Text: David Schnapp
Kultrestaurant. Seit dem Frühsommer ist Karim Schumann Küchenchef im legendären Restaurant Helvetia am Zürcher Stauffacherquai. Die «Helvti», wie sie von Stammgästen liebevoll genannt wird, ist mittlerweile zu einem schmucken Ensemble gewachsen – mit Boutique-Hotel, Pool- und Rooftop-Bar und natürlich dem Restaurant, das nicht zuletzt für seinen Hackbraten in Zürich weltberühmt ist. Der neue Küchenchef soll nun, zusammen mit Gastgeber Robin Knobel und Hotelmanager Daniel Zelger an der Front, das Kultrestaurant sanft modernisieren und weiterentwickeln.
Das Geheimnis des Hackbratens. Der 32-jährige Schumann tritt nach dem Verkauf des «Münsterhofs» durch die «Helvetia»-Besitzer die Nachfolge von Françoise Wicki und zuletzt Diego von Büren an und will «den Beizencharakter erhalten, aber die Gerichte etwas modernisieren». Klassiker wie den Hackbraten lässt er dabei klugerweise, wie sie sind, aber dem Jus mit Speck, Zwiebeln und Pilzen widmet Schumann etwas mehr Aufmerksamkeit. Das Geheimnis der perfekten Konsistenz des Hackbratens – nicht zu fest, aber auch nicht zu flockig – sei das richtige Verhältnis von Rinds-, Kalbs- und Schweinehackfleisch sowie nicht zuviel Brät, verrät der Koch.
Best in Zurich. Ein erster Besuch beim neuen «Helvti»-Team bringt Gewissheit: Der Hackbraten gehört immer noch zum Besten, was in Zürich zu diesem Thema zu bekommen ist. Filigraner und mit noch mehr Raffinement zubereitet, ist allerdings das «Schumanns kleines Menü» – vier Gänge gibt es für ausgesprochen angenehme 90 Franken. Schon das würzige Amuse-Bouche aus knusprig-fluffiger Falafel-Kugel mit rauchigem Baba-Ganoush und Gewürzsud lässt die neuen Feinheiten der «Helvetia»-Küche erahnen.
Herz und Seele. Und sogar der im Herbst unvermeidlichen Kürbissuppe gewinnt Schumann interessante Nuancen ab. Statt mit aufdringlicher Süsse überrascht das Gericht mit gut dosierter Säure und Schärfe und versöhnt einen mit dieser oft etwas problematischen Herbstmode. Aus dem Brasserie-Klassiker «Moule et Frites» macht Karim Schumann mit sanft gegarten Felchenfilets aus dem Vierwaldstättersee, knusprigem Kartoffelstroh und einem ausgezeichneten Sud auf Basis französischer Miesmuscheln einen eleganten, klug komponierten Gang. «Ich will Gerichte mit Herz und Seele zubereiten», sagt der Küchenchef über seine Pläne im «Helvetia».
Ravioli und Saucen. Die Liebe zum Handwerk kommt in den hauchdünnen Ravioli mit einer Kalbsschwanzfüllung an einer buttrigen Trüffelsauce mit etwas Parmesan hervorragend zur Geltung. Im Hauptgang ist die Sauce der Star: Zum Schulterfilet vom Rind gibt es einen Steinpilzjus auf Kalbsfondbasis, der mit etwas Foie gras aufmontiert wurde. Die leichte cremige Süsse passt ausgezeichnet zu den gebratenen Steinpilzen und dem zart-festen Fleisch.
«Spass an der Arbeit» Es sei natürlich eine Herausforderung, ein anspruchsvolles Menü und eine Klassiker-Karte nebeneinander zu führen, gibt Karim Schumann zu. Sein Ziel sei aber, dass die Gäste spüren, dass jene, die für sie kochen, «Spass an der Arbeit haben». «Es soll auf keinen Fall wirken wie am Fliessband», sagt der Koch vor allem im Hinblick auf Gerichte wie den Hackbraten oder den Bestseller «Zürcher Geschnetzeltes». Der sympathische Deutsche mit einer ägyptischen Mutter schreibt im Restaurant Helvetia eine Zürcher Geschichte fort, die 2019 im «Münsterhof» vielversprechend begonnen hat: mit einem Herz für Klassiker und einem feinen Gespür für anspruchsvolle Küche zugleich.
>> Hotel Restaurant Bar Helvetia
Stauffacherquai 1
8004 Zürich
Tel. +41 44 297 99 99
Fotos: Linda Pollari/HO, Marcel Noecker