Ludovic Pitrel, Sie kochen vier Gerichte, jedes mit einem anderen Olivenöl. Was fasziniert Sie so an Olivenöl?
1994 habe ich mit Edgard Bovier in der «Ermitage» in Küsnacht ZH gearbeitet. Das war das erste Mal, dass ich mit der mediterranen Küche in Kontakt kam. Ich war sieben Jahre Souschef. Und das Olivenöl war einfach so ein grosses Erlebnis. Es ist nicht nur ein Öl. Es ist wie beim Wein. Jedes Öl ist anders und jedes Öl schmeckt anders. Das hatte bei mir einfach so einen Wow-Effekt. Wir haben so viele verschiedene Öle ausprobiert, dass sich das zu einer richtigen Passion entwickelt hat.
Woher rührt diese Leidenschaft? Sie sind ja aus Paris und nicht am Mittelmeer aufgewachsen.
Ich bin jetzt 48 Jahre alt, seit 34 Jahren bin ich Koch. Das ist einfach meine Leidenschaft. Ich kam 1988 in die Schweiz und damals hatte ich eigentlich keine Verbindung zu Südfrankreich, auch nicht zu Nordafrika. Aber ich hatte einfach immer ein sehr grosses Interesse an diesen Küchen. Es ist eine authentische, einfache Küche, aber jedes Produkt hat seinen eigenen Geschmack. Es hat einfach Peng gemacht, es war Liebe auf den ersten Blick. Und das hat sich bis heute gehalten. Ich koche das ganze Jahr mit Olivenöl. Auch im Herbst. Rotkraut? Mache ich mit Olivenöl.
Dann kochen Sie nie mit Butter?
Sehr wenig. Das brauchen wir fast mehr für die Gäste auf dem Tisch als zum Kochen. Ich brauche etwa zwei Kilogramm Butter pro Woche. Zum Vergleich: Ich brauche bis zu 15 Liter Olivenöl pro Woche.
Wie degustiert man eigentlich Olivenöl?
Es ist ein bisschen wie beim Wein. Ich fülle das Olivenöl in ein Glas. Zuerst berührt das Öl die Lippen. Öl ist Fett, aber da merkt man, ob ein Öl mehr oder weniger Fett hat. Und dann nehme ich es in den Mund und kaue es. Dann schlürfe ich, um das ganze Aroma wahrzunehmen. Und dann passiert etwas, das nennt sich «memoire du goût» - ich analysiere und speichere den Geschmack. Schmeckt es zum Beispiel nach Zitrone? Oder Pfeffer? Und danach weiss ich, zu welchen Zutaten dieses Olivenöl passt. Es ist wie ein Fussabdruck im Kopf.
Was ist denn zuerst: Das Gericht oder das Olivenöl?
Zuerst schreibe ich das Menü, mit vielen Aromen aus dem Mittelmeer. Dann degustiere ich das Olivenöl – jetzt waren es zehn verschiedene Öle – dann überlege ich mir, zu welchem Gericht welches Öl gut passt. Merkt der Laie überhaupt einen Unterschied zwischen den einzelnen Ölen? Ja, das ist wieder ähnlich wie beim Wein. Selbst wenn Sie kein Weinkenner sind, können Sie verschiedene Aromen wie rote Beeren wahrnehmen. Beim Öl ist das auch so.
Frankreich – Italien – Griechenland: Woher kommt das beste Olivenöl?
Das ist absolute Geschmacksache. Ich mag zum Beispiel kein Olivenöl aus der Toscana. Das ist sehr bitter, aggressiv und pikant. Anderen Leuten schmeckt das fantastisch. Ich bevorzuge frische und fruchtige Olivenöle, zum Beispiel aus Ligurien, Umbrien oder Sizilien.
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