Ines Triebenbacher, wie war Ihr Jahr im «Igniv» in Zürich?
Es war sehr spannend, weil es das erste Jahr ist, in dem ich Mutterschaft und Arbeit kombinieren konnte. Das war viel anspruchsvoller, als ich es mir vorgestellt habe. Auch aus geschäftlicher Sicht war es ein anspruchsvolles Jahr, weil es starke Schwankungen gab. Und dass ich «Gastgeberin des Jahres» geworden bin, hat mich total überrascht – gerade als Teilzeit-Gastgeberin ist das eine grosse Ehre.
Wie haben Sie sich die Kombination aus Arbeit und Familie vorgestellt, bevor die Realität sie eingeholt hat?
Wenn ich früher nicht alle meine Aufgaben im Restaurant geschafft habe, bin ich halt einfach länger geblieben. Heute wird mein Tag von unserer Tochter Juna bestimmt. Mittwoch, Donnerstag und Freitag muss ich spätestens um 18.30 gehen, um sie von der Kita abzuholen. An den anderen Tagen schaut Daniel (Partner und «Igniv»-Küchenchef Daniel Zeindlhofer, d. Red.) zu ihr. Diese Koordination ist anspruchsvoll.
Finden Sie, es ist in der Gastronomie schwieriger, Kind und Karriere zu vereinbaren, als in anderen Branchen?
Ich habe das grosse Glück, dass mich Sarah und Andreas Caminada unglaublich toll unterstützten. Dass ich als Restaurantleiterin nur den Mittagservice machen kann, ist ausserordentlich. Das hat aber nichts mit der Branche zu tun, sondern eher mit der Qualität der Chefs. Es ist immer anspruchsvoll, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen.
Eine grundsätzliche Frage: Was macht eine gute Servicefachkraft aus?
Dass sie freundlich ist und sich darüber freut, wenn Gäste ins Restaurant kommen. Alles andere kann man lernen. Wenn du aber nicht die Persönlichkeit hast, die für den Gast eine Wohlfühlatmosphäre schaffen kann, ist es nicht der richtige Job. Gute Gastgeber schaffen Erinnerungen, das ist das Schöne an diesem Beruf. Mir schreiben Gäste aus dem Urlaub und erzählen vom Champagner, den sie gerade trinken…
Waren Sie eigentlich immer schon so ein Sonnenschein?
Ich habe immer schon gerne und viel gelacht und bin grundsätzlich ein fröhlicher Mensch. Es gibt aber schon Momente, in denen ich nicht so gut drauf bin. Und schon als Kind habe ich zu Hause gerne Bedienung gespielt. Zwischendurch wollte ich zwar mal Meeresbiologin werden, dann habe ich aber erst eine Schnupperlehre und dann die Hotelfachschule gemacht. Von da an war es klar, dass ich nur in einem Restaurant arbeiten will.
Was kann den Ihre Laune trüben?
Jeden Morgen muss ich die Terrasse auf der schrägen Kopfsteinplfaster-Strasse im Niederdorf aufdecken. Das genaue Ausrichten des Mobiliars macht mich täglich fertig. Auch wenn es im Service nicht rund läuft, werde ich unruhig. Aber seit ich ein Kind habe, bin ich lockerer geworden.
Gibt es Trends im Service, die Ihnen auffallen?
Der Service im Restaurant ist sicher nahbarer geworden. Aber es sollte auch nicht zu locker werden: T-Shirts und dreckige Sneakers beim Personal gehen mir zu weit. Mir sind auch Details wichtig. Den Wein sollte man beim Einschenken zum Beispiel so halten, dass der Gast das Etikett sieht. Ein wenig Berufsstolz sollte schon sein.
Welche Trends sehen Sie bei Wein und Champagner?
Was mir auffällt: Entweder trinken die Gäste richtig teure Weine. Oder sie sind sehr sparsam. Die mittelteuren Flaschen werden hingegen nur noch wenig bestellt.
Wird in Restaurants weniger getrunken, wie man oft hört?
Wir haben tatsächlich Gäste, die einen Abend lang nur Wasser trinken.
Aus gesundheitlichen oder preislichen Gründen?
Es ist wahrscheinlich beides. Wir sind mitten in der Stadt, die Leute gehen am nächsten Tag oder nach dem Lunch wieder arbeiten.
Wie motivieren Sie junge Leute für den Service?
Ich lebe vor, dass ich für diesen Beruf brenne. Ein Restaurantleiter sollte aktiv im Service sein und nicht bloss im Büro sitzen. Die Gäste kommen ja nicht nur wegen der Küche, sondern auch wegen uns – das versuche, ich den jungen Kolleginnen und Kollegen zu vermitteln.
Haben Sie dieses Jahr eine aussergewöhnliche Wein- oder Champagner-Entdeckung gemacht?
Tatsächlich und überraschenderweise für mich war es kein Champagner wie üblich, sondern ein Viura aus Spanien. Der Alegre Valgañon Blanco von 2018 ist ein spezieller Weisswein – sehr mineralisch mit Aromen von viel Feuerstein. Das ist überhaupt nicht die Stilistik, die ich in der Regel mag, aber hat mich echt von den Socken gehauen.
Ines Treibenbacher (34) ist seit 2020 Gastgeberin und Sommelière im «Igniv by Andreas Caminada» in Zürich. Bekannt ist sie unter anderem für Ihre Spezialkarte mit gegen 200 Winzer-Champagner. Triebenbacher ist in Augsburg aufgewachsen und hat nach der Lehre im Wirtshaus Untere Mühle auf Schloss Schauenstein in Fürstenau gearbeitet. Zusammen mit ihrem Partner und Küchenchef Daniel Zeindlhofer hat sie danach von 2016 bis 2019 das Golfrestaurant Vista in Sagogn geleitet, bevor die beiden 2020 nach Zürich gezogen sind.
Fotos: Lukas Lienhard, Adrian Bretscher, Keystone,