Text: Kathia Baltisberger Fotos: Lucian Hunziker
Kleine Kräuterkunde. Schon mal was von Gundermann und dem Kriechenden Günsel gehört? Das sind nicht irgendwelche zwielichtige Gestalten, sondern Pflanzen. Und für David Krüger das täglich Brot. Der Deutsche kocht seit letztem Jahr im Restaurant des Hotels Ambassador direkt hinter dem Opernhaus in Zürich. Im Gepäck hat er 15 GaultMillau-Punkte («Drei Könige», Entlebuch und «Waldheim», Risch) und eben ein ganzes Arsenal an Kräutern und Blüten. Vieles davon findet er in Rotkreuz ZG, wo er wohnt. Wichtig: die Pflanzen müssen von einer naturbelassenen Wiese kommen. Hat man eine solche gefunden, bietet sie eine schier unendliche Auswahl. «Probieren Sie einfach», rät Krüger. «Giftige Pflanzen haben einen extrem unangenehmen Geschmack und da kaut man nicht ewig drauf rum und schluckt es auch nicht.»
Rauke statt Bärlauch. David Krüger stapft zweimal pro Woche durch Wald und Wiesen. «Das hier ist die Knoblauchsrauke. Die finde ich viel spannender als zum Beispiel Bärlauch. Aber man darf sie nicht erhitzen, sonst geht der Geschmack verloren», weiss Krüger. Mit wilden Kräutern zu kochen hat auch viel mit Ausprobieren zu tun. «Die Geschmäcker verändern sich laufend. In einem Monat schmeckt eine Pflanze ganz anders als heute.» Deshalb ändert Krüger sein Menü alle zwei Monate. Er kombiniert ein Grundprodukt mit Kräutern und Pflanzen, von denen er weiss, dass er sie während zwei Monaten sicher findet.
«Agefood». Begriffe wie «saisonal» und «regional» wurden nicht vom Marketing vorgegeben, sondern werden in Krügers Küche wirklich gelebt. «Ich brauche keine Vanille, wenn ich auch einen Sirup aus Mädesüss machen kann.» Wasserkresse erinnert durch seine Schärfe an Wasabi. Von den Walderdbeeren nimmt Krüger nicht nur die Beeren, sondern macht aus den Blättern ein grünes Waldbeeren-Glace. Ein bisschen mehr Marketing ist allerdings der Begriff, den Krüger mit seiner Art zu kochen prägt und mit dem er auf die ganzen Urprodukte aufmerksam machen will: «Agefood».
Kräuter-4-Gänger. Zurück in der Küche richtet Krüger die gefundenen Kräuter an. Zum roh marinierten Hecht gibt es einen Wiesen-Salat mit Wasserpfeffer-Essig und Mädesüss-Sirup. Aus der Buche macht Krüger einen Jus und serviert ihn mit Kerbel- und Löwenzahnwurzeln zum Engadiner Kalb. Das Dessert ist geradezu eine Kräuter-Explosion: Lindenblütenroyale mit Sauerklee-Glace, einem Heckenrosenfond und einem Kornelkirschen-Sablé.
>> David Krüger bietet die Kräuter-Wanderung auch für Gruppen und Firmen an.
>> Hotel Ambassador à l’Opéra
Restaurant Opera
Falkenstrasse 6
8008 Zürich