Text: David Schnapp | Fotos: Andrea Furger
James Baron, Sie sind in Petersfield, südlich von London aufgewachsen: Was haben Sie als Kind am liebsten gegessen?
Am liebsten hatte ich Hummer: Meine Grosseltern haben auf einer der Kanalinseln gelebt und mein Grossvater hatte immer ein paar Hummerkäfige im Meer. Grandma hat dann daraus Salat gemacht – mit viel Zitrone und Mayonnaise. In den 70er Jahren hat sie sogar mal für die Queen Mom einen Lobster-Lunch ausgerichtet, weil mein Grossvater auch Präsident der Insel war.
Und was haben Sie gar nicht gern gegessen?
Marzipan mag ich bis heute nicht, aber Mandeln esse ich gern.
Gibt es sonst noch etwas, was Sie heute aus Prinzip nicht essen oder zubereiten?
Hier in der «Krone» wollen wir keinen Hummer und auch keinen Thunfisch zubereiten, dafür braucht es den richtigen Ort. Und Marzipan gibt es auch nicht (lacht). Wir setzen auf Produkte aus der Region und solche, die quasi auf dem alten Saumpfad aus Italien ins Engadin gelangt sind. Das macht für mich Sinn.
Wenn Sie in einem Restaurant essen: Wieviel darf es kosten?
Es gibt kein Preislimit, ich gebe fast mein ganzes Geld fürs Essen aus. Mein erstes Drei-Sterne-Erlebnis hatte ich noch als 18-jähriger Lehrling in Paris. Ich weiss heute gar nicht mehr, wie ich mir das leisten konnte, und wie ich überhaupt die Rechnung bezahlt habe. In Hongkong bin ich jede freie Minute essen gegangen, das hat für mich einen riesigen Lerneffekt als Gastgeber. In der Gastronomie geht es um Details, die man kontinuierlich verbessern sollte. Deshalb ist es wichtig, immer neue Dinge zu sehen.
Welche Art von Fast Food essen Sie, wenn es schnell gehen soll?
Entweder Fried Chicken oder Kebap. In Hongkong gab es unglaublich gute Kebaps, hier im Engadin bin ich noch auf der Suche…
Haben Sie schon einmal das Gericht eines anderen Kochs zubereitet?
Als Andreas Caminada mit dem Witzigmann-Preis ausgezeichnet wurde, musste ich für 200 Gäste ein Gericht von Eckart Witzigmann kochen: Steinbutt mit Spinat, Rotweinsauce und Champagnersabayon. Ich war erst 29 Jahre alt und stand massiv unter Druck. Aber am Schluss hat mich der Jahrhundertkoch gelobt.
Ist Kopieren unter Köchen in Ordnung?
Die Rotweinsauce wurde vielleicht schon mal irgendwo eingebaut, weil sie einfach gut ist. Man nimmt ja auf seinen eigenen Weg immer etwas mit von jedem Chef, für den man arbeitet.
Welche Kochbücher waren wichtig für Sie?
«White Heat» von Marco Pierre White ist der Grund, warum ich überhaupt Koch geworden bin. Das Buch hat so viele Köche geprägt, und war letztlich der Anfang der gehobenen Küche, wie sie heute ist. Auch die Bücher von Daniel Humm und Harold McGees «On Food and Cooking» waren wichtig. McGee ist ein wertvolles Nachschlagewerk für alle möglichen Techniken. Wie man Essige oder Kombuchas ansetzt, wie man fermentiert und so weiter.
Wann trinken Sie morgens Ihren ersten Kaffee?
Ich fahre morgens immer zuerst meine Tochter in den Kindergarten und komme deshalb erst um 7.50 Uhr im Geschäft, dazu einen ersten Kaffee zu trinken.
Welchen Kaffee trinken Sie bei dieser Gelegenheit?
Zu Beginn war es noch Latte Macchiato, dann Cappuccino, schliesslich Espresso Macchiato und jetzt nur noch Espresso. Die Milch habe ich schrittweise reduziert.
Und wie viel Tassen dürfen es pro Tag sein?
Fünf sind es schon, mehr sollten es aber auch nicht sein, sonst wird es kritisch mit dem Schlafen abends.
Haben Sie ein Hobby oder eine Leidenschaft, von der niemand weiss?
Golf, Skifahren und Joggen – mehr Freizeit habe ich nicht. Schon für das Golfspiel reicht es kaum. Langlaufen würde ich auch gern versuchen, aber das ist ein Projekt, das ich vielleicht im März angehe.
Sind Sie tätowiert?
Ich gehöre zu den mittlerweile selten gewordenen Köchen ohne Tattoos, das ist nicht so meins.
Welcher Kollege macht Ihnen Eindruck, bei wem möchten Sie unbedingt einmal essen?
Zu Silvio Germann auf den Mammertsberg muss ich unbedingt. Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen, und er ist einfach ein super Typ.
Wenn Sie noch ein letztes Mahl bestellen dürften, was wäre das?
Das Huhn, welches Alain Passard im «Arpège» in Paris nach dem Rezept seiner Grossmutter in Heu bäckt. Das war einer der besten Hauptgänge, die ich je gegessen habe.
>> James Baron, 37, führt zusammen mit seiner Frau Natacha seit dem Sommer 2022 die «Krone – Säumerei am Inn» in La Punt (16 Punkte, ein Stern). Davor war er Küchenchef im Zweisterne-Restaurant des «Landmark Mandarin Oriental» in Hongkong sowie auf Stationen in St. Anton am Arlberg, bei Andreas Caminada und Didier de Courten.