Interview: Daniel Böniger I Fotos: Lucia Hunziker, Olivia Pulver

Marco Böhler, grillieren Sie eigentlich auch privat gerne? 

Es fehlt mir ehrlich gesagt die Zeit dafür. Aber ungefähr viermal jährlich packt es mich doch - und dann grilliere ich zusammen mit Freunden entweder an einer Feuerstelle oder auf dem Green Egg.  

Was legen Sie auf den Rost? 

Ich mag grosse Stücke, die ich erst sous-vide vorgare und dann nur noch kurz fürs Finish aufs Feuer lege, Short Ribs vom Rind beispielsweise. 

Da spielt natürlich die Marinade eine Rolle. Können Sie uns ein Grundrezept skizzieren? 

Säure gehört auf jeden Fall hinein. Dafür sorgen Zutaten wie Naturjoghurt, Tomaten, Fruchtsaft oder einfach ein schöner Fruchtessig. Es braucht eine gewisse Süsse, etwa von Honig, Ahornsirup oder braunem Zucker. Prägnante Aromen sind zentral, hier hat man die Auswahl zwischen Kräutern wie Rosmarin oder Thymian, Senf, Wacholder, Sojasauce oder auch Sherry. Wobei man bei alkoholhaltigen Marinaden darauf achten sollte, dass man das Grillgut nicht zu lange mariniert - sonst wird es gräulich. 

Wie steht es mit der Schärfe? 

Es ist Geschmackssache, ob man Chili, Pfeffer, Piment d'Espelette oder Cayennepfeffer dazugeben möchte. Abgeschmeckt wird mit Salz. 

 

Porterhouse Spanien - Felix Kattchin ist Fleisch-Sommelier und Chef de Grill im Park Hotel Vitznau - Fleisch von LUMA - 29. April 2020 - Copyright Olivia Pulver

Marco Böhler mag die «dicken Dinger»: Hier ein Porterhouse-Steak vom Grill.

Kommt das Salz schon in der Marinade dazu? 

Ja. Allerdings reicht das nicht immer - bei grossen Stücken sollte man nach dem Tranchieren der fertigen Grillade noch etwas Maldon Sea Salt auf die Fleischoberfläche streuen. 

Geht man bei Fisch gleich vor? 

Da ist es fast noch einfacher, weil das Marinieren wegfällt. Man nimmt eine ganze Forelle oder eine Dorade und gibt einfach Kräuter, Ingwer und Limettenschale in den Bauch. Der Geschmack des Fischs soll im Vordergrund bleiben. Je nach Grösse kommt er etwa 12 Minuten auf den Rost. Wenn die Rückenflosse rausgezogen werden kann, ohne dass Fleisch dran hängen bleibt, ist der Fisch fertig. 

Da hat man nur einen Versuch… 

Natürlich kann man auch mit dem Fleischthermometer arbeiten. Bei einer Kerntemperatur von 52 bis 54 Grad ist der perfekte Garpunkt erreicht. 

Und Meeresfrüchte? 

Mit Jakobsmuscheln, Pulpo oder Krevetten lassen sich tolle Spiesse machen. Man steckt sie auf Zitronengras und gibt zum Beispiel Ananasstücke dazwischen. Da kann die Marinade ganz simpel sein: Ingwer, Limettenabrieb und Olivenöl reichen vollauf. 

 

Marco Böhler, Küchenchef bei Tanja Grandits. - Story: Tanja Grandits, GaultMillau Schweiz, Köchin des Jahres, 19 Punkte, Restaurant Stucki, Basel 2019 - © Lucia Hunziker

Fisch für den Grill? Statt marinieren, reicht es den Bauch mit Kräuter u.ä. zu füllen.

Gerade bei Fisch kann es passieren, dass er am Rost klebt. Wie sorge ich für Abhilfe? 

Der Rost muss erstens wirklich sehr sauber sein. Zweitens sollte man den Fisch mit Küchenpapier gut abtupfen und erst auf Temperatur bringen, er sollte keine Kühlschranktemperatur mehr haben. Drittens braucht es Geduld - oft klebt das Gargut ja nur die ersten ein, zwei Minuten am Gitter. Bei Fisch kann auch eine Gusseisenplatte für den Grill eine gute Lösung sein. 

Darauf kann man sicher auch Gemüse zubereiten. 

Ja, Peperoni in allen drei Farben, Zucchetti, Auberginen und so weiter. Ich schneide alles mit der Aufschnittmaschine gleichmässig in Tranchen. Mariniere diese mit Balsamico, Knoblauch, Chili, Schalotte, Miso, Olivenöl, Salz und Pfeffer. Wer kann, sollte hierzu das Gemüse vakuumieren, weil die Marinade so besser einzieht. Am Ende kommt alles zusammen auf Grill. Der Clou an der Sache: Nach dem Grillieren gibt man das Gemüse wieder in die übrig gebliebene Marinade - so mag das jeder! Und es ist sowohl als Antipasto als auch als Beilage geeignet. 

Apropos Beilagen - haben Sie ein, zwei einfache Ideen hierfür? 

Ein gutes Focaccia vom Rost mit Olivenöl, Salz und Rosmarin passt immer und ist keine Hexerei. Notfalls kann man ein solches ja kaufen… Ebenso gut schmecken vorgekochte Kartoffeln, die man mit Olivenöl, Fleur de Sel und Thymian in Alufolie nochmals auf den Rost legt. Am Ende gibt man am besten noch einen Klecks Kräuterquark obendrauf! 

Wie überrascht man seine Gäste am Grillabend? 

Es kann spannend sein, mit Sägemehl oder Woodchips heiss zu räuchern. Man braucht da keine komplizierte Apparatur, sondern einfach ein Päckchen aus Aluminiumfolie, in welches man mit der Fleischgabel einige Löcher sticht. Aber Achtung, das raucht gewaltig! Je nach Windrichtung sollte man das nicht auf dem Balkon im Mehrfamilienhaus praktizieren… Geräuchert werden können etwa ganze Felchen oder Freiland-Pouletschenkel. 

 

Pulpo (blanchiert und im Olivenöl auf dem Blech mit Kräutern konfiert). Marco Böhler, Grillieren mit Freunden am Big Green Egg, im Garten des Restaurant Stucki, Basel, 04.05.2018, Foto Lucian Hunziker

Böhler mag Pulpo vom Grill, den er erst blanchiert, bevor er mit Zitronengras auf den Rost kommt. 

 

Sollen auch die Desserts vom Grill kommen? 

Wer einen Deckel auf dem Grill hat: Cupcakes mit Blaubeeren bekommen vom Rauch eine besondere Note. Es braucht dafür etwa 25 Minuten Zeit. 

Erlauben Sie den Kalauer: Haben Sie sonst noch einen heissen Tipp? 

Nutzen Sie die Resthitze! Wenn der Grill gut Wärme speichert, kann man nach dem Grillieren Rande oder Knollensellerie in Alufolie auf den Rost legen und dort einfach mehrere Stunden mit der Resthitze schmoren lassen… 

Holzkohle oder Gas? 

Ich bin klar für die Holzkohle, am liebsten von daheim aus dem Schwarzwald. Aber auch die Doris im Entlebuch, deren fantastische Holzkohle es manchmal bei «Otto’s» gibt, hat bei einem der letzten Köhler aus meiner Heimat ihre Lehre gemacht. Was übrigens ganz toll ist: japanische Kohle. Sie ist kugelförmig, und man erreicht damit eine Hitze von bis zu 500 Grad. Eine Langustine braucht da pro Seite gerade mal vier, fünf Sekunden, bis sie fertig ist. Wenn man keine günstige Kopie will, hat das natürlich seinen Preis. Dafür kann man diese Spezialkohle aber auch löschen - und wiederverwenden. 

 

Marco Böhler am Green Egg.

Manchmal grilliert er auf dem offenen Feuer, manchmal - wie hier - auf dem Green Egg: Marco Böhler.