Text: David Schnapp

Tim Raue, hassen Sie Patisserie wirklich, oder tun Sie nur so?

Nein, es ist einfach nicht meins. Aber ich esse total gerne Desserts und liebe zum Beispiel Eis. Mein Problem ist, dass man in der Patisserie nichts aus dem Bauch heraus machen kann. In der Küche kann ich irgendwas zusammenmischen, und es wird etwas daraus. Das geht in der Patisserie nicht.

 

Für die nächste Folge von «Kitchen Impossible» mussten Sie zum Schweizer Star-Patissier Rolf Mürner – eine Vergeltungsaktion, weil Sie Mälzer einmal dahin geschickt hatten. Wie lief es für Sie in Rüeggisberg?

Ganz ehrlich, keine Herausforderung bei «Kitchen Impossible» hat mich je so gefordert, wie der Teller von Rolf Mürner. Ich habe alles gegeben und war danach so fertig, dass ich 14 Stunden am Stück geschlafen habe. Ich war mental perfekt darauf eingestellt, war hochkonzentriert und habe so wenig geflucht wie nie zuvor in einer Sendung. Ich wollte einfach diesen Teller nachmachen. Aber man hat dann halt doch den Unterschied zwischen Rolfs Leichtigkeit und Eleganz gesehen und meinen Möglichkeiten.

 

Können Sie verraten, wie es ausgegangen ist?

Ich habe mehr geschafft als ich mir hätte erträumen können. Aber am Ende habe ich noch ein paar Flüchtigkeitsfehler gemacht: Etwas ging im Schockfroster vergessen und bei der Schokoladedekoration lief mir die Zeit davon.

Tim Raue (l.) und Rolf M¸rnerDie Verwendung des sendungsbezogenen Materials ist nur mit dem Hinweis und Verlinkung auf TVNOW gestattet.

Tim Raue (r.) in der Küche des Schweizer Star-Patissiers Rolf Mürner in Rüeggisberg.

Wie ist es, wenn man so unter Druck arbeiten muss?

Mir kam es vor wie damals, als zum ersten Mal ein Restaurantkritiker in meinem Lokal sass. Da stand ich auf vergleichbare Weise unter Druck.

 

Wenn man so lange an der Spitze kocht wie Sie, gibt es trotzdem Küchenhandwerk, das man einfach nicht beherrscht?

Wenn man ehrlich ist, gibt es ja bei jedem Menschen Dinge, die er nicht richtig gut kann. Als Chef ist es meine Aufgabe, dafür die besten Leute einzustellen. Nur weil ich immer meinen Kopf ins Rampenlicht halte, heisst das nicht, dass dahinter nicht ein grossartiges Team steht. Ich habe früh gelernt, gut zu delegieren. Ich bin zum Beispiel kein Kreativgenie. Meine Stärke ist es hingegen, Teller geschmacklich bis ins kleinste Detail zu strukturieren. Am besten bin ich, wenn man mir ein Gericht vorsetzt, das ich dann zur Perfektion verfeinern kann.

 

Was macht Desserts eigentlich so schwierig?

Patisserie ist aus gutem Grund ein eigener Beruf, der auf dem Handwerk des Konditors basiert. Wenn man sich als Koch dafür interessiert, kann man sich dieses Handwerk aneignen, die Technik erlernen und zum Beispiel sein Verständnis für Aromen einbringen. Am besten ist es aber, wenn ein Koch mit einem guten Patisseur zusammenarbeitet.

Tim RaueDie Verwendung des sendungsbezogenen Materials ist nur mit dem Hinweis und Verlinkung auf TVNOW gestattet.

«Ein paar Flüchtigkeitsfehler»: Tim Raue bei «Kitchen Impossible».

Und wie haben Sie es mit dem Backen?

Nein, nein, nein, das ist nochmals ein ganz eigenes Gebiet! Und Teig ist mein natürlicher Feind. Ich habe einfach kein Gefühl für Teig, ich verstehe ihn nicht. Das ist vielleicht auch ein Grund dafür, dass wir im Restaurant Tim Raue kein Brot servieren und auf Kohlenhydrate vollständig verzichten.

 

Können Sie sich an Ihr erstes Dessert erinnern?

Meine Lehre habe ich in einem Ausflugsrestaurant gemacht und kann mich an die Desserts aus dieser Zeit erinnern: Mousse au Chocolat – da ging es um die perfekte Konsistenz zwischen Festigkeit und Leichtigkeit. Dann gab es in Portwein eingelegte Feigen mit grünem Pfeffer und Mövenpick-Eis mit Basler-Leckerli-Geschmack. Und das dritte war rote Grütze mit Früchten. Einmal haben die Früchte in der Grütze über Nacht zu gären begonnen und ein sehr unangenehmes Aroma entwickeln. Bis heute habe ich deshalb ein Problem mit fermentierten Lebensmitteln, das schmeckt mir oft einfach zu abseitig.

 

>> Kitchen Impossible, Sonntag, 29. März 2020 um 20.15 auf VOX oder bei TV NOW