Text: David Schnapp
Koch und Showtalent. Ivo Adam war immer schon nicht nur ein begabter Koch und Patissier, sondern auch ein begabtes Showtalent. Er rappte Rezepte, kochte fürs Fernsehen «Schwiizer Chuchi» zusammen mit Landfrauen oder ging mit seinem Buch «Kochen, kombinieren, komponieren» bei der Darstellung von Zubereitungsanleitungen ganz neue Wege. Nun liefert der Direktor des Gastronomie- und Kulturbetriebs Casino Bern und Vorstandsmitglied von Les Grandes Tables gewissermassen sein Meisterstück zwischen Bühne und Herd ab: Am Zunfttisch bieten Adam und seine Köche eine kulinarische Multimedia-Show, wie man sie in der Schweiz noch nicht gesehen hat.
500 Jahre in 9 Gängen. «Eine multisensorische Zeitreise» führt die Gäste durch das kulinarische Erbe Berns und bringt 500 Jahre Geschichte in 9 Gängen auf den grossen runden Tisch aus Berner Holz. Ivo Adam ist zusammen mit seinem langjährigen Geschäftspartner Roman Tschäppeler verantwortlich für das Konzept der Inszenierung, tritt als Gastgeber auf und erklärt als Stimme aus dem Off, warum es eine Zeit gab, in der Biber als Fische galten, damit man auch freitags Fleisch essen konnte. Statt Biber gibt es dann aber glücklicherweise sanft gedämpften Saibling an einer Apfelwein-Beurre-blanc mit Ingwer-Zwiebel-Puree und Safrancoutons.
Berner Soulfood. Zur raffinierten Inszenierung gehören Film- und Animations-Sequenzen, die aus zwei speziellen Projektoren direkt auf dem Tisch wiedergegeben werden. Mit Musik, Geschichten und Geschichte wird so ein ziemlich spektakuläres Ess-Theater. Während das bewegte Bild auf dem Tisch etwa einen von oben gefilmten Acker zeigt, auf dem ein Bauer unterwegs ist, steht vor einem eine Art Kartoffelsalat mit Bratkartoffelessenz und Rahmspinat. Am Ende der Entstehungsgeschichte des Zibelemärit wird eine Zwiebel-Tarte-Tatin serviert, die relativ schlicht mit einer Art Béchamelsauce mit Alpkäse und Rauchspeck kombiniert wird, und hervorragend schmeckt: Bester Berner Soulfood!
Perfektes Timinig. Abgesehen von der aufwendigen, rund dreistündigen Multimedia-Show, ist vor allem auch das Timing der verantwortlichen Köche bewundernswert. Ist die Einspielung zu Ende, müssen synchron zehn bis vierzehn Gerichte angerichtet sein und serviert werden können. Geschickt werden die Teller aus der Hauptküche von Adrian Bürki, der gleichzeitig aber auch das Geschehen im grossen Restaurant des Casinos im Auge haben muss. Eine gute Show, das wird hier schnell klar, ist harte Arbeit. Die Kunst besteht darin, das alles in müheloser Leichtigkeit erscheinen zu lassen.
>> Der Zunfttisch ist buchbar für Gruppen von 10 bis 14 Personen, das Menü kostet Fr. 280.– pro Person für 9 Gänge inkl. Wein, Wasser und Kaffee.
Fotos: Simon Opladen, David Toldo, Yoshiko Kusano, HO