Text: GaultMillau Schweiz I Fotos: Marcus Gyger

Man duzt sich hier. Es geht unkompliziert zu und her im «Alpenhof» mit der traumhaften Sicht ins Appenzellerland. Man duzt sich, behält das Besteck über mehrere Gänge. Architektur und Einrichtung sind modern und nüchtern, aber stilvoll. Genauso sind die Teller beschaffen: Ungekünstelt, aber mit Sorgfalt hergerichtet. Das Entscheidende passiert am Gaumen. Die beiden Chefs kommen aus gutem Haus: Laura Röösli hat bei Tanja Grandits auf dem Basler Bruderholz gearbeitet. Die Themen Nachhaltigkeit und Vegi sind ihr vertraut. Grosses Bild oben: Küchenchef-Duo Ivanassèn Berov und Laura Röösli.

Küchenchef Laura Röösli bei der zubereitung von einem Dumpling mit einer Füllung aus geräuchtem Kürbis.

Für Küchenchefin Laura Röösli kochte auch schon bei Tanja Grandits im «Stucki» in Basel.

Tofu, Rosenkohl und Joghurt

Vegetarische Zutaten stehen im Fokus: Tofu, Rosenkohl und Joghurt.

Küchenchef Ivanassèn Berov mit Tofu, Rosenkohl und Joghurt

Ivanassèn Berov war vorher Küchenchef in der «Weid» in Heiden.

Der Sensorik-Freak. Ivanassèn Berov hat die Gäste fünf Jahre lang in der «Weid» in Heiden begeistert, gehörte mit 15 Punkten zu den besten Köchen im Appenzellerland. Die Handschrift des Sensorik-Freaks, dem kein Aufwand zu viel ist, kann man deutlich erkennen. Wer käme sonst auf die Idee, die Gemüsekraftbrühe leicht ansäuern zu lassen, um die natürliche Süsse des Wurzelgemüses zu bändigen?

Panorama

Hoch hinaus: Der «Alpenhof» in Oberegg liegt auf 1110 Meter über Meer.

Im «Alpenhof» ist fast alles hausgemacht. Der geräuchte Tofu beispielsweise und das Joghurt dazu; begleitet wird er mit kurz angebratenen Rosenkohlblättern. Ein Volltreffer ist nachher die erwähnte Kraftbrühe und der eingelegte Dumpling mit einer Füllung aus geräuchertem Kürbis. Die Käseschnitte ist ein Barren, der mit Oberegger Sulzkäse überbacken wurde. Der Käse ist recht deftig im Aroma, aber zurückhaltend dosiert und mit frischen Birnenstiften ausbalanciert. Diese sind leicht mit Essig gesäuert; die Zitrone wird im «Alpenhof», da nicht lokal, allmählich aussortiert.

Fokus Vegi. Fleisch gibt es trotzdem. Der Fokus liegt auf Vegi, aber stur ist hier keiner. So kann man zum Hauptgang einen vorzüglichen Krautwickel bestellen, der mit geschmortem Kalb gefüllt ist. Dazu gibt es Wurzelgemüse, das mit Gundermann-Öl apart aromatisiert ist. Das Menu ist bekömmlich, die Portionengrössen ideal. So bleibt noch Platz für das abschliessende Dessert, das man keinesfalls verpassen sollte. Hier hat die Küche mit einer Schnitte aus Schokolade, Caramel, Apfel und Shortbread schlichtweg den Vogel abgeschossen.

Beiz mit Bibliothek. Im «Alpenhof» kann man auch übernachten, in schlichten Zimmern (mit Etagen-WC). Wohl fühlt man sich überall: auf der Terrasse, auf der Dachterrasse, unter den Buchen, im Panoramasaal. Verblüffende Bibliothek mit 10 400 Büchern. GaultMillau-Rating: 14 Punkte.

>> www.alpenhof.ai