Rolf Fuchs, wie viele Köchinnen und Köche haben Sie eigentlich schon ausgebildet?
Da muss ich kurz nachdenken. In den 24 Jahren, seit ich zurück ins «Panorama Hartlisberg» gekommen bin, dürften es wohl rund 20 junge Leute gewesen sein.


Hat sich die Aufgabe des Ausbilders verändert, ist es anspruchsvoller geworden, junge Leute auf das Berufsleben vorzubereiten?
Als ich mit erst 21 Jahren Küchenchef im Restaurant meiner Eltern geworden bin, war ich natürlich sehr unerfahren. Damals war es nicht so einfach, jemanden auszubilden. Mein Glück war, dass ich seither immer brillante Lehrlinge hatte, die sehr motiviert waren und gefördert werden wollten. So gesehen, ist es eher einfacher geworden.


Wo finden Sie diese motivierten jungen Menschen?
Wir haben uns einen guten Ruf als Ausbildungsbetrieb erarbeitet. 2019 wurde ich etwa zum Ausbilder des Jahres gewählt, darauf bin ich stolz. Es spielen aber verschiedene Faktoren eine Rolle. Unsere Leute machen beispielsweise immer wieder bei Wettbewerben mit und schneiden dort hervorragend ab – etwa als «beste Lehrlinge» beim «Gusto24». Damit sind sie auch Vorbilder für die jüngeren im Betrieb. Und all dies spricht sich in der Region herum. 

Terrasse Hartlisberg

Abendstimmung: die Terrasse des Restaurants Panorama Hartlisberg in Steffisburg.

Rolf Fuchs, Panorama, Steffisburg, Eier, Ostern, Szegediner Ei mit Sauerkraut, Lardo, Paprikaschaum und Schnittlauch-Sauerrahm-Espuma

Ausbilder des Jahres 2019: JRE-Mitglied Rolf Fuchs in der Küche.


Welche Eigenschaft macht Sie zu einem guten Ausbilder?
Ich bin ein guter Motivator, das wirkt sich zunächst mal auf die Gesamtstimmung aus. Mein Verständnis für die jungen Leute ist gross, und wir bringen ihnen alle Grundlagen von der Pike auf bei: von den klassischen französischen Kochtechniken mit frischen Produkten, über das Brothandwerk bis zu den Pralinen, die wir selber machen. 

Was macht einen guten Lehrmeister aus?
Wer gute Mitarbeiter haben will, muss als Chef ein Vorbild sein. An Fehlern muss man arbeiten, um sie zu eliminieren, die positiven Aspekte hingen gilt es zu stärken und hervorzuheben.


Haben Sie den Eindruck, auf dem Land finden Sie einfacher gute junge Leute als in Städten wie Zürich, Bern oder Luzern?
Ich kenne die Situation in den Städten nicht im Detail. Mein Eindruck ist aber, dass in ländlichen Regionen die Motivation der Mitarbeitenden hoch ist. Unsere jungen Mitarbeitenden machen mir nicht zuletzt durch ihren grossartigen Berufsstolz viel Freude. 

Rolf Fuchs, Panorama, Steffisburg, Eier, Ostern

«Die Motivation der Mitarbeiter in ländlichen Regionen ist hoch»: Blick vom Restaurant Hartlisberg Richtung Thunersee.

Muss jemand, der im ersten Lehrjahr anfängt, schon mal ein Spiegelei gebraten haben, oder steht vielmehr die Persönlichkeit im Vordergrund?
Wir haben viele, die für eine Schnupperlehre vorbeikommen. Und wenn jemand dann noch nie gekocht hat, stelle ich schon die Frage, warum er oder sie professionell mit Lebensmitteln arbeiten will? Es braucht Leidenschaft und Emotionen für diesen Job. Ich beobachte am Anfang zum Beispiel, wie jemand auf einen angerichteten Teller reagiert. Wenn ihn das gleichgültig lässt, wenn jemand das Feuer nicht hat, bringt es nichts. 


Und was bringen Sie den Lernenden im Laufe der drei Jahre bei, welche Werte wollen Sie vermitteln?
Bei uns beginnen schon 15-Jährige ihr Berufsleben. In diesem jungen Alter ist es unglaublich wichtig, wo man die Lehre macht. Wir sind ein Familienbetrieb, in dem es trotz der vielen Arbeit eine gewisse Nähe gibt. Werte wie Ehrlichkeit und Disziplin sind mir wichtig. Wir haben eine gerade Linie und bieten unseren Gästen eine konstant gute Leistung. Ich vergleiche uns gern mit einem Fussballteam: Ich bin der Coach und will die Spiele mit dem Team gewinnen.  

Es wird oft über den fehlenden Nachwuchs in der Gastronomie geklagt. Gibt es Grund zur Sorge?
Wir machen uns natürlich unsere Gedanken, aber es ist ganz einfach: Wer keine Leute ausbildet, der kann nicht erwarten, das gute Nachwuchskräfte auf dem Markt sind. Ich finde es bereichernd, Kontakt zu jungen Menschen zu haben, sie inspirieren mich auch. Ein Problem scheint mir, dass immer mehr Leute studieren wollen. Am einfachsten wäre es, wenn jede und jeder zuerst eine Lehre macht, bevor er an eine Hochschule geht. So würden viele ihr vielleicht unterschätztes handwerkliches Talent entdecken.

Vitello Salmone von Rolf Fuchs. Panorama Hartlisberg, Steiffisburg BE; 20.09.2018, Foto Lucian Hunziker

«Konstant gute Leistung»: Vitello Salmone von Rolf Fuchs.

Eglifilets mit Topinambur-Tatar von Rolf Fuchs. Panorama Hartlisberg, Steiffisburg BE; 20.09.2018, Foto Lucian Hunziker

«Einmalige Glücksmomente»: Eglifilets mit Topinambur-Tatar.

Vor allem im Service fehlen Fachkräfte. Was ist zu tun?
Köche haben immerhin eine Lobby, sie sind in den Medien präsent. Das ist beim Service anders. Vielleicht müssen die Köche in Zukunft auch zum Teil eine Serviceausbildung machen. Eine Möglichkeit sind Schulungsprogramme für Quereinsteiger. Im Umgang mit dem Gast braucht es Persönlichkeiten mit guten Menschenkenntnissen. Die müssen wir finden und ihnen die wichtigsten Fertigkeiten beibringen. 


Warum ist es so schwer, gute Serviceleute zu finden?
Zuerst: ein guter Service ist unglaublich wichtig für ein Restaurant und macht beim Gast 50 Prozent der Wahrnehmung aus. Dann arbeiten wir im Dienstleistungssektor und «Dienen» ist in einer Wohlstandsgesellschaft vielleicht keine besonders gefragte Tätigkeit mehr. Dabei stehen einem guter Gastgeber stehen viele Türen offen, das sind gefragte Leute – etwa in der Hotellerie oder auch in der Luxusgüterbranche. Eine Lehre im Service ist letztlich eine grossartige Lebensschule.

Manuela und Rolf Fuchs

«Familienbetrieb mit einer gewissen Nähe»: Manuela und Rolf Fuchs führen das Restaurant gemeinsam.

Welche Rezepte diskutieren Sie bei den Jeune Restaurateurs (JRE), wie kann man die Berufe in Küche und Service attraktiv für den Nachwuchs machen?
Die positiven Aspekte unserer Branche spielen medial oft eine zu kleine Rolle. Natürlich ist es streng in der Gastronomie, aber es macht vor allem unglaublich viel Spass. Die Glücksmomente, die wir erleben, die Begeisterung, die wir bei den Gästen wecken können, machen diese Branche einmalig. In den JRE-Betrieben steht in der Regel der Patron oder die Patronne noch selbst am Herd. Wenn man selbst nicht motiviert ist, wird es natürlich schwierig. 

>> Rolf Fuchs (geb. 1977) führt zusammen mit seiner Frau Manuela seit dem Jahr 2000 den Familienbetrieb Restaurant Panorama Hartlisberg in Steffisburg bei Thun und wird mit 17 Punkten im GaultMillau sowie einem Stern im «Guide Michelin» bewertet. Zu Beginn seiner Karriere hat Fuchs immer wieder an Kochwettbewerben teilgenommen, er gewann unter anderem den Swiss Culinary Cup 1998. Im Jahr darauf vertrat er die  Schweiz an der Internationalen Berufsweltmeisterschaft in Montreal und holte sich unter 34 Nationen die Goldmedaille sowie den Weltmeistertitel. Rolf Fuchs hat einen exzellenten Ruf als Ausbilder junger Kochtalente und ist Mitglied der Vereinigung Jeunes Restaurateurs (JRE).

Fotos: Digitale Massarbeit, Lucia Hunziker, Karl-Heinz Hug, HO