Ich würde gerne eine Stage im Frantzén in Stockholm oder im RyuGin in Tokyo machen. Auf jeden Fall will ich herumreisen, bei einem Sushi-Meister lernen und einfach so viel mitnehmen, wie es geht.
Raùl präsentiert der Jury rund um Stefan Heilemann, Léa Linster und Mary Nozahic (v.l.) sein Gericht.
Sie machen auch ihren eigenen Gin. Wie kam es dazu?
Das war ein Projekt, das ich während der Pandemie in der Kurzarbeit gestartet habe. Ich lasse den Gin in der Säntisblick Destillerie produzieren, das Rezept ist aber von mir. Ich wollte einfach etwas Eigenständiges von Grund auf aufbauen. Klar, Gin gibts wie Sand am Meer. Aber so konnte ich etwas anderes machen als sonst. Der Gin heisst Agramonte, die Botanicals sind vor allem Zitrone, Basilikum, Rosmarin und Szechuan-Pfeffer für eine leichte Schärfe. Es gibt ihn in ausgewählten Restaurants. Bei uns im «Focus» oder auch in der Bauernschänke.
>> Am Montag, 3. Oktober fand in Brüssel das Halbfinale des Wettbewerbs S.Pellegrino Young Chef statt. Zehn Kandidaten aus Belgien und der Schweiz traten gegeneinander an. Raùl Garcia konnte den Wettbewerb für sich entscheiden und wird nächstes Jahr am Weltfinale in Mailand antreten.
