Sie wurden im Herbst als «Green Chef 2025» ausgezeichnet – ein Highlight Ihres Jahres?
Ich war tatsächlich sehr glücklich, diesen Titel und zudem einen weiteren Punkt zu bekommen. Er hat uns bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass wir ein höheres Niveau erreicht haben. Auch unsere Produzenten und Lieferanten, ohne die das alles nicht möglich wäre, sind stolz auf die Auszeichnung. Eindrücklich waren nicht zuletzt das Presseecho und die Gratulationen der Gäste!
Ist es den Gästen wichtig, dass Sie möglichst Bio kochen?
Dass wir in der Pinte des Mossettes in aller Regel auf nachhaltige Produkte setzen, ist wahrscheinlich wichtiger fürs Endresultat auf dem Teller als für die Gäste. Doch wenn es uns so manchmal gelingt, auch noch einige kritische Geister von der Bio-Idee zu überzeugen – umso besser. Wir möchten ja schon den Beweis antreten, dass gehobene Gastronomie und Nachhaltigkeit keine Gegensätze mehr sind.
Kaufen Sie auch für Ihre Familie «bio» ein?
Selbstverständlich. Ich bin davon überzeugt, dass man die Welt, in der man lebt, mit den Lebensmitteln formt, die man einkauft und isst.
Sie haben im vergangenen Jahr einen Gärtner statt einem weiteren Koch eingestellt – würden Sie’s nochmals tun?
Dreimal ja! Thomas Philippe macht draussen vor dem Haus einen hervorragenden Job.
Und was macht er jetzt im Winter?
Arbeit gibt es für ihn immer. Der Garten muss winterfest gemacht werden, zudem planen wir jetzt schon, was im nächsten Jahr gepflanzt werden soll. Und es wächst ja auch zurzeit noch vieles: verschiedene Kohlsorten, die mit jedem Frost noch süsser werden. Chicorée und Lauch im Folientunnel. Einige Kräuter.
Ihren Signature Dish, den täglich neu zusammengestellten «Blattsalat», servieren Sie also auch jetzt?
Tatsächlich. Und viele Zutaten, die ich vor dem Service sammle, einzeln mit Sauce parfümiere und mit etwas regionalem Käse nach dem Hauptgang auftische, sind auch jetzt noch grösstenteils frisch aus unserem Garten!
Wie schwierig ist es, als «grüner» Chef durch den Winter zu kommen?
Wichtig ist, dass man schon im Sommer plant, was man im Winter vorhat. Gemüse kann getrocknet, in Öl eingelegt oder fermentiert werden. Und selbstverständlich kommt über die kalten Monate mehr Fleisch im mehrgängigen Menü vor. Im Sommer gibt es vielleicht einen Gang mit regionalem Fleisch, zurzeit kommt es in einem der Apéro-Snacks, in einer Vorspeise und zudem im Hauptgang vor.
Kommen im Winter überhaupt Gäste zu Ihnen?
Sicher, das Erlebnis ist gerade jetzt abends ja noch intensiver als sonst. Draussen ist es schon kalt und dunkel, wenn man in der Pinte des Mossettes ankommt – so wirkt das Restaurant noch viel gemütlicher. Auch weil da ein Cheminéefeuer brennt.
Ist die Strasse zum Restaurant immer geräumt?
Ja, die Strasse wird tatsächlich regelmässig vom Schnee befreit. Wird die Wettersituation allzu heikel, bieten wir den Gästen an, sie im Dorf unten abzuholen.
Klingt jetzt nicht so, als ob Sie den Frühling herbeisehnen.
Ja und nein, ich mag den Wechsel der Jahreszeiten. Am schwierigsten für mich als Koch sind jeweils die Monate März und April – dann bekommen die Kollegen in tieferen Lagen oder im Tessin schon das volle Programm geliefert. Wir mit unserer regionalen Ausrichtung setzen dann noch grösstenteils auf die wenigen Wildpflanzen, die sich zeigen, auf Fische und auf Vorräte. Und natürlich auf die Hoffnung – dass der Frühling und damit die ersten Erdbeeren bald kommen. (Lacht.)
Ihr Lieblingsmonat?
Müsste ich einen Lieblingsmonat nennen, wäre es wohl der September. Frühlingsgemüse in zweiter Saat, etwa Radieschen, können geerntet werden. Die Sommergemüse sind noch präsent, und allmählich kommen die Herbstzutaten wie Maroni oder Wintergemüse dazu.
Klingt nach Schlaraffenland…
Es ist aber zugleich auch der strengste Monat des Jahres, weil man Tomaten einlegen und Pilze trocknen muss. Im Februar, März serviere ich ja dann jeweils eines meiner Lieblingsgerichte, «Erinnerungen an letzten Sommer», einen Pie mit konservierten Tomaten, Peperoni und Öl aus verschiedenen Blüten.
Sie haben Ihren Garten in den letzten zwei Jahren massiv vergrössert – sind Sie inzwischen komplett Selbstversorger?
Wir decken etwa 30 Prozent unseres Bedarfs an Gemüse selber ab. Und auch wenn ein Garten eigentlich nie gross genug sein kann, wollen wir ihn nicht noch mehr vergrössern. Vielmehr wollen wir nächstes Jahr versuchen, unsere Parzelle durch die gemachten Erfahrungen effizienter zu bewirtschaften. Kommt hinzu, dass ich je gerne mit den regionalen Bauern zusammenarbeite.
Kann das Wetter da zum Problem werden?
Hoffentlich haben wir diesbezüglich mehr Glück im nächsten Jahr! Immerhin gehen wir, anders als ein Winzer, auch bei schlechterem Wetter ganz leer aus. Ist ein Garten richtig zusammengestellt, ist immer eine Pflanze da, die gedeiht. Dieses Jahr hatten wir fantastisch süsse Kardonen, die köstlichsten, die ich je gegessen habe! Ich freue mich jetzt schon darauf, mehr davon zu pflanzen, damit ich ein ganzes Gericht daraus zubereiten kann.
Zählen Sie sich eigentlich zu den Vertretern der alpinen Küche wie beispielsweise Norbert Niederkofler oder Paolo Casanova?
Alle unsere Zutaten kommen aus einem Umkreis von ungefähr 50 Kilometern, und wir sind hier tatsächlich mitten in den Alpen – da können Sie schon von einer alpinen Küche sprechen. Und ich halte es für eine richtige Sache, sich mit lokalen Kochtraditionen und Ernährungsgewohnheiten in der Region auseinanderzusetzen – gerade heute, wo die Kochtechniken sich weltweit immer mehr angleichen.
Sie haben trotzdem mit der Antwort gezögert…
Etiketten wie «alpine Küche» können auch einengen. Wenn ich beispielsweise mit alpinen Zutaten eine Pizza backen will, möchte ich das tun können – auch wenn Pizza aus einer anderen Kultur kommt. Es ist ein wenig wie mit Bio: Ich möchte nicht auf den wunderbaren Geisskäse meines Nachbars verzichten, bloss weil er nicht offiziell zertifiziert ist.
Mit was muss man nächstes Jahr bei Ihnen sonst noch rechnen – ausser Alpen-Pizza?
Für mich wird es die kommenden Monate essentiell sein, dass wir unsere Umbaupläne umsetzen können – eine Renovation der Pinte des Mossettes wäre eine wichtige Voraussetzung, um noch besser zu werden. Um sich nochmals zu steigern. Leider legen uns die Behörden derzeit einige Steine in den Weg. Ich hoffe, wir finden einen Ausweg – ich will ja unbedingt bleiben, hier fühle ich mich wohl!
>> Nicolas Darnauguilhem ist der Green Chef 2025, ausgezeichnet von Bio Cuisine und GaultMillau. In der Pinte des Mossettes in Cerniat VD begeistert er mit nachhaltiger Küche und erstklassigen Zutaten aus der Region und seinem Garten. Sein Engagement brachte ihm dieses Jahr 17 Punkte ein. www.lapintedesmossettes.ch
Fotos: Gabriel Monnet, Claudia Link, Thomas Buchwalder