Christian Kuchler, eine Metzgete im 18-Punkte-Restaurant ist eher ungewöhnlich. Wie kam es dazu?
Wir machen das Jahr zum neunten Mal, und ursprünglich fand der Anlass in den Sportferien statt, um die Flaute und die Abwesenheit vieler Stammgäste etwas auszugleichen. Die Idee war, die Leute aus dem Dorf in die Beiz zu bringen, indem wir eine Woche lang günstige Gerichte wie Bratwurst, Rösti und Blutwurst servieren. Das fanden aber unsere Stammgäste so gut, dass sie uns gebeten haben, die Metzgete auszudehnen. Deshalb machen wir das jetzt jedes Jahr zwei Wochen lang. Letzte Woche hatten wir fast 200 Reservationen für vier Tage, die Nachfrage ist offensichtlich gross.
An einer Metzgete wird meist Schweinefleisch serviert, wie kamen Sie auf das Kalb?
Kalbfleisch ist edel, und wir sind ja schliesslich immer noch das «Schäfli». Ausserdem lassen sich aus einem Kalb viel mehr Teile verwerten: Wir servieren Milken, Nieren, Kalbskopf, Kutteln und vieles mehr. Ich kaufe jährlich zwei Kälber von einem Bauer aus dem Dorf, aber manche Stücke wie Kalbsbacken müssen wir natürlich zukaufen.
Essen jüngere Gäste noch Kutteln, oder sind die Zeiten vorbei?
Wir servieren ein Überraschungs-Metzgete-Menü und stellen bei den Vorspeisen einige Gerichte zum Teilen in die Mitte des Tisches. Oft hören wir dann, dass die Gäste Kutteln und Nierli nicht bestellen würden, auf diese Art aber mal probieren. Die beliebtesten Innereien sind die Milken. Wir servieren dazu einen «Nüsslisalat Mimosa», das ist einfach geil.
Serviert wird bei Ihnen auch «Kopf à la Wolfgang», was darf man erwarten?
Das ist klassischer Kalbskopf, den Papi in den Ferien gekocht hat. Das Geheimnis ist aber die Tomatenvinaigrette meines Vaters. Dafür Tomaten, viele Frühlingszwiebeln und Kapern angezogen, mit Tomatensugo aufgefüllt und mit Pommery-Senf, Essig und Kalbsjus abgeschmeckt und schliesslich mit viel frischem Schnittlauch und frischer Petersilie serviert.
Welches Stück vom Kalb mögen Sie am liebsten?
Ich liebe Schmorgerichte wie Gulasch oder Ossobuco.
Und für Hobbyköche: Was eignet sich zur Zubereitung zu Hause?
Es kommt auf die Jahreszeit an, im Winter finde ich Schmorgerichte ideal. Ich empfehle Kalbsschulter für ein Gulasch oder Schulterspitz für Siedfleisch. Das ist nicht schwer zuzubereiten, es braucht bloss etwas Zeit.
Wenn es Filet sein soll, wie gelingt es perfekt?
Am liebsten habe ich, wenn es à la Minute gebraten wird, es muss auch nicht von oben bis unten gleichmässig rosa sein, sondern darf ruhig etwas Kruste haben. Ich empfehle das Filet in Mignons zu schneiden – je nach Dicke des Filets à 45 bis 60 Gramm – und portionenweise zu braten. Die Stücke einfach in einer Bratpfanne mit geklärter Butter kurz scharf anbraten, etwas Knoblauch, Rosmarin und frische Bratbutter dazugeben, und mit dem Fett immer wieder übergiessen. Dann herausnehmen, auf einem Gitter kurz abstehen lassen und fertig.
Wie beliebt ist Kalbfleisch bei den Gästen?
Meine Erfahrung ist: Kalb läuft immer, Frauen und Männer essen das gleichermassen gern, während etwa Rindfleisch häufiger von Männern bestellt wird. Haben wir beispielsweise Rind im Hauptgang, ziehen die Damen dann oft Fisch vor.
Ist der Preis ein Thema?
Einfachere Stücke wie Tafelspitz gibt es bei uns oft im Degustationsmenü. Wenn es etwas edler sein soll, sind die Kalbskotelettes von Peduzzi schweizweit von einmaliger Qualität. Aber der Preis ist hier natürlich ein Thema.
>> Die Kalbsmetzgete in der Taverne zum Schäfli in Wigoltingen TG läuft noch bis zum Sa, 18. Januar 2025.
Fotos: Remy Steiner, Thomas Buchwalder, David Schnapp