Text: David Schnapp
Marcus G. Lindner, Sie sind in Österreich aufgewachsen: Was haben Sie als Kind am liebsten gegessen?
Meine Mutter hat in einer Haushaltschule richtig kochen gelernt, das gehörte damals zur Grundausbildung, und das hat man einfach gemerkt. Wenn sie später Marillenknödel gemacht hat, war das wirklich ein Ereignis. Aber auch an ihren gratinierten Blumenkohl mit Ei erinnere ich mich gerne.
Und was haben Sie gar nicht gern gegessen?
Meine Mutter wollte es nicht wahrhaben, aber Pudding konnte ich einfach nicht essen, ich habe das nicht runtergebracht.
Gibt es sonst noch etwas, was Sie heute aus Prinzip nicht essen oder zubereiten?
Ich bereite alles zu, was der Gast mag. Meinen eigenen Geschmack stelle ich dabei hinten an. Und ich esse alles, ich würde selbst das hundertjährige Ei bestellen, wenn ich die Gelegenheit hätte, auch Heuschrecken habe ich auch schon probiert.
Wenn Sie in einem Restaurant essen: Wieviel darf es kosten?
Budget-Limiten gibt es nicht: Wenn ich den Menschen am Herd kenne, dann lasse ich ihm freien Lauf. Mein teuerstes Essen war im «El Bulli», bevor es geschlossen wurde, aber an den Preis kann ich mich wirklich nicht mehr erinnern.
Welche Art von Fast Food essen Sie, wenn es schnell gehen soll?
Wenn ich beim Tanken rausfahre, esse ich gerne eine Rösti oder einen Käsekuchen im «Marché», die machen das gar nicht schlecht. Und sonst ist Pasta mein liebstes schnelles Gericht.
Haben Sie schon einmal das Gericht eines anderen Kochs zubereitet?
Vielleicht unwissentlich, das kann man nie ausschliessen. Mir hat einmal ein Koch erzählt, er habe Aprikosenravioli zum Fisch kombiniert, und das hatte ich damals auch auf der Karte – es war aber reiner Zufall. Ich dachte tatsächlich, ich sei der erste gewesen mit dieser Idee…
Ist Kopieren unter Köchen in Ordnung?
Bewusst kopieren, finde ich nicht okay. Was geht, ist wenn man es offenlegt als eine Art Hommage. Dafür gibt es ja letztlich Kochbücher.
Welche Kochbücher waren wichtig für Sie?
Jedes Kochbuch, das ich mir gekauft habe, war wichtig. Oft geht es um ein bestimmtes Thema – um die italienische Küche oder den Umgang mit Holz und Feuer. Ich finde es schon wertvoll zu erfahren, was andere für Erfahrungen gemacht haben mit einer bestimmten Technik beispielsweise.
Wann trinken Sie morgens Ihren ersten Nespresso Kaffee?
Kurz nach dem Aufstehen trinke ich einen ersten Espresso.
Welchen Kaffee trinken Sie bei dieser Gelegenheit?
Ich wähle immer die vier stärksten Sorten, wie zum Beispiel Ristretto oder il Caffè und die bestelle ich immer wieder routinemässig.
Und wie viel Tassen dürfen es pro Tag sein?
15 Espressi sind es schon. Wenn ich arbeite, ist das mein unbedenkliches Aufputschmittel.
Ist Kaffee für Sie beim Kochen interessant?
Absolut, ich finde vor allem die leichten Röstaroma spannend, die Kaffee mitbringt. Ich würde es als Aroma mit Pfeffer oder Tabak vergleichen. Das heisst aber auch, dass man es sorgfältig dosieren muss. Ich arbeite da sehr genau: Beim Kaffee-Eis kochen wir Milch und Rahm auf und lassen die Bohnen darin über eine exakt definierte Dauer ziehen. Das muss man fast mit der Stoppuhr machen.
Haben Sie ein Hobby oder eine Leidenschaft, von der niemand weiss?
Ich fahre gerne Motorrad, damit mache ich gerne Spritztouren von einer Stadt in die andere. Das ist ein Überbleibsel meiner Jugend, damals sind wir mit dem Mofa zu einem See gefahren. In meinen Pausen mache ich ausserdem Sport und gehe in der Freizeit gerne in den Bergen wandern.
Sind Sie tätowiert?
Ich habe seit meiner Jugend ein Tattoo, damals war das noch ziemlich anrüchig. Um sich tätowieren zu lassen, musste man ins Studio der Hell’s Angels. Ich hatte mir damals einen Adler mit einer unbekleideten Dame als Motiv ausgesucht. Mittlerweile habe ich aber angefangen, es mit Laser entfernen zu lassen. Es ist Zeit, für etwas Neues. Aber ich bin noch auf der Suche nach einem passenden Künstler und dem richtigen Sujet.
Welcher Kollege macht Ihnen Eindruck, bei wem möchten Sie unbedingt einmal essen?
Spanien ist für mich immer wieder interessant, die Restaurant suche ich mir dann aber vor Ort heraus. Auch Kopenhagen ist auf meiner Wunschliste, weil ich dort vielleicht heiraten möchte.
Wie weit sind die Hochzeitsvorbereitungen?
Sagen wir es so: Die Gespräche darüber laufen intensiv (lacht).
Wenn Sie noch ein letztes Mahl bestellen dürften, was wäre das?
Vermutlich ein Wiener Schnitzel, wenn ich den Koch kenne. Das kann man immer essen. Nur wenn es nicht gut ist und flach daher kommt, isst man besser nichts.
>> Marcus G. Lindner, 61, ist seit 2021 Küchenchef im Alpine Design Resort Bergwelt in Grindelwald. Zuvor war der gebürtige Voralberger unter anderem für das «Mesa» (18 Punkte, zwei Sterne) und den «Sonnenberg» in Zürich oder die Küche im The Alpina in Gstaad verantwortlich.
Fotos: Yvonne Zurbruegg, Digitale Massarbeit, HO