Interview: Knut Schwander
Mutig, mutig! Erst 28-jährig wagt Othmane Khoris den grossen Schritt: GaultMillaus «Patissier des Jahres 2023» (damals im «Alpina» in Gstaad) will kommenden Februar an prominenter Adresse in Genf ein reines Dessert-Restaurant eröffnen. Mit bloss 14 Plätzen und rund 20 Mitarbeitern! Wir haben beim talentierten jungen Mann aus Paris nachgefragt.
Othmane Khoris, Sie sind Patissier und wollen nun ein eigenes Lokal eröffnen?
Aber sicher! Damit erfülle ich mir einen ganz grossen Traum - über zehn Jahre habe ich über dieses Projekt nachgedacht. Es wird keine Confiserie werden, wie man sie häufiger antrifft, sondern ein veritables Restaurant mit ausschliesslich süssen Speisen. Das «Khoris» wird ein einzigartiges Konzept haben!
Konkret: Was darf man an der Rue du Rhône künftig erwarten?
Wir konnten für diesen Standort einen international renommierten Innenarchitekten gewinnen: Jorge Cañete. Er ist ebenso verantwortlich für den Takeaway-Bereich wie auch den Bereich mit 14 Sitzplätzen, wo die Gäste den ganzen Tag über süsse Gerichte bestellen können. Zwei Tage pro Woche wollen wir dort zudem ganze Menüs auftischen.
Gewissermassen Patisserie 2.0 - erzählen Sie mehr.
Wir wollen Gerichte, die mit innovativen Aromen auftrumpfen, kombinieren mit Zubereitungen, die eher klassisch sind wie mein Milchreis. Will man allzu originell sein, besteht die Gefahr, sich zu verlieren. Und so soll auch Schokoladenkonfekt im 9-gängigen Dessertmenü vorkommen.
Glauben Sie denn, dass dafür eine Nachfrage besteht?
Auch wenn unser Konzept einzigartig sein wird, kann man es doch vergleichen mit Lokalen wie dem Coda in Berlin (Lesen Sie mehr hier.) oder dem Sarkara im französischen Courchevel - beide Restaurant sind mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Das beweist doch, dass es für solcherlei ein Publikum gibt.
Ein gänzlich süsser Mehrgänger, ist das nicht zu viel des Guten?
Ganz und gar nicht. Uns geht es darum, den Gästen eine Symphonie mit süssen und halbsalzigen Zubereitungen aufzutischen. Und damit nicht zuletzt ganz viel Umami. Wichtig ist auch, dass ich möglichst auf raffinierten Zucker verzichten will. Und ich fokussiere auf einreduzierte Zutaten, so wie ich das in meiner Zeit bei Yannick Alléno gelernt habe.
Können sie noch etwas präzisieren?
Während den entsprechenden Saisons wird es sicher Fruchtsalate geben, auch mit getrockneten Früchten, so wie man sie nicht erwartet. Ich könnte mir vorstellen, Waldbeeren, Tomaten und Shizo zu kombinieren. Mein Stil soll süss und vegan zugleich sein - und mein Titel «Patissier des Jahres» dürfte da helfen, allfällige Zweifel bei der Kundschaft auszuräumen.
Wie ist die Idee fürs «Khoris» überhaupt entstanden?
In der Küche geltende Gesetze zu brechen, war schon immer Antrieb für mich. Und damit auch Aufmerksamkeit zu generieren, in der Schweiz, aber auch international.
Planen Sie denn eine internationale Restaurantkette?
Genf ist unser erster und wichtigster Standort. Aber tatsächlich könnte ich mir vorstellen, dass noch zwei oder drei weitere Lokale hinzukommen, eventuell auch in Zusammenarbeit mit grossen Hotelfachschulen.
Was wird das Menü kosten?
Wir sind gerade am Durchrechnen, der Preis dürfte irgendwo zwischen 150 und 180 Franken liegen. Das hat nicht zuletzt mit den hochwertigen Schweizer und europäischen Produkten zu tun, die wir verwenden. Bei der Schokolade, die ja gar nicht aus der Schweiz kommen kann, setzen wir etwa auf Felchlin.
Und die Weine?
Wir werden auf Tee und rare Kaffeesorten aus China oder Indien setzen, die es sonst kaum in Europa gibt. Alkohol interessiert mich weniger.
Wie gross wird eigentlich das Team sein?
Rund zwanzig Mitarbeiter werden es sein. Neben der Produktionstätte, wo wir Patisserie, Schokoladen und Brote herstellen, wird es ja auch Masterclasses und Videodrehs geben.
Klingt nach einer grossen Kiste. Stemmen Sie das Budget dafür alleine?
Nein, ich habe drei Partner, die mich unterstützen. Mohammed N'dao, der hauptberuflich mit Treibstoff handelt; Ali Kheloui, der in der Finanzbranche tätig ist; und eine dritte Person aus dem Pharmasektor, die lieber anonym bleiben möchte. Sie helfen mir, meine Vision einer anderen Form von Gastronomie wahr werden zu lassen.
Fotos: Theus Productions, Vincent Calmel