Interview: Urs Heller
Der Star von Rougemont. Vor genau einem Jahr platzte die Bombe: Der GaultMillau zeichnete Benoît Carcenat und seine Supertruppe im «Valrose» Rougemont VD als «Koch des Jahres» aus. Wenige Stunden später krachten im schönsten «Bahnhofbuffet» der Schweiz die Internet-Leitungen zusammen: Hunderte wollten gleichzeitig einen Tisch reservieren. Weil das Gourmet-Restaurant am Wochenende auch mittags geöffnet ist, checken auffallend viele Berufskollegen ein. Carcenat geniesst und kocht, legt alle sechs Wochen (!) eine neue Karte auf. Das Interview nach einem Jahr auf dem Thron.
Benoît, der Titel «Koch des Jahres» war gut fürs ganze Team.
«Ja, und das Team bleibt auch weiterhin zusammen. Wir haben ein paar Veränderungen auf den «petits postes», aber alle anderen machen weiter und haben wie ich nur ein Ziel: Immer besser werden.»
War der Titel auch gut fürs Selbstvertrauen?
«Nicht zwingend. Ich zweifle noch immer, und das ist auch richtig so. Wir wollen uns alle weiterentwickeln. Natürlich freuen wir uns über die vielen Komplimente der Gäste. Aber wir akzeptieren auch, wenn wir beim einen oder anderen Gast die Erwartungen nicht erfüllt haben. Das kommt glücklicherweise äusserst selten vor.»
Die Auszeichnung «Koch des Jahres» lässt in der Regel die Kasse klingeln.
«Wir freuen uns über eine unglaubliche Umsatzsteigerung. Der GaultMillau hat in der Schweiz eine gewaltige Wirkung, mehr als jeder andere Gastronomieführer. Der Titel hat uns viele neue Gäste gebracht, vor allem aus der Deutschschweiz. Da war die Neugier besonders gross. Die Gäste wollten wissen, was denn ein «Koch des Jahres» so draufhat. Vor einem Jahr war unsere Clientèle noch «très romande». Das hat sich gründlich geändert, und das freut uns natürlich sehr.»
Gibt’s beim «Koch des Jahres 2023» eigentlich auch ein «Gericht des Jahres»?
«Schwierige Frage. Ich blicke immer nur nach vorne. Stehen die Gerichte auf der aktuellen Karte, denke ich bereits über die nächste nach. Wir haben ein Lamm mit grillierten Cornichons aus Le Sapelet auf die Karte gesetzt, das mir sehr gefallen hat. Jetzt gerade servieren wir im Hauptgang eine «Boeuf du Saanenland en variation», mit konservierten Tomaten, schwarzem Knoblauch und roter Shiso: Tatar, Schwanz und BBQ-Entrecôte. Den grössten Erfolg hatten wir mit unserer «Gratinée à l’oignon», unserer Variation von der Zwiebel. Ich fürchte, dieses Gericht muss ich demnächst wieder auf die Karte setzen, auch wenn Wiederholungen sonst nicht so unser Ding sind.»
Fotos: Thomas Buchwalder, Sedrik Nemeth, Pascal Grob.